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Buddy_Baer

© Thilo Rückeis

Schwielowsee-Grundschule: Zum Abschied einen Buddy-Bären

Berlins älteste Ganztagsschule wird zugemacht – nach fünf Jahren Streit um Asbest und Ausbau.

Die Trommelgruppe gibt alles an ihrem vorletzten Schultag, auf dem grünen Rasenstück neben der Julius-Leber-Brücke. 300 Schüler der Schöneberger Schwielowsee-Grundschule, viele Lehrer und Eltern stehen im Kreis um die trommelnden Jungs und Mädchen herum und wippen mit. Sie sind gekommen, um Abschied zu nehmen von Berlins erster Ganztagsschule, die ihren Betrieb einstellt. Übrig bleiben wird nur Buddy, ein bäriges Denkmal, das an diese besondere Grundschule erinnern soll.

Noch versteckt sich Buddy unter einer schwarz-weiß-gepunkteten Plane, doch mit einem gekonnten Ruck enthüllen fünf Schüler die Figur: Der Bär trägt das dunkelblaue T-Shirt der Schule, mit weißem Schriftzug und einem roten Schiffchen. Und dazu passende Turnschuhe. Er reißt einen Arm nach oben und schaut optimistisch, lächelt fast. Gestaltet haben den Bären der Künstler Gerhard Ruch und viele Schüler, die sich nach den Sommerferien auf neue Klassenkameraden und eine andere Umgebung einstellen müssen.

So richtig Angst zu machen scheint das keinem mehr: Das extra auf die Melodie von „Winter ade“ einstudierte Abschiedslied „Schwielowsee ade, Abschied tut weh, aber der Buddy-Bär macht, dass uns das Herze lacht, alles wird gut, wir haben Mut“ lässt bei keinem Kind die Tränen kullern. Vielleicht, weil die Sommerferien fast da sind, vielleicht aber auch, weil die Auseinandersetzung um die Schulschließung fünf lange Jahre gedauert hat.

„Der Entschluss wurde über Jahre verschleppt, deshalb ist der Widerstand jetzt wohl nicht mehr so groß“, sagt Christian Maaß, dessen Tochter Marisa auf die Schwielowsee-Grundschule geht.

Rektorin Marion Dießelberg hat im Januar 2007 erfahren, dass sie ihre Schule zumachen muss – nach fünf Jahren Protest und Diskussionen: Eigentlich sollte das asbestbelastete Gebäude – von dem nach Ansicht von Experten keine akute Gesundheitsgefährdung ausgehen soll – saniert und zu einer vierzügigen Ganztagsschule mit Kita ausgebaut werden, finanziert durch Fördergelder der EU.

Doch dann sah das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg wegen sinkender Schülerzahlen keinen Bedarf mehr für die Schule, die seit Jahren mit integrativen Konzepten arbeitet, um deutsche Schüler und solche mit Migrationshintergrund gleichermaßen zu fördern – und als erste Ganztagsschule des damaligen West-Berlins Eltern an der schulischen Arbeit beteiligt hat.

Schüler, Lehrer und Eltern haben sich deshalb in den vergangenen fünf Jahren starkgemacht für ihre Schwielowsee-Grundschule, demonstrierten bei winterlichen Temperaturen und übergaben dem Abgeordnetenhaus eine Petition, in der sie die Sanierung des Gebäudes forderten.

Doch das Hin und Her um die Schließung hat sich langfristig auch auf die Schülerzahlen ausgewirkt: In diesem Schuljahr haben nur noch 300 Schüler die Schwielowsee-Grundschule besucht, dabei wären Kapazitäten für 500 gegeben. Die Schüler, die bis zuletzt geblieben sind, hatten deshalb viel Platz auf dem 22 000 Quadratmeter großen Gelände mir dem riesigen Schulhof und mehreren Kinderspielplätzen.

Von ihrem Buddy-Bären ist die Schwielowsee-Grundschule zehn Gehminuten entfernt. Auf den Fluren sieht alles noch aus, als wäre das Gebäude in Betrieb: Neben dem Eingang hängen die Namen der erfolgreichsten Leichtathleten unter den Schülern, die Wände sind bunt bemalt, in der Freizeitecke liegt ein vergessener Turnbeutel. „Viele Klassenzimmer sind aber schon leer geräumt“, erzählt eine Sechstklässlerin, die froh ist, dass ihre Grundschule so lange geöffnet blieb, bis sie selbst aufs Gymnasium wechseln konnte.

Die Grundschüler, die jetzt an der Leberstraße ihre Arme um Buddy schlingen, während Mamas und Papas, hier und da auch einige Großeltern die Digitalkameras zücken, werden im nächsten Jahr auf die benachbarte Havellandschule, die Teltowschule oder die Spreewaldschule wechseln – oder auf einen andere Schule im Bezirk. „Ein Trost für die Kinder ist sicher, dass einige Lehrer mitkommen auf die neuen Schulen“, sagt Marion Dießelberg. Sie selbst geht nach 34 Jahren an der Schwielowsee-Grundschule in den Ruhestand.

Obwohl die Rektorin eine große Sonnenbrille trägt, ist ihr die Traurigkeit über die Schließung der Schule anzusehen. „Aber alles hat eben ein Ende“, sagt sie und geht hinüber zur ihren Kollegen und Buddy, dem Bären, für ein Abschiedsfoto.

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