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Russische Schulen: Deutschrussen gehen auch samstags zur Schule

Viele Berliner Kinder, die Wurzeln in Russland haben, besuchen zusätzlich zu ihrer deutschen auch noch eine russische Schule - am Sonnabend. Der Grund: Die Schüler sollen mit ihrer Verwandtschaft in Russland kommunizieren können.

Jedes Schuljahr fängt hier nach russischer Tradition an: Der älteste Schüler führt den jüngsten mit einem Glöckchen in der Hand über den Schulhof. Damit wissen die Kinder zwischen drei und 13 Jahren, dass sie nun auch wieder am Wochenende Unterricht haben: Die russische Samstagsschule öffnet ihre Pforten nämlich nur an diesem Wochentag.

Angefangen hat alles vor sieben Jahren mit 20 Schülern – dieses Jahr gab es mehr als 220 Anmeldungen. Die Schüler werden nun an zwei Standorten in Spandau und Wedding unterrichtet. „Dort wohnen besonders viele russischsprachige Deutsche“, sagt Schulleiterin Olga Delwa. Insgesamt sprechen in Berlin mehr als 300 000 Menschen Russisch.

Zwar betreibt etwa die russische Botschaft eine Schule, die auch nach russischem Schulsystem funktioniert. Dort sind die Kinder aber die ganze Woche über. Die Samstagsschule verfolgt jedoch ein anderes Konzept: „Die Kinder sollen an deutschen Schulen zuerst Deutsch lernen“, sagt Delwa. Russisch steht dann eben am Wochenende an, und neben der Sprache geht es dann auch um russische Kultur. Neben Lesen und Schreiben stehen hier auch Geschichte und Geografie auf dem Lehrplan – und selbstverständlich russische Feste.

Die Klassen setzen sich hier nicht automatisch nach dem Alter der Kinder zusammen: Am ersten Schultag wird geprüft, wie gut die Neuen russisch sprechen können – und unter Umständen müssen auch ältere Kinder ganz von vorn anfangen.

So wie die Söhne von Olga Stein. Thomas und Andreas gehen hier in die zweite Klasse, obwohl sie in der deutschen Schule in der vierten und fünften Klasse sind. Zu Hause in der Familie wird meist deutsch gesprochen, da die Jungs einen deutschen Vater haben. „Ich möchte aber, dass meine Kinder auch Russisch lernen“, sagt Olga Stein.

Und warum sollen die Kinder Russisch lernen? Um mit der Verwandtschaft in Russland oder anderen Staaten der ehemaligen Sowjetunion kommunizieren zu können, sagen viele. So soll vermieden werden, dass Sprache innerhalb der Familien zur Barriere wird, sagt Leiterin Delwa.

Wichtig für die Qualität der Schule sei die Auswahl der Lehrer: Voraussetzung, um hier zu unterrichten, sind ein Hochschulabschluss und mehrjährige Berufserfahrung in Russland. Tatjana Schmidt etwa unterrichtet seit fünf Jahren in der Samstagsschule. Als Lehrerin kann die Russin in Deutschland nicht arbeiten: Ihr Abschluss als Pädagogin wurde hier nicht anerkannt, obwohl sie 13 Jahre Berufserfahrung hat. Deswegen genießt die 39-Jährige die Samstage in ihrem alten Beruf.

Träger der Samstagsschule ist die Berliner „Gesellschaft für Förderung interkultureller Bildung und Erziehung“, deren Vorsitzende ebenfalls Schulleiterin Olga Delwa ist. Finanziert wird das Projekt durch Spenden der Eltern und vom Quartiersmanagement Brunnenviertel.

Auch die zwölf Jahre alte Lisa ist zum zweiten Mal in der fünften Klasse – auf eigenen Wunsch. Es mache ihr Spaß, Zeit mit ihren russischen Freunden zu verbringen, erzählt sie – auch wenn in den Pausen gerne mal deutsch gesprochen wird: „Das können wir nun mal am besten.“

Samstags früh aufzustehen, um in die Schule zu gehen, ist in all den Jahren nicht immer einfach für sie gewesen. Manchmal wäre sie gerne im Bett geblieben. „Aber ich zwinge mich, schließlich will ich richtig Russisch können“, sagt sie.

Marianna Mamonova

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