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Bitte Ruhe. Die meisten Abitur-Klausuren sind in diesem Jahr schon geschrieben.

© Lino Mirgeler/dpa

Pannen beim Abitur: Prüfung mit Hindernissen

Nicht nur in Brandenburg gibt es Pannen beim Abitur. Unsere Autoren erzählen, was bei ihrer Reifeprüfung schiefgelaufen ist.

Mehr als ärgerlich, was tausenden Brandenburger Schülern nun bevorsteht: Sie dürfen die Mathematik-Klausur noch einmal schreiben, weil beim Termin am 3. Mai ein Thema drankam, das einige Schulen nicht durchgenommen hatten. Statt Feiern also noch mal Büffeln. Ganz so schlimm ist es unseren Autoren nicht ergangen.

ZU FEUILLETONISTISCH

Im Grunde war ich sehr zufrieden mit meinen zehn Punkten (2-) für die Abi-Klausur in Politischer Weltkunde. Vor allem, weil ausgerechnet jenes Thema drankam, das wir im Unterricht nur kurz gestreift hatten. Entsprechend wenig Zeit hatte ich beim Lernen darauf verschwendet. Dafür war die Note also richtig gut. Dann hörte ich allerdings von meiner Lehrerin hinter vorgehaltener Hand, dass ich eigentlich elf Punkte bekommen hätte – wenn die Schulleiterin die Note nicht um einen Punkt herabgesetzt hätte. Meinen Abischnitt hätte das zwar auch nicht wesentlich verändert, aber nun wollte ich wissen, warum. Ich beantragte Akteneinsicht und las den Grund: „Punktabzug wegen zu feuilletonistischen Stils“. Anstatt mich zu ärgern, musste ich lachen: In meinen ersten Bewerbungen für Jobs im Journalismus, habe ich dieses „Attest“ gern erwähnt – war ein netter Aufhänger, um ins Gespräch zu kommen. Sascha Karberg

ROT-GRÜN HAT’S VERMASSELT

Diercke und ich waren dicke Freunde. Diercke erzählte mir Geschichten von fernen Stränden, zeigte klare Linien auf und quatschte nie dazwischen. Diercke – so hieß mein Schulatlas. Leider gab’s nach 13 Jahren Schulen eine böse Erkenntnis: Diercke hatte noch ganz andere, mir unbekannte Seiten.

„Herr Görke, wir müssen reden“, sagte mein Lehrer nach der Abiturprüfung an einem Gymnasium in Westend. Ich war in Erdkunde eigentlich ganz gut, das sollte mein Abi nach oben katapultieren, aber so sah das Gesicht meines Lehrers an diesem Tag leider nicht aus. „Was, bitte, haben Sie denn da aufgeschrieben?“ Die Klausur war eine Katastrophe, mit viel Verstand – aber ohne Sinn. Ich hatte die grauen Landkarten völlig falsch ausgewertet – die waren nämlich rot und grün, in vielen bunten Farbtönen, und ich sah die Unterschiede nicht. Ist mir vorher nicht groß aufgefallen, ich erkenne Ampelphasen und hatte auf dem Fußballplatz auch nie Probleme. Mein Pech. Das Abitur war verhagelt.

Immerhin: Als mich die Bundeswehr kurz danach durchcheckte, wusste ich Bescheid. „Ich habe eine Rot-Grün-Schwäche“, sagte ich der strengen Frau von der Armee. Die machte prompt ein paar Kreuze. Kampfpilot durfte ich nicht werden, Fallschirmjäger auch nicht, aber „Minentaucher“. Ich bastelte dann als Zivi mit Harald Juhnke Körbe, aber das ist eine andere Geschichte. Farben spielten da keine Rolle. André Görke

