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Umfrage zur S-Bahn: "Ich glaube nicht, dass auch nur ein Zug pünktlich kommt"

Wohl jeder hat solche Ansagen schon oft gehört. Doch ist die S-Bahn wirklich so schlecht wie wir denken? Eine Umfrage.

Vom 23. bis zum 27. Juli waren Schüler und Schülerinnen aus verschiedenen Berliner Gymnasien beim Tagesspiegel, um in einem Sommerkurs mehr über Journalismus zu erfahren. Die 16- bis 18-Jährigen erlebten Redakteure bei der Arbeit, nahmen an Schreibworkshops teil und recherchierten und verfassten eigene Artikel zu Themen, die sie sich selbst ausgesucht haben. Hier lesen Sie die Ergebnisse.

Um das herauszufinden, wurden 20 zufällig ausgewählte Berlinerinnen und Berliner gebeten, den Anteil an fahrplanmäßig gefahrenen Zügen  einzuschätzen: Die Befragten gaben diesen Wert mit durchschnittlich 58 Prozent an. “Ich glaube nicht, dass auch nur ein Zug pünktlich kommt” lautete die Einschätzung einer älteren Frau. Tatsächlich aber kamen im Jahr 2011 laut VBB-Qualitätsbilanz 73 Prozent fahrplangemäß. Die Qualität der S-Bahn ist also schlecht, aber eben nicht so schlecht, wie viele denken.

Der möglicher Grund für dieses extrem negative Image liegt in massiven  Berichterstattung über die S-Bahn. Diese hat inzwischen über Berlin hinaus ein extrem schlechtes Image. Das hat sie natürlich nicht grundlos, vor allem im Winter ist die Qualität der S-Bahn Verbindungen mangelhaft. Doch inzwischen ist das Klagen über verpasste Anschlüsse und übervolle Züge zu einer Art Kult geworden: Kolumnisten machen die S-Bahn zum Ziel ihres Spotts, im Internet kursiert das Spiel „Fahrgast, ärgere dich nicht!“ Und jeder Berliner, der zu spät zu einem Termin kommt, kennt nur noch eine Ausrede: Die S-Bahn fuhr nicht! Und dabei spielt es  keine Rolle, ob das tatsächlich so war.

Interessanterweise wird die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit von Bussen zwar auch schlechter bewertet, als sie tatsächlich ist, jedoch nicht ganz so schlecht wie bei der S-Bahn: Die Befragten gaben den Anteil an fahrplanmäßig gefahrenen Bussen mit durchschnittlich 76 Prozent an, tatsächlich beträgt er 84 Prozent. Und auch das hat Gründe: Die BVG, insbesondere die Busse, waren bis vor ein paar Jahren etwa das, was die S-Bahn heute ist: durch ihre Unzuverlässigkeit Ziel von Hohn und Spott. Doch seit Mitte 2009 dominiert das Thema S-Bahn die Medien, die Probleme der BVG rückten in den Hintergrund.

Doch auch das ändert sich im Moment: Der Skandal um den Großflughafen BBI wird die Medien vermutlich noch lange beschäftigen und zieht eine Menge Spott auf sich. Die S-Bahn ist vorerst also nicht das erste Opfer des Satire. Jedenfalls bis zum Winter.

Hannah Zabel

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