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Studiengebühren: Arbeiterkinder verzichten

Ein Bericht zu Studiengebühren in Baden-Württemberg zeigt: Kinder aus sozial schwächeren Familien werden vom Studium abgeschreckt.

Studiengebühren verbessern die Lehre, drohen aber Kinder aus Nicht-Akademikerfamilien vom Studium abzuschrecken: Das hat ein Jahr nach Start der Studienbeiträge von 500 Euro pro Semester in Baden-Württemberg ein Kontrollbeirat festgestellt. In ihrem ersten Bericht sprechen die 17 durch Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) berufenen Vertreter von Hochschulen, Studenten, Kirchen und Studentenwerken im Südwesten allerdings nur vorsichtig von „ersten Tendenzen“. Die sind allerdings teilweise alarmierend: Immer weniger Abiturienten aus Nicht-Akademikerfamilien entschieden sich für ein Studium.

Zwischen 2004 und 2006 sank die Quote von 62 auf 50 Prozent, während sie bei Kindern von Akademikern stabil um 75 Prozent lag. Für das Kontrollgremium ein erster Hinweis auf soziale Selektion, „die durch die unmittelbar bevorstehende Einführung von Studiengebühren verstärkt worden ist“. Auch von bereits eingetretenen Verschiebungen „zulasten finanzschwacher Studienberechtigter“ ist die Rede.

Der Beirat empfiehlt, die maximale Verschuldung aus Studienkredit und Bafög von 15 000 auf 10 000 Euro zu senken – um die unterschätzte Angst vor hohen Schulden zu mindern. Auch mehr Ausnahmen für Mütter, Ausländer und Hochbegabte fordert er – sowie mehr Stipendien. Lob gibt es im Bericht dagegen für die „reibungslose Vergabe“ der Gebühren an den Hochschulen. Nur solle man neben Dozenten und Tutoren auch neue Professoren einstellen, was Frankenberg umgehend unterstützte.

Als Beschwerdestelle wünscht sich der Beirat einen Ombudsmann. Der könnte sich auch jenen zahlreichen Pannen und Problemen widmen, die der 23-seitige Bericht mit keinem Wort erwähnt: An der Universität Heidelberg horteten die Fachbereiche bis zum Winter nahezu die Hälfte der Gebühren auf ihren Konten. Das Rektorat drohte mit der Rückforderung, um die Fächer zu Ausgaben zu bewegen. In Freiburg wurden mindestens 1,5 Millionen Euro der Gebühren für Forschung eingesetzt – mit der Begründung, der Forschungsetat habe zuvor Geld für die Lehre vorgestreckt. In Tübingen gab es für Medizin-Anfänger nicht genügend Plätze in Pflichtkursen. An der Uni Karlsruhe gingen Geisteswissenschaftler auf die Barrikaden, weil ihre Gebühren teils in die Technik- und Naturwissenschaften umgeleitet wurden. Und Studentenvertreter fast aller Universitäten kritisierten, mit den Gebühren hätten zuvor vom Land gestrichene Tutorien ersetzt werden müssen.

Der Bericht im Internet: www.mwk-bw.de.

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