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Puls Camps gibt es in verschiedenen Bezirken. Hier sind die Teilnehmer:innen in Mitte zu sehen.

© Puls Camp e.V.

Urlaub vom Ego: In Puls Camps lernen Berliner Jugendliche ehrenamtlichen Einsatz

In Feriencamps erleben Jugendliche Gemeinschaft und engagieren sich ehrenamtlich. Jeden Tag können sie eine andere Hilfsaktion aussuchen

An einem Freitag im August sitzen 21 Jugendliche in einem Raum des Jugendkulturzentrums Pumpe in Mitte und sprechen darüber, wo und wie sie sich heute engagiert haben. Die meisten tragen ein schwarzes T-Shirt mit der neongrünen Aufschrift „Mach mal Urlaub vom Ego“. Darunter zieht eine zackige Herzkurve die Wörter „puls camp“. Was hat es damit auf sich?

Das Wort „Puls" bedeute in diesem Kontext „die Auswirkungen von Herzaktionen auf die direkte Umgebung“, erklärt Tina Uhlmann, Vorsitzende vom Verein Puls Deutschland e.V.. Konkret ist das Puls Camp ein kostenloses Feriencamp für junge Menschen im Alter von 14 bis 25 Jahren. Sie finden bundesweit in fünf Städten statt, darunter auch in drei Berliner Bezirken (Mitte, Marzahn-Hellersdorf und Charlottenburg-Wilmersdorf).

Die teilnehmenden Jugendlichen übernachten dann eine Woche zusammen an einem Ort – wie hier in den Räumlichkeiten der Pumpe. Sie lernen neue Leute kennen, „chillen“ und essen zusammen, machen Lagerfeuer. Aber das ist nicht alles, sonst wäre es kein „Urlaub vom Ego“.

„Wir motivieren junge Leute, sich ehrenamtlich zu engagieren“, sagt Uhlmann. Es gehe darum, mehr „Herzaktionen“ ins eigene Leben zu bringen und das Miteinander in der Gesellschaft besser zu machen. Konkret läuft das im Camp so ab: Die Jugendlichen können sich täglich aus einem Pool von Standortpartner:innen eine andere „Herzaktion“ aussuchen und so in verschiedene Engagements schnuppern.

Sie helfen bei der Obdachlosenhilfe, bei der Tafel und im Naturschutzzentrum

So haben die Jugendlichen vom Puls Camp Mitte bei der Essensausgabe der Berliner Obdachlosenhilfe am Leopoldplatz geholfen, den Innenhof vom Haus der Statistik am Alexanderplatz aufgeräumt und in der Gemeinschaftsunterkunft Guter Hirte farbenfrohe Sitzgelegenheiten gebaut.

Auch im Feriencamp Marzahn-Hellersdorf krempelten Jugendliche die Ärmel hoch. Im Naturschutzzentrum Schleipfuhl befreiten sie Beete vom Unkraut und kürzten die Wiese mit einer Sense. Bei „Laib und Seele“, einer Initiative der Berliner Tafel, sortierten sie Lebensmittel und lernten außerdem mehrere Anlaufstellen für Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen kennen.

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Tina Uhlmann und ihr Team organisieren das Camp komplett ehrenamtlich. Die meisten arbeiteten in einer Behörde im öffentlichen Dienst, da gebe es die Möglichkeit, Sonderurlaub zu beantragen. Der Organisationsaufwand halte sich trotzdem in Grenzen. „Wir organisieren das Camp schon das elfte Jahr“, sagt die Gründerin des Vereins. Puls arbeite viel mit Freiwilligenagenturen zusammen, die schon Kontakte zu den Aktionspartner:innen haben.

Wie alles anfing? Für viele Menschen sei Engagement etwas Abstraktes. „Nur wenn man etwas macht und erlebt, merkt man, was es mit einem selbst macht.“ Das Camp soll Jugendlichen den ersten Schritt zum Engagement erleichtern und auch diejenigen begeistern, die damit bisher noch keine Berührungspunkte hatten.

Formate für junge Menschen fehlen

„Die wenigsten Jugendlichen klopfen bei Vereinen oder Freiwilligenagenturen selbst an die Tür und fragen, was man machen kann“, erklärt Uhlmann. Es fehle außerdem an Formaten für junge Menschen. „Die Obdachlosenhilfe macht das extrem gut: ungezwungen und unkompliziert. Man kann sich einfach in einem Google-Dokument eintragen und mithelfen.“

Ob sie jetzt, nach fünf Tagen, nicht müde seien? Die Augen der 18-jährigen Luisa Ilper schauen wach, sie ist überhaupt nicht müde – dafür sei zu viel Spannendes passiert. „In dieser Woche kann jeder hier ganz viel ausprobieren und auch rausfinden: Was ist für mich anstrengend und was mache ich, ohne dass ich viel Energie reinstecken muss.“

