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Was lief schief nach den Ferien? Darüber diskutierte das Abgeordnetenhaus am Donnerstag.

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Schulreform: Von Bildung und Einbildung

Lehrermangel und nicht abgeschlossene Sanierungsarbeiten: Zum Schulstart gab es allerhand Unmut bei Schulleitungen, Eltern und Schülern. Am Donnerstag diskutierte das Abgeordnetenhaus über die Schulreform und Pannen nach den Ferien.

Von Sabine Beikler

Rot-Grün hätte nach den jüngsten Umfragen zurzeit in Berlin eine deutliche Mehrheit. Das ist die Theorie. In der Praxis erwecken die Grünen, die aktuell mit 28 Prozent vier Prozentpunkte vor der SPD liegen, eher den Eindruck, die SPD als potenziellen Koalitionspartner verschrecken zu wollen. Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop startete am Donnerstag zu Beginn der Debatte über Bildungspolitik mit einem rüden SPD-Bashing. Sie forderte den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auf, sich bei den Migranten dafür zu entschuldigen, Thilo Sarrazin als Bundesbank-Vorstand vorgeschlagen zu haben. Die SPD würde sich beim Thema Integration wegducken. Pop sprach gar vom „intellektuellen Tiefgang“ der SPD in der Bildungs- und Integrationspolitik. Parlamentspräsident Walter Momper (SPD) rügte die Grünen-Politikerin, sie möge zum Thema sprechen.

Der parlamentarische Geschäftsführer Christian Gaebler (SPD) intervenierte und erinnerte daran, dass die Grünen selbst das Thema beantragt hatten, über den Start der Sekundarschulen zu sprechen. Er nannte dieses Verhalten eine „Mogelpackung“ und forderte von den Grünen einen „angemessenen Ton“. Rot-Rot hatte vor der Plenarsitzung im Übrigen beantragt, über Integrationspolitik zu sprechen. Nach diesem Intermezzo wurde dann über Bildungspolitik gesprochen.

Pop forderte eine „Qualitätsoffensive für Schulen und Kitas“, mehr Personal, bessere Angebote. Es gebe weder eine Akzeptanz für die Schulreform noch würden die Mittel für die Sprachförderung überprüft. Bildung und Integrationspolitik gehörten zusammen. Dass der Schlüssel für Integration das Erlernen der deutschen Sprache ist, war nicht nur bei den Grünen, sondern bei allen Fraktionen Allgemeingut.

CDU-Bildungspolitiker Sascha Steuer kritisierte, dass jeder achte der 470 einzustellenden Lehrer immer noch nicht da sei. „Es ist jedes Jahr dasselbe. Die SPD bekommt den Schulstart nicht hin“, sagte Steuer. Das liege vor allem am „desaströsen Personalmanagement“. Er erneuerte die Forderung der Union, Lehrer wieder zu verbeamten, um mehr Pädagogen zu bekommen und im Vergleich zu anderen Bundesländern konkurrenzfähig zu bleiben. Rot-Rot habe jahrelang die Einführung der Schülerdatei „verschleppt“.

Auch FDP-Bildungspolitikerin Mieke Senftleben kritisierte die „Lehrerversorgung“ und die von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) vorgelegten Zahlen. „Sie jonglieren mit Zahlen“, warf sie ihm vor. Zöllner hatte in dieser Woche die Personalausstattung mit 99,7 Prozent angegeben. Er sprach von einer „auskömmlichen“ Unterrichtsversorgung. Senftleben wies das zurück und forderte stattdessen, „qualifizierte Quereinsteiger“ einzustellen. Die schlechten Ergebnisse beim Vergleichstest Vera zeigten, dass „genau diejenigen schlecht dastehen, die Sie fördern wollen, nämlich die Migranten“. Deshalb müsse Deutsch als Zweitsprache überprüft werden, die Schulinspektion professionalisiert werden und die Betreuung von Kindern vor dem Schulbesuch verbessert werden.

Durchaus selbstkritisch ging Steffen Zillich, der Bildungspolitiker der Linken, mit den Missständen in den Schulen um. Wenn der Senat auf eine fast 100-prozentige Personalausstattung zeige, helfe das der einzelnen Schule nicht, in der Lehrer fehlen. „Wir brauchen einen früheren Einstellungstermin für Lehrer und frühere Prognosen“, sagte Zillich. Und „zu spät“ stellten Stadträte fest, dass Bauarbeiten an einzelnen Schulen nicht rechtzeitig fertig werden.

Das letzte Wort hatte Bildungssenator Zöllner. Die Schulstruktur stoße auf „breite Akzeptanz“, konstatierte der SPD-Politiker. Im Oktober werde er ein Qualitätspaket mit Zielvorgaben, Maßnahmen und Kontrollmöglichkeiten für Schulen vorlegen. Und er stärkte demonstrativ Wowereit den Rücken. „Wowereit hat Bildung und Integration zur zentralen Aufgabe gemacht“, sagte Zöllner. Mit Blick zu den Grünen bat er um einen „fairen Umgang“. Der Vorwalkampf hat begonnen.

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