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Schule: Raus aus dem Schatten, ab in die Sonne

Offene Wagen machen in allen Klassen Karriere. In diesem Sommer bringen die Hersteller so viele Neuheiten wie nie zuvor – ein Überblick

Wenn es nach den Autoherstellern geht, wird dies der schönste Sommer seit langem. Schließlich stehen bei fast allen Marken mehr Cabrios und Roadster in den Startlöchern als je zuvor. Dabei ist das Spektrum zum Auftakt der Open-Air-Saison diesmal besonders weit gespannt: Zwar gibt es die meisten Premieren in der familienfreundlich positionierten Kompakt- und Mittelklasse. Doch bieten offene Kleinwagen, Roadster und Limousinen auch ehrgeizigen Sparern, Sportlern und Besserverdienern einen neuen Platz an der Sonne.

Den Drang zur Dachlosigkeit erklärt Nick Margetts vom Marktforschungsinstitut Jato Dynamics in Limburg mit dem „glücklichen Zusammentreffen der Emotionen der Käufer und den Umsatzerwartungen der Hersteller“. Für die Kunden seien Cabrios Luxusgüter und Ausdruck der Persönlichkeit – und für die Hersteller eine gute Einnahmequelle, weil Käufer bei solch emotionalen Gütern nicht auf den Euro schauten und weniger Rabatte erwarteten. Außerdem komme das Cabrio der gesellschaftlichen Entwicklung entgegen: „Bei einer zunehmend kinderlosen Bevölkerung sind solche ’unvernünftigen’ Autos längst nicht mehr die Randerscheinung, die sie früher einmal waren“, sagt der Marktforscher.

Für einen breiten Erfolg der offenen Modelle spricht in seinen Augen aber vor allem die Tatsache, dass Cabrios heute deutlich vielseitiger seien als ihre Vorgänger: „Mit robusten Faltdächern aus Blech und Dieselmotoren gibt es mittlerweile einen Offenen für jeden, der sich über das Freiluftfahren Gedanken gemacht hat – das Angebot geht inzwischen quer durch alle Segmente vom enthaupteten Nissan Micra bis zum Oben-Ohne-Bentley.“

Die neue Vielfalt ist in diesem Sommer insbesondere in der Mittelklasse abzulesen, wo mit dem Ende der offenen Versionen von VW Golf, Ford Focus und Opel Astra eine Lücke entstanden war. Sie wird nun gefüllt mit neuen Open-Air-Modellen, die allesamt ein versenkbares Stahlverdeck bekommen und damit Cabrio und Coupé in einem sind.

Den Anfang machte im Frühjahr Opel mit dem Astra TwinTop, der mit vier Benzinmotoren und einem Diesel jetzt zu Preisen ab 23 650 Euro bestellt werden kann. Noch diesen Monat folgt die zweite Generation des Volvo C70 – mit drei Benzinern zu Preisen ab 33 300 Euro. Als dritter im Bunde macht sich in Wolfburg bereits der Eos warm. Der offene Viersitzer steht nach VW-Angaben zwischen Golf und Passat, wird in der Basisversion 25 950 Euro kosten und mit vier Benzinern und einem Diesel antreten. Damit ist es allerdings noch nicht getan: Auch bei Ford wird man sich bald wieder offen geben und bereitet zum Herbst den Start des Focus Cabriolet vor. Wie die 2004 in Paris gezeigte Studie wird der Wagen ebenfalls ein versenkbares Stahldach bekommen. Focus, Twin Top, C70 und Eos stellen wir auf den beiden folgenden Mobil-Seiten dieser Ausgabe gesondert vor.

Die etablierten Wettbewerber sehen den Premieren nicht tatenlos zu: Audi ging mit einem Facelift für den offenen A4 in Vorlage, spendierte ihm ein leiseres Akustik-Verdeck und neue Motoren. Renault hat seinen offenen Mégane aufgefrischt, Mazda den MX-5. Saab bietet sein 9-3 Cabrio nun auch in einer hochgetunten Variante „Performance by Hirsch“ mit 275 PS/184 kW an. Und bei BMW in München laufen die letzten Arbeiten am Nachfolger des 3er-Cabrio, das wohl ebenfalls ein versenkbares Hardtop bekommen soll.

Wem die Mittelklasse zu teuer ist, dem offeriert Mitsubishi in diesem Sommer mit dem neuen Colt Cabrio eine kleinere und günstigere Alternative – ein Konkurrent für den offenen Nissan Micra, den Tigra von Opel oder den inzwischen zum Klassiker gereiften 206 CC von Peugeot. Einen besonders hohen Aufmerksamkeitswert erreicht der winzige Daihatsu Copen, der nun auch als Linkslenker zu bekommen ist.

Auch im Segment der Roadster gibt es Bewegung. Alfa Romeo hat in Genf seinen neuen Spider dem Publikum präsentiert, Opel machte dort Lust auf die Neuauflage des legendären GT. Mercedes hat seinen SL optimiert und noch stärkere Motoren im Angebot. Und Audi hat am Brandenburger Tor gerade das neue Gesicht des TT gezeigt. Außerdem steht seit einigen Wochen bei Jaguar der neue XK im Handel. Er ist nach Angaben von Projektingenieur Russ Varney dank seiner Aluminiumkarosserie und besserer Platzverhältnisse „gleichermaßen ein komfortabler Gran Tourismo und ein echter Sportwagen“ und startet so, wie er auch entwickelt wurde: als Coupé und als Cabrio.

Auch in den höchsten Preisregionen wird Kunden künftig ein frischer Wind um die Ohren wehen. Schließlich hat Lamborghini-Chef Stefan Winkelmann für diesen Sommer den 167 620 Euro teuren Gallardo Spyder angekündigt. Rolls-Royce wird die vor Jahresfrist gezeigte Cabrio-Studie auf Basis des Phantom in Serie bringen. Und bei Bentley wird es nach Unternehmensangaben bald eine offene Version des Continental geben.

Dass die Anstrengungen der Herstellr zuviel des Guten sein könnten und die Nachfrage übersteigen, glaubt Marktforscher Margetts nicht: Bei einem Cabrio-Marktanteil von 4,4 Prozent an den Gesamtzulassungen des Jahres 2005 könne von einer Sättigung des Marktes noch nicht die Rede sein. gms

Thomas Geiger

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