zum Hauptinhalt
Schmeckt nicht gibt’s doch. Das Essen an vielen Berliner Schulen hat keine gute Qualität.

© Kitty Kleist-Heinrich

Schulessen: Matsch auf dem Teller

Der Preis für gutes Schulessen ist viel zu niedrig – da sind sich Caterer, Politiker und Gastronomen einig. Dennoch: Ändern wird sich erst mal gar nichts.

Von

Für 50 Cent kann man sich nicht viel kaufen – vielleicht einen Apfel und eine Karotte. Davon Lebensmittel für eine vollwertige Mahlzeit zu besorgen, ist schon kaum möglich. Erst recht nicht ein Mittagessen mit Vor-, Haupt- und Nachspeise, mit einem zehnprozentigen Anteil an Bio-Waren, ohne Fertigprodukte, Geschmacksverstärker und mit frischem Obst und Gemüse.

Doch genau das verlangen die Bezirke bisher von den Schulcaterern. Zwischen zwei und 2,45 Euro erhalten Caterer derzeit aus der Verwaltung. Zieht man Personal-, Investitions- und Betriebskosten ab, bleiben 50 Cent für den Wareneinkauf.

Dass dieses Geld hinten und vorne nicht reicht, beklagen die Caterer seit langem. Dies hat nun auch, wie berichtet, eine vom Senat in Auftrag gegebene Studie bestätigt. Danach müsste ein qualitativ hochwertiges Essen zwischen 3,17 und 4,25 Euro kosten. Bei diesem Preis bliebe den Caterern rund ein Euro für den Lebensmitteleinkauf. „Mit dieser Summe könnten wir ein vernünftiges Essen kochen“, sagt Rolf Hoppe vom Caterer Luna. Im Moment sei es nicht möglich, die Qualitätsanforderungen zu erfüllen. Koche man an einem Tag etwa ein Menü, das den Vorgaben entspricht – zum Beispiel mit Fisch, Gemüse, Reis, Rohkost und Obstdessert – sei das nur finanzierbar, wenn es an den anderen Tagen bloß Eintopf, Milchreis oder Nudeln mit Soße gebe. Mit einem Euro pro Essen könnte man den Kindern dagegen jeden Tag eine vielfältige Mahlzeit zubereiten und regelmäßig frisches Obst oder Gemüse servieren. Es sei dann auch möglich, Alternativen anzubieten. „Wenn ein Kind keinen Rotkohl mag, dann könnte es stattdessen wenigstens ein Stück Apfel oder Gurke bekommen“, sagt Hoppe. Bisher sei das definitiv nicht drin.

Da stimmen Berliner Spitzenköche wie Sonja und Peter Frühsammer, die ihr Gourmet-Restaurant in Schmargendorf betreiben, sofort zu. Ein Caterer, der eine gute, gesunde Mahlzeit für 500 Kinder zubereiten will, müsse pro Mittag einen Netto-Grundumsatz von 2000 Euro ansetzen können, sagt Peter Frühsammer. Heißt: Ein Essen kostet vier Euro. Doch der Gastronom moniert vor allem Fehler im System. „Ein Kind braucht keine drei Gänge zu Mittag. Ein vernünftiges Hauptgericht und hinterher ein Nachtisch mit Obst oder Joghurt genügen vollkommen.“ Und zehn Prozent Öko-Gemüse anzusetzen sei ohnehin „vollkommener Quatsch“. „Unsere Tochter geht aufs Gymnasium. Die wäre schon froh, wenn dort keine ungesalzenen, vorgekochten Industriekartoffeln serviert würden, sondern frische.“ Dafür wäre aber Voraussetzung, dass in den Schulen selbst noch etwas zubereitet werden kann. „Das ist der größte Fehler“, sagt Sonja Frühsammer, Spitzenköchin auf Sternekurs, „dass in den Schulen die Küchen zugunsten anderer Räume wegrationalisiert werden. Vor Ort zu kochen wäre preiswerter und es wäre bessere Qualität möglich.“ Zumindest das „Finishing“, sagt ihr Mann, der das gemeinsame Restaurant leitet, müsste in der Schule möglich sein. Gemüse, Nudeln und Ähnliches müssten direkt in der Schule gekocht werden können. „Diese Lebensmittel sind zubereitet nicht transportabel. Da bekommen die Kinder nur Matsch auf den Teller.“ Frühsammers sind der Meinung: Hauseigene Schulküchen müssten finanziert werden – und sei es mit öffentlichen Mitteln.

Über voll ausgestatte Küchen verfügen laut der aktuellen Studie nur noch zehn Prozent der Schulen, bei weiteren 14 Prozent gibt es zumindest Geräte, um einfache Speisen zuzubereiten. Die meisten Schulen haben lediglich sogenannte Ausgabeküchen mit Lager-, Arbeits- und Geschirrspülraum. Dort kann nur vorgewärmtes Essen verteilt werden.

Obwohl sich Caterer und Bildungspolitiker einig sind, dass Qualität und Preis nicht ausreichen, wird sich an der Berliner Misere so schnell nichts ändern. „Ich glaube nicht, dass sich im laufenden Schuljahr noch etwas tut“, sagt Hoppe. Derzeit sind alle Bezirke mit Caterern versorgt. Frühestens im nächsten Jahr gibt es neue Ausschreibungen, bei denen höhere Preise ausgehandelt werden könnten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false