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Probejahr an Gymnasien: Politischer Streit um die zweite Chance

Grüne wollen Probejahr an Gymnasien verhindern, doch ihr Appell findet bislang wenig Zustimmung.

Der offene Brief, in dem die Grünen-Politiker Özcan Mutlu und Volker Ratzmann am Dienstag dafür plädierten, das geplante Probejahr an Gymnasien doch noch zu verhindern, hat bislang eher verhaltene Resonanz gefunden. Das Probejahr sei eine Angelegenheit der Bildungsverwaltung, hieß es in der Senatskanzlei.

Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) sagte: „Das Probejahr ist pädagogisch sinnvoller und gerechter als eine Prüfung oder ein Probeunterricht von zwei Tagen, der die Gesamtentwicklung der Schüler nicht berücksichtigen kann.“ Schüler hätten mit dem Probejahr die Gelegenheit, ihre Befähigung für den gymnasialen Bildungsweg über einen längeren Zeitraum nachzuweisen.

Mieke Senftleben, die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, sagte, ein zweitägiger Probeunterricht sei keine „echte zweite Chance“, sondern nur eine Momentaufnahme, an der besonders Kinder aus bildungsfernen Familien scheitern würden. Entscheidend sei ein verbindliches Elterngespräch beim Übergang von der Grundschule aufs Gymnasium oder die Sekundarschule. Peter Sinram, Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), stimmte hingegen den Grünen zu: „Wenn Schüler das Probejahr nicht bestehen, ist das ein weiterer Misserfolg, der den Schülern nicht gut tut.“

Mutlu und Ratzmann hatten in dem Brief an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und Bildungssenator Jürgen Zöllner (beide SPD) gefordert, strengere Zugangskriterien für Gymnasien einzuführen, dafür aber das Probejahr wegfallen zu lassen. Die Sekundarschule würde sonst zu einem „Auffangbecken“ gescheiterter Schüler, denen „der Stempel des Versagens aufgedrückt“ werde.

Bei einer Anhörung vor rund zwei Wochen hatten sich verschiedene Experten gegen das Probejahr ausgesprochen. Sowohl die Opposition als auch Bildungspolitiker der SPD brachten daraufhin neue Varianten gegenüber dem geplanten Probejahr ins Spiel. Vergangene Woche jedoch hatte sich die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus darauf verständigt, das umstrittene Probejahr doch einzuführen, auch die Linkspartei hatte Zustimmung signalisiert. Man sei sich nun fraktionsübergreifend weitgehend einig, was die Strukturreform betreffe, sagte SPD-Fraktionschef Müller. Er hoffe, die Zustimmung der Grünen zum Gesetz scheitere nicht am Probejahr.

Das Gesetz zur Schulreform, das nach der Grundschule nur noch zwei Schultypen vorsieht, soll bis Januar nächsten Jahres im Parlament beschlossen werden. Der offene Brief sei „die letzte Hoffnung, die Änderungen doch noch ins Gesetz einzubringen“, sagte Mutlu. pth

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