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Schule: Unterwegs mit Zwerg Riese

Seit sechs Monaten rollt der neue Toyota Yaris über die Straßen. Im Alltag erweist sich der Kleine als durchaus familientauglich

Als Opa Erwin vor vier Jahren voller Stolz sein Auto für den Ruhestand vorstellte, war ihm das Gespött der ganzen Familie sicher. Nach den Dienstwagen der Vorjahre – etwa BMW und Audi – war die Wahl auf einen Toyota Yaris gefallen. Die Hälfte der Verwandtschaft kannte dieses Gefährt überhaupt nicht, die andere Hälfte wusste, das war irgend so eine kleine Schüssel aus Fernost. Jedenfalls war dieser Wechsel zu gewaltig, um sang- und klanglos über die Bühne zu gehen. Wir, seine Kinder, fragten, wann er sich denn wieder ein richtiges Auto zulegen wollte. Seine Enkel, also unsere Kinder, freuten sich, weil sie glaubten, in dem kleinen Auto keinen Platz mehr zu haben. Sie hassten es bislang immer, beim kettenrauchenden Opa mitfahren zu müssen.

Sicher, die Entscheidung war vernünftig. Ein Rentner braucht keine Familienkutsche. Und Toyota genoss schon damals einen guten Ruf in Sachen Pannenstatistik. Aber sollten das die Früchte jahrzehntelanger Arbeit sein? Standen unsere Eltern vor dem sozialen Abstieg? Nichts dergleichen. Opa Erwin blieb einfach cool und lud seine Familie ans Yaris-Steuer.

Da blieb den Spöttern die Luft weg. Das kleine Ding, das unter anderem mit einem sündhaft teuren Sportpaket ausgestattet war, sah nicht nur klasse aus. Es machte auch richtig Spaß. Wie an die Straße geheftet konnte man mit ihm durch die Kurven zirkeln und hatte in allen Lebenslagen Gokart-Gefühle. Und jetzt, vier Jahre später, kommt noch ein Weiteres hinzu – Opa Erwins Dauertest-Ergebnis: Vier Jahre ohne Stress. Keine Werkstattaufenthalte, keine Pannen, günstige Wartungen und Inspektionen.

Das ist kein Einzelfall. Laut ADAC-Pannenstatistik landete der Yaris, ebenso wie viele andere Toyota-Modelle, durchweg auf vorderen Plätzen. Die Kunden warteten gespannt auf das Nachfolgemodell des seit 1999 gut 140 000 Mal in Deutschland verkauften Yaris. Seit Januar 2006 rollt die neue Generation nun über die Straßen und macht (auch ohne Sportpaket) einen durchtrainierten Eindruck.

Das äußere Erscheinungsbild ist zwar eher rundlich geworden, wirkt dabei aber sehr kraftvoll. Die Motorhaube fällt in steilem Bogen nach unten ab, was einerseits zur Folge hat, dass sich das vordere Ende nur erahnen lässt. Andererseits wirkt der Toyota wie ein kleiner Muskelprotz, der nur darauf wartet, ins Getümmel der Großstadt zu toben.

Obwohl der Kleine rundum gewachsen ist, passt er mit einer Länge von 3,75 Meter noch immer in jede Parklücke. Und auch die Kinder steigen gern ein (solange kein rauchender Opa mitfährt), denn innen bietet er überraschend viel Platz. Selbst vier Erwachsene können bequem sitzen und halten es auch gut auf längeren Strecken aus.

Der Kofferraum ist zwar klassenbedingt eher für den Einkauf als für den Familienurlaub konzipiert. Mindestens 272 Liter Gepäck passen hinein. Das reicht für zwei Selterkisten und die Einkaufstaschen. Wenn allerdings ein bisschen mehr Raum benötigt wird, lässt sich die Rückbank komplett um 15 Zentimeter nach vorn verschieben oder auch auch umklappen – und dann wird er ein echter Kleintransporter. Da bietet er sogar genug Platz für den Einkauf im Baumarkt. Auch die vielen kleinen Ablagefächer nehmen Getränkeflaschen, Kuscheltiere, Sonnenbrillen und allerlei sonstigen Reisebedarf großzügig auf. Umso ärgerlicher wirkt der Plastik-Look. Innen wie außen macht der Yaris zwar einen sehr sauber verarbeiteten Eindruck. Die Armlehnen in den Türen oder das Armaturenbrett, in das einige der Ablagefächer integriert sind, könnten aber ein wenig mehr Liebe zum Material vertragen.

