zum Hauptinhalt

Schule: Schnell mal ins Gelände

Der Audi A6 Allroad Quattro ist ein Sportler und ein Offroader – ein Mix, der Amerikaner schwindlig werden lässt

In der Entwicklungsabteilung von Audi gibt es einen ungewöhnlichen Qualitätstest für die neuen Modelle: Wenn ein Amerikaner bei einer Kurvenfahrt grüne Ohren bekommt, dann ist das Auto richtig gebaut. Amerikaner kennen von ihren Herstellern so viel Bequemlichkeit, dass der Kaffee nie und nirgends aus dem Getränkehalter schwappt. Europäer lieben es dagegen härter. Und weil Audi genau das liefert, wird Audi vorwiegend bei uns und in Asien verkauft – und weniger in den USA.

Der Amerikaner auf dem Beifahrersitz während der Testfahrt mit dem neuen Audi A6 Allroad Quattro ist noch kein Grünohr, aber im Zweiminutenabstand lässt er schon die Automatik der Seitenscheibe arbeiten. So richtig gemütlich sitzt er nicht mehr in seinem ergonomischen Sitz. Der Blick zur Seite verrät das anfliegende Übel. Das sportliche Fahrwerk und die Kraft des 4,2-Liter-Motors leisten schon bei sanfter Fahrweise gute Arbeit – doch wollen wir den Grüne-Ohren-Test nicht auf die Spitze treiben und wechseln vorsichtshalber den Fahrer…

Der Audi A6 Allroad Quattro zwingt einen in den Bergen fast zum Übermut. Aber Achtung: Das Auto ist besser als sein Fahrer. Der größere der beiden angebotenen Benzinermotoren leistet 350 PS (257 kW) und liegt zudem sicher auf der kurvigen Straße. Er wird bei 250 km/h abgeregelt. Doch trotz dieser Bremse vorm Abflug ist der Allroad Quattro eindeutig ein Sportler, auch wenn er mit seinem Offroad-Design ein Mischling ist. „Die erste Generation des A6 Allroad Quattro war der erste echte Crossover. Danach hat sich der Begriff erst für Mixtypen durchgesetzt“, sagt Audi-Vorstandsmitglied Ralph Weyler.

Oben Kombi und unten SUV mit robustem Unterbodenschutz und markantem Stahlbügel vorn und hinten. So aufgeputscht, wirkt die zweite Generation des A6 Allroad Quattro noch bulliger. Die schwarzen Schutzleisten geben ihm das Äußerer eines Geländegängers. In der ersten Generation wurde der Nachfolger des A6 Quattro, den Audi im Jahr 2000 auf der Basis des Avant konstruiert hat, rund 90 000 mal verkauft. Er hat fast identische Fahrleistungen wie der Avant und ist zusammen mit S6 und Limousine das vierte Mitglied der A6-Familie.

Er brummt kaum hörbar, wenn er am Berg getreten wird. Das ist das Schöne bei Audi. Wahrscheinlich könnten die Konstrukteure aus Ingolstadt ihre Autos sogar vollkommen leise im Innenraum machen, doch das will man schon wegen des Fahrgefühls nicht. Deshalb werden kleine Klappen in den Auspuffbereich gebaut, damit sich die Schallwellen nicht so überlagern, das es still ist. Wer solch einen Motor vor sich hat, möchte ihn auch erleben. Und das bietet das Kombinationsfahrzeug im Übermaß, jedenfalls die Ottomotoren. Da wird das sportliche Fahrgefühl nicht mal von der sechsstufigen Tiptronic-Schaltung beim großen Achtzylindermotor gemindert. Aber so bleibt mehr Zeit für den Blick auf die Straße, und die darf beim Allroad durchaus uneben sein.

Neben den beiden Benziner wird der Allroad Quattro auch in zwei Dieselvarianten angeboten. Doch damit ist das Fahrvergnügen – und nur dafür kann so ein weitgehend sinnfreies Auto wirklich gemacht sein – nur halb so viel wert. Der Diesel ist wie Cappuccino mit Sojamilch. Vielleicht hilft da wenigstens das gute ökologische Gewissen über den etwas geringeren Verbrauch, wenn man über Geröllpisten fährt. Der Sand fliegt auf, von den wasserüberfluteten Straßen spritzt es, und im Wagen merkt man nicht mal viel davon. Die Luftfederung im Offroadmodus trägt ihn sanft über die Bodenunebenheit. Mit einer serienmäßigen, höhenverstellbaren Luftfeder gleitet der Allroader über die Straße. Der Wagen liegt dann ganze 18,5 Zentimeter höher. Ein Trost: die erhöhte Fahrstufe wird bei Tempo 140 automatisch wieder auf das Minimum eingefahren. Doch wer ist schon mit so einem Tempo auf der Sandpiste unterwegs?

Doch nicht nur außen und unter der Motorhaube glänzt der Allroad. Er ist voll modernster Technik – wenn man sie bedienen kann, eine schöne Sache. Ein wenig überfordert einen das Display mit all seinen Funktionen. Wenn man alle Luxusextras dazu wählt, grenzt das Multifuktionsboard an eine Raumschiffsteuerung. Aber immerhin an eine optisch sehr schöne. Dazu zählt auch die Einparkhilfe vorwärts und rückwärts mit Bildschirm, der alles zeigt, was hinter einem passiert. Ein wichtiges Hilfsmittel für den, der nach der Offroadfahrt weiche, wacklige Beine hat.

Ohnehin muss der Geländefan auf nichts verzichten, was die Limousinen anbieten. Dazu gehört die Bluetooth-Telefonanlage ebenso wie Kurvenlicht und sparsames permantes Tagfahrlicht. Einiges bleibt aber dem Offroader vorbehalten. So hat der Kofferraum eine zweiseitige Unterlage. Eine schöne Velourseite und eine strapazierfähige Unterseite. Die Unterlage lässt sich bei geöffneter Hecktür so umklappen, dass sie nach außen hängt und damit die Rückpartie des Wagens beim Einladen schützt. Und auch den Kompass im Rückspiegel sieht man exklusiv nur im Allroad – da weiß man, wo es im Gelände lang geht mit Audi.

Ingo Wolff

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false