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Schule: Gemeinsam lernen: Rot-Rot hält an JüL fest

Die rot-rote Koalition verteidigt das Jahrgangsübergreifende Lernen. Die Linke fordert aber mehr Erzieher, um die Jahrgangsmischung zu stützen. Die Zahl der Sitzenbleiber in der Schulanfangsphase ist nochmals drastisch gestiegen.

Die massenhafte Abkehr der Grundschulen vom Jahrgangsübergreifenden Lernen (JüL) ist für die rot-rote Koalition kein Anlass, von der grundsätzlichen gesetzlichen Verpflichtung abzurücken. „JüL ist richtig, nur die Bedingungen müssen besser werden“, kommentierte am Mittwoch die Linkspartei die Entscheidung von 70 Schulen, alternative Konzepte zu beantragen. Auch die Bildungsverwaltung war bemüht, den Vorgang herunterzuspielen.

„Wir hatten mit mehr Schulen gerechnet“, sagte Sprecher Christian Walther. Wenn 70 Schulen Anträge gestellt hätten, seien doch immerhin über 300 offenbar mit der Methode zufrieden. Möglicherweise gebe es aber auch eine „Grauzone“ von Schulen, die sich noch nicht entschieden hätten, welchen Weg sie gehen wollten, vermutet Walther.

Das ist offenbar der Fall. „Wir wollen ohne JüL arbeiten, haben es zeitlich aber nicht geschafft, einen entsprechenden Antrag zu stellen“, teilte die Konrektorin der Neuköllner Theodor-Storm-Grundschule, Barbara Müksch, am Mittwoch mit. Ihr Kollegium gehe davon aus, „dass Migrantenkinder in festen Klassenverbänden ohne Altersmischung besser gefördert werden können“. Da es ihnen an „Kommunikationsfähigkeit“ fehle, funktioniere das Konzept nicht wie erhofft. Das JüL-Konzept sieht vor, dass die Zweitklässler den Erstklässlern in den gemeinsamen Lerngruppen helfen sollen. Genau dies aber klappe nicht, lautet Mükschs Erfahrung nach drei Jahren JüL.

Diese Kritik ist nicht neu. Auch die GEW-Initiative „Schulen im sozialen Brennpunkt“ hatte schon vor zwei Jahren gefordert, die Jahrgangsmischung nur auf freiwilliger Basis vorzunehmen. Dagegen hatte es aber bis zuletzt Widerstände aus der Koalition gegeben. Deren Schulpolitiker setzten sich auch deshalb für JüL ein, weil schwache Schüler in der altersgemischten Schulanfangsphase die Möglichkeit haben, ein zusätzliches Jahr zu „verweilen“, ohne dass dies als Sitzenbleiben gilt. Wenn eine Schule sich jetzt gegen JüL entscheide, müsse sie darlegen, wie sie das Problem der „Verweiler“ lösen wolle, fordert denn auch Linkspolitiker Zillich. Wie die Bildungsverwaltung am Mittwoch auf Anfrage mitteilte, ist die Zahl der „Verweiler“ im Schuljahr 2010/11 erneut gestiegen (siehe Kasten).

Während die genannten 70 Schulen jetzt darauf hoffen, dass ihre Anträge gegen JüL genehmigt werden, sind über 90 andere Schulen auf dem entgegengesetzten Weg, indem sie sogar die Klassen 1 bis 3 mischen. „Wir beginnen jetzt auch damit“, kündigte am Mittwoch die Leiterin der angesehenen Weddinger Erika-Mann- Grundschule, Karin Babbe, an. Sie hält es für verfrüht, dass Schulen sich von JüL verabschieden können, „denn das Konzept konnte sich noch nicht frei entfalten“, glaubt Babbe. Qualität brauche Zeit.

Der CDU-Schulpolitiker Sascha Steuer ist anderer Ansicht. Er hält es für gut, dass der Bildungssenator den Schulen „endlich“ einen Ausweg aus JüL eröffnet habe. Die Linkspartei hingegen will weiter für JüL werben und hat in ihr Wahlprogramm geschrieben, dass in der Schulanfangsphase neben dem Lehrer immer auch ein Erzieher im Klassenraum sein solle. Das war den Schulen schon vor fünf Jahren in Aussicht gestellt worden.

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