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Vorsichtige Rückkehr – an den neuen Schulalltag müssen sich Kinder und Lehrer noch gewöhnen.

© Christian Charisius/dpa

Schule in der Corona-Pandemie: Wie erklärt man Grundschülern den nötigen Abstand?

Berlins Sechstklässler gehen seit Montag wieder in den Unterricht. An der Kolibri-Schule in Hellersdorf haben sie sich genau vorbereitet.

Als um 7.30 Uhr die ersten Kinder den Hof der Kolibri-Grundschule in Hellersdorf betreten, ist bei Lehrern und Schülern eine gewisse Unsicherheit zu spüren. Welche Regeln gelten jetzt? Und können 130 Grundschüler wirklich Abstand voneinander halten?

Seit Montagmorgen gehen Berlins Sechstklässler wieder in die Schule. Es ist ein vorsichtiger Schritt zurück in die Normalität. Aber wirklich normal ist dieser neue Alltag noch nicht. Die Kinder sehen sich zum ersten Mal seit sieben Wochen und dürfen sich doch nicht nahekommen. Auf dem Schulhof breiten Schulleiterin Anke Peters und ihre Kollegen deshalb immer wieder die Arme aus. „Den Abstand kindgerecht demonstrieren“, nennt Peters das.

Die Kolibri-Lehrer haben ausgiebig geplant, wie sie die Schüler mit Abstand in die Klassenräume bekommen. Überall im Gebäude hängen Piktogramme, die den Weg weisen. Die Kinder treffen über den ganzen Morgen verteilt ein – zwischen 7.30 und 9.15 Uhr.

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Sie sind in Gruppen unterteilt – nie mehr als zwölf Schüler. In diesen Gruppen werden sie auch unterrichtet, die Klassen werden dafür halbiert. Erst mal geht es um die Kernfächer: Mathe, Deutsch, Englisch, Naturwissenschaften und Gesellschaftswissenschaften. Die Klassenräume haben die Lehrer umgeräumt. Dort stehen jetzt weniger Tische, und die Gänge sind extra breit, damit die Kinder ihren Mitschülern auch wirklich nicht zu nahekommen.

Die Schulreinigung funktioniert teilweise

Am späten Vormittag bekommt Peters die ersten Rückmeldungen: Das Konzept funktioniert. „Die Kinder waren erleichtert, als sie die Klassenräume gesehen haben“, sagt Peters. Denn ihre Eltern hätten ihnen gesagt, dass sie unbedingt Abstand halten sollen. „Die Schüler haben die neuen Regeln schon verinnerlicht“.

Eine andere Sorge konnte Peters den Eltern und Lehrern bereits vergangene Woche nehmen. Da erfuhr sie vom Bezirk, dass die Kolibri-Schule, genauso wie 35 weitere Schulen in Marzahn-Hellersdorf, von nun an auch während der Unterrichtszeit gereinigt wird. Damit kann die Schule den Hygiene-Plan des Senats tatsächlich umsetzen. Die beauftragte Firma habe sogar Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt, erzählt Peters. „Es ist wichtig, dass die Handläufe und Türklinken regelmäßig gereinigt werden. Das macht vielen die Rückkehr einfacher“, sagt Peters.

Anke Peters leitet eine der größten Grundschulen in Berlin. Derzeit steuert sie 800 Kinder und 100 Lehrkräfte durch die Krise.
Anke Peters leitet eine der größten Grundschulen in Berlin. Derzeit steuert sie 800 Kinder und 100 Lehrkräfte durch die Krise.

© Privat

Anderswo hat die Reinigung vergangene Woche nicht gut geklappt. In Charlottenburg-Wilmersdorf kam es laut Bezirkselternausschuss bei der Zehntklässler-Rückkehr an mehreren Oberschulen zu Problemen. Teilweise sei die Mittagsreinigung entfallen, anderswo sei vor Unterrichtsbeginn nur unzureichend gereinigt worden. Vier Klassen der Friedensburg-Oberschule sollen daher sogar wieder nach Hause geschickt worden sein. In anderen Schulen sollen die Lehrer die Räume selbst gereinigt haben.

Alle Schüler sind ab und zu in der Kolibri-Schule

Anke Peters befürchtet derweil vor allem, dass sie ihre Lehrkräfte überfordern könnte. Denn die müssen derzeit nicht nur die Sechstklässler unterrichten, sondern auch noch die Notbetreuung stemmen. Und die etwa 650 Kinder der Jahrgangsstufen 1 bis 5 wollen ebenfalls lernen. „Viele Lehrer unterrichten inzwischen per Videokonferenz virtuell“, sagt Peters. Die geplante Rückkehr der fünften Klassen am Montag könne das Kollegium noch bewältigen, mit weiteren Jahrgangsstufen sei man in den gegenwärtigen Strukturen jedoch überfordert.

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Alle Schüler besuchen die Kolibrischule inzwischen allerdings zumindest einmal in der Woche. Die Grundschule hat nämlich einen sogenannten „Material-Shuttle“ eingeführt. Die Kinder bringen ihre bearbeiteten Aufgaben und nehmen neue Materialien mit. Das sei notwendig, weil nicht alle Familien zu Hause einen Drucker und einen Scanner hätten, sagt Schulleiterin Peters. Mit dem Material-Shuttle will die Schule die Schließung auch emotional kompensieren. „Wir wollen nicht, dass sich die Kinder von der Schule entwöhnen“, sagt Peters.

Ein bisschen schauen die Lehrer dabei auch, ob es allen gut geht. Bei der Rückkehr der jungen Schüler habe es herzzerreißende Szenen gegeben. „Manche Kinder haben geweint und wollten ihre Lehrer umarmen. Da mussten wir sie leider stoppen.“

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