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Seit November 2012 streiken die angestellten Lehrer in Berlin immer wieder.

© dpa

Tarifkonflikt: Die Lehrer streiken, die Eltern streiten

Die Haltung zum Arbeitskampf an den Schulen offenbart interne Konflikte – auch in der Elternschaft. Die Grabenkämpfe vieler Jahre eskalieren erneut.

Instrumentalisierung, Parteilichkeit und das Hinwegsetzen über Beschlüsse: Es sind heftige Vorwürfe, die derzeit im und vom Berliner Landeselternausschuss (LEA) erhoben werden, und sie offenbaren, dass das Gremium tief zerstritten ist. Akuter Auslöser sind Meinungsverschiedenheiten über die wiederholten Streiks der angestellten Lehrer – doch der Konflikt hat eine längere Vorgeschichte.

Der Reihe nach: Ende vergangener Woche sprach die LEA-Vorsitzende Lieselotte Stockhausen-Doering von einer versuchten Instrumentalisierung der Eltern durch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Auch das böse Wort der „Geiselnahme“ fiel im Zusammenhang mit dem Streik. Zuvor hatte die GEW den LEA gebeten, einen Brief an die Elternvertreter weiterzuleiten, in dem sie um Verständnis und Unterstützung für weitere Streiks werben und Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) kritisieren.

Den Elternvertretern reicht's

Auf die scharfen Worte Stockhausen-Doerings antwortet jetzt ihr Vorgänger Günter Peiritsch, der im März überraschend als Landeselternvertreter zurückgetreten war. „Unangemessen“ sei die Presseerklärung der LEA-Vorsitzenden, schreibt Peiritsch. Sie beziehe einseitig Stellung für die Position des Finanzsenators, und setze sich damit über Beschlüsse des LEA hinweg. „Es gibt den eindeutigen Beschluss, dass sich die Elternvertreter aus dem Tarifkonflikt heraushalten“, sagte Peiritsch dem Tagesspiegel. „Damit macht sie doch genau das, was sie der GEW vorwirft: nämlich die Eltern vor den Karren zu spannen.“

Stockhausen-Doering selbst räumte am Montag ein, dass die Formulierung mit der Geiselnahme „überspitzt“ gewesen sei, inhaltlich rückte sie aber nicht von ihrer Position ab: „Uns reicht es langsam“, sagte sie im Hinblick auf die angekündigten abermaligen Streiks, die voraussichtlich am 5. und 6. Dezember stattfinden sollen.

Mitglieder des LEA-Vorstandes widersprechen zudem der Darstellung Peiritschs, dass sich die Vorsitzende über Beschlüsse hinweggesetzt habe. „Die Presseerklärung war abgestimmt“, betont Vize-Vorsitzende Petra Samani. Der LEA sei übereingekommen, dass er sich in den Tarifkonflikt nicht einmischen wolle, aber sich klar gegen Streiks an Prüfungstagen positioniere. Peiritsch wirft sie vor, die „inhaltliche Arbeit im LEA zu behindern“, während der Vorstand selbst „sehr gut zusammenarbeitet und etwas bewegen könnte, wenn er nicht ständig gestört würde“. Kürzlich habe eine Sitzung sogar „wegen des Geschreies“ abgebrochen werden müssen, weshalb man sich entschieden habe, die jüngste Sitzung moderieren zu lassen – durch die hochangesehene langjährige Elternvertreterin Ruby Mattig-Krone, die als Qualitätsbeauftragte der Bildungsverwaltung fungiert.

Grabenkämpfe sind nichts Neues

Peiritsch ergänzt, das Gremium sei so zerstritten, dass Beschlüsse oft nur mit knapper Mehrheit beschlossen würden und selbst Abstimmungen über Sitzungsprotokolle – normalerweise eine Formsache – umkämpft seien. Jens Kaminski aus dem LEA-Vorstand moniert im Hinblick auf die Peiritsch-Erklärung, „dass es „Störenfriede gibt, die demokratische Mehrheiten nicht akzeptieren“.

Grabenkämpfe in der Berliner Elternschaft sind nichts Neues. Der Amtsantritt Peiritschs war von Querelen mit seinem Vorgänger André Schindler überschattet. Auch die Wahl von Lieselotte Stockhausen-Doering im April ging nicht reibungslos vonstatten. Der unterlegene Kandidat André Nogossek, der von Peiritsch als Nachfolger favorisiert worden war, hatte Stockhausen-Doering damals vorgeworfen, dass sie zu eng mit der FDP verbunden sei. Bei der GEW bemüht sich die Vorsitzende Sigrid Baumgardt derweil, die Wogen zu glätten. „Das sind Nebenschauplätze. Scharfe Worte sind schnell mal gefallen. Wir sind nicht mit den Berliner Eltern im Konflikt, sondern mit dem Finanzsenator“, sagte sie dem Tagesspiegel. Florian Bublys von der Initiative „Bildet Berlin“ klingt dagegen weniger versöhnlich: „Ich bin zunehmend entsetzt, wie jetzt agiert wird. Das ist unsachlich und polemisch. Wir nehmen unser Streikrecht wahr und sind keine Verbrecher.“

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