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Wer trotz Sommerferien und tropischer Temperaturen in die Uni geht, der meint es ernst. Bei der Sommeruni der FU lernen Schüler in den Laboren unter anderem verschiedene Flammenfarben kennen.

© Thilo Rückeis

Sommeruni an der FU Berlin: Forschen statt Freibad

Bei der Sommeruni der FU Berlin entdecken Schüler die Wissenschaft für sich und lernen schon mal den Uni-Alltag kennen.

Berlin, Sommerferien, 28 Grad am Vormittag, und vor einem Hörsaal voll mit Schülern zeigt die Geografin Brigitta Schütt mit ihrem metallenen Zeigestab auf eine Karte des Abaya-Sees in Äthiopien. Warum steigt dieser See an, obwohl er nach allen logischen Gründen Wasser verlieren müsste? Das will sie mit ihnen herausfinden. „Erdkunde ist nicht nur das, was Sie in der Schule machen“, verspricht sie, und ein Junge in der letzten Reihe reckt neugierig den Kopf. Eine Krokodilleber, die Schütt eigentlich mit den Schülern auf Insektizid-Rückstände hin untersuchen wollte, durfte sie leider doch nicht nach Deutschland exportieren.

Bei der Sommeruni der Freien Universität Berlin lernen 160 Schüler ab der zehnten Klasse in den kommenden zwei Wochen in Kursen und Vorlesungen den Reiz von Naturwissenschaft und technischer Forschung kennen.

Die Inhalte sind nah an aktuellen Forschungsprojekten: Sie lernen die Programmiersprache Haskell kennen, überfluten eine Landschaft und experimentieren mit Temperaturen bis zu minus 269 Grad. Nachmittags in den öffentlichen Vorlesungen hören sie von Doping- und Dopingkontrolle, und wie Autos sich mittels Videokameras, Laserscanner, Radar, GPS und Steuerungsschnittstelle fahrerlos fortbewegen.

Dem Schüler Dominik Franke, der extra für die Sommeruni aus Husum nach Berlin gekommen ist, hat der Vortrag gefallen, auch wenn er schwierig war. Oder gerade deswegen: Das Thema sei „komplexer“ als in der Schule aufgegriffen worden, sagt er. Im Unterricht erfahre man selten so viele Facetten von einem Thema. Hier gab es richtig viel Information, gefallen hätten ihm auch die Satellitenbilder vom See.

Bei der Campus-Ralley (o.) heißt es, die richtigen Räume zu finden.
Bei der Campus-Ralley (o.) heißt es, die richtigen Räume zu finden.

© Thilo Rückeis

Sie möge Theorie sowieso lieber als Praxis, meint die 18-jährige Mandy Gülland aus Reinickendorf. Mit dem neuen Schuljahr kommt sie in die 12. Klasse und möchte so viel wie möglich mitnehmen, auch um sich beruflich zu orientieren. Eine grobe Richtung, Medizin, habe sie schon. Als Kurs an der Sommeruni hat sie Genetik gewählt. Eine andere Schülerin hat die letzten zwei Jahre in Japan gelebt und nutzt die Sommeruni, um sich dem deutschen Schulsystem wieder anzunähern. Maximilian aus der 10. Klasse kommt einfach, weil ihm Mathe Spaß macht. Ein Teilnehmer sucht offensichtlich auch Informationen für ein zukünftiges Studium: „69 Prozent Studentinnen“, notiert er sich bei der allgemeinen Vorstellung der FU Berlin mit Füller in seinen Collegeblock. „Hier studieren!“ schreibt er dazu und ringelt es ein.

Gegründet wurde die Sommeruni vor zehn Jahren wegen Nachwuchsproblemen in den Studienbereichen Physik, Mathematik und Informatik, erklärt Petra Skiebe-Corette, Professorin am Institut für anorganische Chemie der FU. In Biologie gab es weniger Nachwuchsprobleme als vielmehr den Wunsch, Interessierten ein realistisches Studienbild zu vermitteln, dass Biologie nicht aus Blumenpressen und Tierbeobachtung besteht, sondern auch Neurobiologie und mathematische Grundlagen nötig sind.

Als Chance „Angstschwellen abzubauen“, sieht Diana Hagg die Sommeruni. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und leitet das Projekt MINToring am Fachbereich Physik. Um mehr junge Frauen für naturwissenschaftliche Studien zu gewinnen, sei ein früher Kontakt schon in die Schulen wichtig. Mädchen erzählten immer wieder, dass sie sich für das Fach interessieren, aber nicht wüssten, ob sie es sich zutrauen oder ob sie allein unter Männern studieren wollen.

Das Team versucht mit interessierten Teilnehmerinnen der Sommeruni auch während des Schuljahres in Kontakt zu bleiben und sie über laufende Veranstaltungen wie das Schülerlabor oder die Lange Nacht der Wissenschaft zu informieren. Interessierte können auch einen Tag lang am Fachbereich Physik schnuppern und in eine reguläre Vorlesung oder eine Laborübung hinein gucken. Der persönliche Kontakt mit Dozenten und Professoren wie bei der Sommeruni in den kleinen Gruppen ermuntere hier sehr.

Die Freie Universität ist eigentlich auch während des Schuljahres für Schüler offen, sagt Petra Skiebe-Corette. Es gibt die Schülergasthörerschaft und ein eigenes Programm mit ausgewählten Lehrveranstaltungen. Während des Schuljahres haben die Schüler in ihrem Stundenplan dafür aber fast keinen Spielraum. Das zeige die Erfahrung aus einem Projekt, in dem Mädchen Professorinnen treffen. Der Termin wurde mittlerweile auf Freitag am späten Nachmittag gelegt. Zu einem anderen Zeitpunkt hatten die beschäftigten Schülerinnen für zusätzliche Uni einfach keine Zeit.

Die Sommeruni an der FU Berlin für Schüler ab der zehnten Klasse läuft noch bis zum 2. August. Bei einigen Experimentierkursen gibt es noch freie Plätze, zum Beispiel bei „Going underground - Was ist eigentlich unter unseren Füßen?“ oder beim Kurs „Sonnenenergie nutzen - aber wie?“. Die Teilnahme kostet fünf Euro pro Tag. Die Vorlesungen finden täglich von 15-16 Uhr statt und sind auch für Familie und Freunde offen. Überblick über Kurse, Vorlesungen und Anmeldung im Internet unter http://sommeruni.mi.fu-berlin.de.

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