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Sozialprojekt: Ein Internat als Schutzraum

EJZ Lazarus eröffnet nächstes Jahr ein Wohnprojekt in Neukölln und will gefährdeten Schülern neue Chancen bieten.

Neukölln schließt eine Versorgungslücke. Nach mehrmonatigen Planungen beginnen im Januar die Bauarbeiten für ein ambitioniertes Projekt, das der Bezirk zusammen mit der diakonischen EJF-Lazarus-Gesellschaft plant: Am Buckower Damm entsteht ein Internat vorwiegend für Migranten, die in eine kriminelle Karriere abzurutschen drohen oder massiv schwänzen und aus ihrer schulischen und familiären Umgebung herausgeholt werden müssen. Nach den Osterferien könnten die ersten Schüler zwischen zwölf und 18 Jahren aufgenommen werden.

„Es werden Jugendliche sein, die der Polizei schon mal aufgefallen sind, aber noch das Recht auf Freiheit haben“, beschreibt Neuköllns Bildungsstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD) die angepeilte Klientel. Vormittags sollen sie die Schule an der Windmühle besuchen, die sich auf demselben Gelände befindet. Früher befand sich hier ein Kinderheim, danach standen die Gebäude leer.

Die Schule an der Windmühle gehört zu den letzten drei Schulen in Berlin, die sich speziell um verhaltensauffällige – im Fachjargon „emotional-soziale gestörte – junge Leute kümmern. Oftmals sind Schüler dabei, die aus Problemfamilien kommen und sich aggressiv verhalten. Da seine Schule auf dieses Klientel ohnehin ausgerichtet sei, findet Rektor Bernd Schrader es naheliegend, das Internat hier anzugliedern.

„Es gibt Kinder, die wollen keine Ferien, weil es zu Hause so schrecklich ist“, beschreibt Stadtrat Schimmang die häusliche Situation der potentiellen Zielgruppe. Nicht selten machten diese Schüler am Wochenende auch Besuche im Gefängnis – bei Verwandtem, die dort inhaftiert sind. Aus diesem Milieu sollen sie herausgeholt werden, so die pädagogische Motivation der Initiatoren.

Da ein Großteil der jugendlichen Berliner Intensivtäter Neuköllns einen arabischen oder türkischen Hintergrund hat, wird das Internat vor allem für Schüler dieser Herkunft da sei und sich „Interkulturelles Bildungs- und Jugendhilfezentrum“ nennen. Damit die Schule an der Windmühle der zusätzlichen Belastung gerecht werden kann, soll sie weitere Erzieher bekommen, kündigte Schimmang an. Wenn ein Schüler nach einiger Zeit stabilisiert sei, könne er wieder an eine allgemeinbildende Schule wechseln, aber weiter im Internat wohnen. Die Einrichtung mit zunächst 16 Wohnplätzen sei in erster Linie für Neuköllner gedacht. Das Haus soll kein geschlossenes Heim sein.

Unklar ist noch, wie die Eltern dazu gebracht werden können, ihre Kinder dem Internat anzuvertrauen. „Wir setzen auf Freiwilligkeit“, sagt Michael Piekara, Jugendhilfereferent von EJF-Lazarus. Im Einzelfall könne es aber auch passieren, dass man sich Unterstützung von Seiten der Familiengerichte hole. Die könnten eine derartige Auflage erteilen. Die Lazarus-Gesellschaft ist Berlins größter Jugendhilfeträger und spezialisiert auf delinquente Jugendliche. Zudem arbeitet die Gesellschaft eng mit arabischen Vereinen zusammen. sve

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