So empfand sie ihren Besuch in einer Kita eher als anstrengend und sei nun „voller Respekt an alle Erzieher“. Anders empfand sie es beim Sprachcafé und Sortieren der Kleiderkammer bei „Moabit hilft e.V.“, einer Nachbarschaftsinitiative, die sich für den Schutz von Geflüchteten einsetzt. Luisas Fazit nach fünf Tagen Engagement: „Ich dachte früher, es ist aufwendig, sich zu engagieren, aber letztendlich ist es total leicht. Es macht so viel Spaß, dass man gar nicht merkt, dass es Arbeit ist.“

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Das Puls-Team spricht auch gezielt Gemeinschaftsunterkünfte an, sodass in den Camps auch junge Menschen mit Fluchterfahrung teilnehmen. Einer von ihnen – im Camp in Mitte sind es nur junge Männer – ist Abdoul Karim Kamba Sylke, der seit knapp zwei Jahren in Charlottenburg lebt. Er komme aus Guinea, erzählt Abdoul, und kam mit Zwischenstationen in anderen Ländern nach Deutschland.

Jetzt lebt er seit knapp zwei Jahren in Charlottenburg. Dem 19-Jährigen gefällt die Hauptstadt, „Berlin ist anders als andere deutsche Städte – offener“, sagt er. Das Camp und die „Herzaktionen“ haben ihm Spaß gemacht, normalerweise lerne er nicht so viele Menschen kennen – jetzt hat er neue Freunde.

Sie sind bei den Freiwilligentagen "Gemeinsamen Sache" dabei

Engagement kann auch ansteckend sein. Ferdinand Mayer aus Pankow ist mit seinem Cousin schon zum zweiten Mal beim Puls Camp dabei. Die Schule lasse nicht so viel Raum für ehrenamtliche Tätigkeiten. Einmal habe der 17-Jährige mit Mitschüler:innen Essen an wohnungslose Menschen ausgeteilt. „Das war so der Renner, dass wir danach wieder geholfen haben.“

Auch bei den Freiwilligentagen „Gemeinsame Sache“ im September sind die Jugendlichen vom Puls Camp Mitte dabei. Aktuell planen sie noch an ihrer Aktion. Eine Idee war es, einen Tanz aufzuführen und so Spenden für die Aktionspartner:innen zu sammeln. Doch vielleicht wird es einfach wieder eine gemeinsame „Herzaktion“.

Mehr Infos: pulscamp.de

Weitere Mitmachmöglichkeiten bei der Aktion "Gemeinsame Sache"

Graffiti-Projekt im „Elfenfels“

Der Hort Elfenfels braucht einen neuen Anstrich. Für die Außenfassade werden am Mittwoch, 15. 9. von 13 bis 16 Uhr Helfer:innen gesucht, die Lust haben, diese mit Graffiti zu bemalen. Spannend ist dabei nicht nur der künstlerische Aspekt, sondern auch die Technik. Die Kinder im Hort sind sicherlich ganz interessiert und unterstützen gerne. Ort: Jeanette-Wolff-Str. 17, Neukölln. Kontakt: Tel. 3250 5684 oder info@nez-neukoelln.de. Mehr unter: nez-neukoelln.de

Stolpersteine putzen mit „Aufstehen gegen Rassismus“

Wer am Mittwoch, 15. 9., von 18.30 bis 20.30 Uhr Stolpersteine im Schillerkiez putzen möchte, kann sich unter info@nez-neukoelln.de für diesen Putz-Spaziergang anmelden. Der Treffpunkt wird anschließend per Mail mitgeteilt. Während der Freiwilligentage finden verschiedene Putz-Spaziergänge mit Neuköllner Projekten und Initiativen statt. Einen Überblick gibt es unter nez-neukoelln.de/freiwilligentage_2021. Kontakt: Tel. 3250 5684 oder info@nez-neukoelln.de

Wir sind füreinander nah!

Das Stadtteilzentrum Villa Mittelhof ruft alle Steglitzer und Zehlendorfer auf, vom 10. bis 18. 9. den Nachbarn eine Freude zu machen und ihnen dadurch ein Lächeln zu schenken: Sei es ein kleiner Blumenstrauß vor der Tür, eine nette Postkarte im Briefkasten, ein Stück selbstgebackener Kuchen, eine Einladung zum Plausch vor dem Haus oder an der Wohnungstür. Es gibt so viele Möglichkeiten, anderen ein Lächeln zu schenken. Machen Sie mit – und schicken Sie ein Foto von der Aktion an: nachbarschaftshilfe@mittelhof.org. Ort: 12165 Steglitz, Mehr Infos: www.mittelhof.org

Gemeinsam mit Nachbarn frühstücken

Der Kiezclub Gerard-Philipe organisiert im Kunger-Kiez am 10. 9. von 11 bis 13 Uhr ein gemeinsames Frühstück für Nachbarn und alle, die Lust haben, dabei zu sein. Der Kiezclub freut sich über freiwillige Helfer:innen. Karl-Kunger-Straße 30, Treptow. Kontakt: 0151-15074679, E-Mail: kempter.soz @ ba-tk.berlin.

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Webseite gemeinsamesache.berlin

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