Die zwischen Fahrer und Beifahrer platzierten digitalen Anzeigen sind ähnlich wie beim Vorgänger sehr futuristisch gestaltet. Man gewöhnt sich aber sehr schnell daran, dort Geschwindigkeit, Drehzahl oder Benzinstand abzulesen. Ein großes Geheimnis der Designkunst dürfte aber das Navigationsdisplay bleiben. Das ist nämlich kleiner als eine Kreditkarte, mithin völlig untauglich im Alltag; offensichtlich erfüllt es einen höheren ästhetischen Zweck, der sich uns bislang nicht erschließt.

Völlig überzeugt dagegen hat das Fahrwerk des Yaris. Selbst bei höheren Geschwindigkeiten auf der Autobahn liegt der Kleine ruhig auf der Straße, Kurven nimmt er souverän, ohne den Fahrer zu überraschen. Holpriges Kopfsteinplaster schluckt er, ohne ein Murren der Fahrgäste heraufzubeschwören.

Der gefahrene 1,3-Liter-Benzinmotor verrichtete dabei in allen Drehzahlbereichen unaufgeregt seine Arbeit. Ein bisschen mehr Kraft wünscht man sich allerdings beim Beschleunigen, die 87 PS gehen eher zurückhaltend ans Werk. Immerhin ist die Spitzengeschwindigkeit mit 170 km/h angegeben. Schneller wollten wir auch gar nicht unterwegs sein. Der Verbrauch war im Mix auf Stadt, Land, Autobahn mit gut sieben Litern nicht rekordverdächtig sparsam, aber akzeptabel.

Ein deutliches Plus vergeben wir für die Sicherheitsausstattung. In allen Versionen hat der Yaris nicht nur Fahrer- und Beifahrerairbags, sondern überdies Seitenairbags in den Vordersitzen sowie seitliche Kopfairbags vorn und hinten – und, als Erster in seinem Segment, serienmäßig einen Knieairbag für den Fahrer. Beim NCAP-Crashtest hat der ab knapp 11 000 Euro teure Yaris damit die Bestnote von fünf Sternen erreicht. Andere Sicherheitsausstattungen wie ein Stabilitätsprogramm oder eine Antischlupfregelung sind gegen Aufpreis ebenfalls erhältlich.

Früher oder später wird Opa Erwin sicher wieder Ausschau nach einem neuen Auto halten. Von einem Teil der Familie wird er dann den dringenden Rat bekommen, sich mal den kleinen Nachfolge-Yaris anzusehen. Denn Gespött braucht sich dieser Kleine nun wirklich nicht gefallen zu lassen.

DIE GRÖSSE

Gegenüber dem Vorgänger ist der neue Yaris um 11 Zentimeter in der Länge auf 3,75 Meter, um 3,5 Zentimeter in der Breite auf 1,69 Meter und um 3 Zentimeter in der Höhe auf 1,53 Meter gewachsen. In den Gepäckraum passen mindestens 272 Liter (das ist ein Drittel mehr als beim Vorgänger), mit umgeklappter Rückbank bis zu 1183 Liter. Die Rückbank ist im Verhältnis 60:40 geteilt, und die Sitze lassen sich gemeinsam oder unabhängig voneinander auch um 15 Zentimeter verschieben.

DIE AUSSTATTUNG

Der neue Yaris ist in allen Leistungs- und Ausstattungsstufen als Drei- und Fünftürer erhältlich. Neben der Basisversion gibt es die Ausstattungen Luna, Sol und Executive. Das günstigste Modell ist für 10 950 Euro zu haben. Der 1,3-Liter-Benziner kostet mindestens 13 050 Euro. Serienmäßig sind unter anderem die elektrische Servolenkung, Knieairbag für den Fahrer, Airbags für Fahrer und Beifahrer, Seitenairbags in den Vordersitzen sowie großflächige Kopfairbags.

DIE EXTRAS

Für alle Modelle kostet ein 6-fach CD-Wechsler 450 Euro. Die Einparkhilfe gibt es für 370 Euro, eine Bluetooth-Freisprecheinrichtung ab 295 Euro. rok

Roland Koch

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