DEUTSCH IM FIEBER

Am Tag des schriftlichen Deutsch-Abiturs hatte ich ziemlich hohes Fieber. Es war, gefühlt, aber nicht so hoch, dass ich mich krankmelden wollte. Ich hatte mich ja intensiv vorbereitet, ich wollte diese Arbeit endlich hinter mich bringen. Wir hatten sechs Stunden Zeit. Als Thema wählte ich eine Gedichtinterpretation. Im ersten Moment erschien mir diese die einfachste Aufgabe zu sein. Allerdings ließ meine Konzentrationsfähigkeit ziemlich schnell nach. Und je länger ich an meiner Interpretation schrieb, um so verschwurbelter wurde der Text. Irgendwann beschloss ich, dass es ziemlicher Schrott war. Allerdings hatte ich bereits vier Stunden verbraucht. Ich schwenkte auf eine Textinterpretation um. Zwei Stunden lang schrieb ich fieberhaft. Eine Fleißarbeit, die sich nur sehr bedingt lohnte. Als Note erhielt ich eine glatte Fünf. Grund: Ich hatte das Thema völlig verfehlt. Allerdings wurde mir zugute gehalten, dass ich gut und anschaulich formuliert hatte. In der mündlichen Prüfung lief es besser. Ich war wieder gesund, ich redete flüssig, diesmal zum gewünschten Thema. Note: zwei. Frank Bachner

ZINK UND SCHWEFEL

Bis auf einen verlorenen Füller liefen meine eigenen Abiturprüfungen recht reibungslos. Weniger Glück hatte mein Stufenkollege aus dem Chemiekurs. Da in den Vorbereitungsstunden vor dem schriftlichen Abitur keiner mehr Fragen hatte, ließ sich unser Lehrer dazu breitschlagen, mit uns Experimente zu machen – und zwar die guten, wo es ordentlich knallt. Besagter Mitschüler wollte unbedingt das Zink- und Schwefel-Gemisch anzünden. Dann gab es eine riesige Explosion und eine Rauchwolke in Form eines Atompilzes. Die Hand des Feuerteufels war schwarz vor Ruß. Zwei Tage später kam er mit bandagiertem Arm zur Schule. Er hatte sich leichte Verbrennungen zugezogen, die Hand schmerzte beim Schreiben. Mitgeschrieben hat er trotzdem. Und sein Abitur bestanden. Das Video vom Knall vor der Prüfung ist zehn Jahre später immer noch auf YouTube zu finden. Helena Wittlich

OBEN ABI, UNTEN EURYTHMIE

Meine Abiturprüfung lief erstaunlich glatt. Dafür kam mir das letzte Schuljahr wie ein einziger Hindernislauf vor. Ich habe an einer Waldorfschule mein Abitur gemacht. Das bedeutete, wir mussten eine von der Schulbehörde abgenommene Fremdenprüfung bestehen. Und so habe ich mich auch gefühlt: Unten wurde Eurythmie getanzt, Kupfer getrieben und getöpfert, oben im Dachgeschoss versuchten die Abiturienten den Fehlerquotienten auf ein erträgliches Maß zu drücken. Wir zählten Punkte und lernten, was es heißt, benotet zu werden. Schließlich hatten wir erst kurz vorher zum ersten Mal ein richtiges Zeugnis mit Zahlen bekommen. Wir fühlten uns wie im Ausnahmezustand. Ständig schrieben wir Klausuren, um für die alles entscheidende Prüfung zu trainieren. Es war wie ein Experiment, in dem man lernt, Formalien möglichst genau einzuhalten, damit man danach endlich machen kann, was man will. Grit Thönnissen

KLAUSUR IM RUCKSACK

Bei meinen eigenen Prüfungen ist zum Glück alles gut gegangen, doch einer meiner Mitschüler nahm versehentlich seine Abiturklausur mit nach Hause. Er merkte es erst, als er daheim seinen Rucksack auspackte und plötzlich die beschriebenen Seiten seiner Matheklausur in den Händen hielt. Er tobte vor Wut. Mathe war sein bestes Fach und außerdem sein Leistungskurs. Wir alle litten mit ihm, selbst dem Lehrer tat es furchtbar leid, doch das half alles nichts: Null Punkte erhielt er für die so wichtige Prüfung – obwohl er normalerweise immer Einsen in dem Kurs schrieb. Drei Monate später durfte er bei einer mündlichen Prüfung die Note verbessern und erzielte dabei 15 Punkte, sodass am Ende doch noch eine Drei herauskam. Seiner weiteren Karriere hat dieser Fauxpas zum Glück nicht geschadet. Saara von Alten

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