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Die Rechnung muss stimmen: Ältere Lehrer wollen nicht weniger verdienen als ihre jungen Kollegen.

© dpa

Prüfungsvorbereitung in Kreuzberg: Schulabschluss nach Plan

Eine Hilfe für Kreuzberger Jugendliche, die von vielen schon abgeschrieben wurden: Bei "Plan MSA" bekommen sie kostenlose Nachhilfe für den Mittleren Schulabschluss.

Im Mehrgenerationenhaus „Wassertor“ in der gleichnamigen Straße in Kreuzberg ist viel los, obwohl es spät am Nachmittag ist. Kinder spielen in einen Raum mit Lego, ein junger Mann fegt einen Raum, Jugendliche sitzen vor dem Haus auf einer Mauer und reden. Ich bin wegen eines interessanten Projektes  hier.
Bei „Plan MSA“ werden Jugendliche aus dem Kiez kostenlos auf den Mittleren Schulabschluss (kurz MSA) vorbereitet. Es ist kein normales Nachhilfe-Programm, sondern eine Hilfestellung für Jugendliche, die von vielen schon abgeschrieben sind.

„Wir haben gemerkt, dass Bedarf da ist“, sagt Laura Berner. Zusammen mit einer Freundin hat sie 2009 das Projekt ins Leben gerufen. Beide haben zu dem Zeitpunkt noch studiert und nebenbei Nachhilfe gegeben. „Viele Schüler wollen nicht nur normale Nachhilfe sondern gezielte Prüfungsvorbereitung. Es gibt Angebote, aber oft sind sie für viele Familien zu teuer.“
Also haben sie sich einen Kiez gesucht, in dem der Bedarf besonders groß ist. Laut dem Monitoring Soziale Stadtentwicklung Berlin von 2015 liegt die Kinderarmut dort bei über 60 Prozent. Auch die Arbeitslosenquote liegt bei überdurchschnittlichen 17 Prozent.

Oben im ersten Stock in einem der Kursräume sitzen acht Mädchen um einen runden Tisch herum. Die meisten von ihnen tragen ein Kopftuch, sie reden leise miteinander. Gleich geht für sie der erste Mathe-Kurs los. Bis Mai, also bis zu den Prüfungen, werden sie jetzt jede Woche für anderthalb Stunden an Übungsbögen und Prüfungsvorlagen arbeiten.

Sie müssen den Jugendlichen die Angst vor der Prüfung nehmen

„In der Schule bekommen diese Jugendlichen oft zu hören, dass sie die Prüfungen sowieso nicht bestehen“, erklärt Frau Berner, „Viele der Jugendlichen erleben Entmutigungen und sind dadurch verunsichert.“ Zusätzlich zur inhaltlichen Vorbereitung stehen die Kursleiter und –leiterinnen also vor der Herausforderung, den Jugendlichen die Angst vor der Prüfung nehmen und bei Fragen und Problemen für sie da zu sein. Über die Zeit bildet sich ein guter Draht zwischen den Jugendlichen und den Kursleitern und Verantwortlichen.

Als sie das Projekt starteten, arbeiteten sie und die Kursleiter ehrenamtlich. Mittlereile hat sich das geändert: Die Kursleiter erhalten Honorare und die Projektverantwortlichen ein festes Gehalt. „So können wir unsere Kursleiter halten – das ist uns wichtig, denn wir sind sehr zufrieden mit ihnen“, sagt Laura. Die Prüfungsergebnisse sind beeindruckend: Über 80 Prozent der Teilnehmer bestehen den MSA, das liegt deutlich über dem Kreuzberger Durchschnitt - und das obwohl viele Schüler mit einer 5 in Mathe bei „Plan MSA“ anfangen.

Das Projekt wird bis Dezember 2016  vom Städtebauförderungsprojekt „Soziale Stadt“ unterstützt und bekommt damit Gelder von EU, Bund, Land und Bezirk zur Verfügung gestellt. Danach ist das Projekt verstärkt auf Spenden angewiesen, so dass die Projektleitung unter anderem eine Kursplatz-Patenschaft eingeführt hat, mit der für ein Jahr ein Platz übernommen werden kann.
„Plan MSA“ arbeitet mit mehreren Schulen in der Nachbarschaft zusammen, informiert dort über das Angebot und koordiniert die Arbeit mit Verantwortlichen der Schulen. Viele der Teilnehmer kommen von diesen Schulen, andere werden durch Flyer oder Berichte von Freunden und Geschwistern auf das Projekt aufmerksam.

Worauf es am meisten ankommt, findet Frau Berner, ist, dass sie versuchen, diesen Jugendlichen eine faire Chance zu geben. „Wir haben eine klare Position: Es muss etwas anders laufen. Geld, Sprache oder Herkunft sollen in der Bildung nicht entscheidend sein.“

Cecilia Heil

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