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Bildungslücken schon in jungen Jahren? Berliner Politiker schlagen aufgrund neuer Zahlen Alarm.

© dpa

Vergleichsarbeiten Deutsch & Mathematik: Opposition: Bildungspolitik des Senats gescheitert

Die Ergebnisse der diesjährigen Vergleichsarbeit "Vera 3" haben bei vielen Politikern heftige Kritik am Schulsystem hervorgerufen. Beim Pflichttest hatten die Grundschüler im Schnitt nur jede zweite Aufgaben lösen können.

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Das schlechte Abschneiden der Berliner Drittklässler im bundesweiten Vergleichstest „Vera 3“ hat im Abgeordnetenhaus heftige Reaktionen ausgelöst. Die Oppositionsfraktionen sprachen von „katastrophalen Ergebnissen“. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hielt sich jedoch mit einem Urteil zurück. „Ich persönlich hatte schon immer eine innere Sperre gegen jahrgangsübergreifendes Lernen“, sagte er bei einer Schulbesichtigung in Marzahn. Pädagogen hätten ihn aber überzeugt, dass dies der richtige Weg sei. Gleichzeitig verteidigte er die Grundschulreform. „Wegen eines schlechten Ergebnisses wird JüL sicher nicht wieder abgeschafft.“ Zudem warnte er vor voreiligen Schlüssen. Man müsse den Reformen Zeit geben richtig zu greifen. Wie berichtet, konnten die Schüler nur knapp die Hälfte der Aufgaben in Deutsch und Mathematik lösen.

Im Haus von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) wollte man erst gar nicht von schlechten Ergebnissen sprechen. Bei Vera gehe es nicht darum, hinterher ein Ranking der Bundesländer aufzustellen. Vielmehr sollten die Schulen erfahren, welchen Wissensstand ihre Schüler haben, sagte Sprecherin Beate Stoffers.

Entsetzt zeigte sich die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Mieke Senftleben, darüber, dass die Resultate im Vergleich zum Vorjahr schlechter geworden seien. Rot-Rot könne sich nicht damit herausreden, dass Schulreformen wie JüL mit der flexiblen Schuleingangsphase noch nicht greifen konnten, denn gerade diese Kinder seien damit konfrontiert worden. JüL müsse auf den Prüfstand, sagte Senftleben. Sie forderte zudem mehr vorschulische Bildung in der Kita. Dafür habe der Senat kein Konzept. CDU-Bildungsexperte Sascha Steuer kritisierte ebenfalls die flexible Anfangsphase; noch nie sei die Zahl der Drittklässler, die ihre Klasse wiederholen mussten, so hoch gewesen. Sie habe sich mit JüL verdoppelt. Es sei ein Fehler, dass das jahrgangsübergreifende Lernen für die Schulen verpflichtend sei. Man müsse vielmehr auf Freiwilligkeit setzen.

Von einem „kläglichen Scheitern“ der Bildungspolitik des Senats spricht Özcan Mutlu von Bündnis 90/Grüne. „Diese Schülergeneration hat die Bildungsreform bereits durchlaufen.“ Der Senat habe versäumt, die Reform sowohl materiell als auch personell zu unterfüttern. Den Schulen sei das eigentlich richtige jahrgangsübergreifende Lernen übergestülpt worden, ohne dass die Rahmenbedingungen dafür geschaffen und die Lehrer entsprechend qualifiziert wurden. Der diesjährige Vergleichstest hatte gezeigt, dass viele Grundschüler die von ihnen erwarteten Leistungen nicht erfüllen können. Ein Großteil der Drittklässler hat starke Schwächen in den Fächern Deutsch und Mathematik. Die Auswertungen der Arbeiten waren zu Beginn der Woche vom Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg (ISQ) veröffentlicht worden. Es war erstmalig für die Tests verantwortlich.

Den Ergebnissen des ISQ zufolge blieb im Bereich „Leseverständnis“ diesmal mehr als ein Drittel der Geprüften unter dem Mindeststandard. Dieser setzt voraus, dass der Schüler „benachbarte Informationen miteinander verknüpfen kann“. Beim Rechnen erfüllte sogar nur etwas mehr als die Hälfte aller Test-Teilnehmer die Mindestanforderungen – 43,4 Prozent kamen nicht über Kompetenzstufe 1 von 5 hinaus. Zudem schnitten Migrantenkinder erheblich schlechter ab als ihre deutschstämmigen Mitschüler.

Auch im Verglich zum Vorjahr sehen die diesjährigen Ergebnisse schlecht aus. 2009 lag die Durchschnittsquote in Deutsch noch um zwölf Prozentpunkte höher, in Mathematik immerhin um zwei Prozentpunkte. Wolfgang Wendt, kommissarischer Leiter des ISQ, warnt vor voreiligen Schlüssen. Den diesjährigen Ergebnissen liege ein verändertes Auswertungsverfahren zugrunde, die Zahlen seien deshalb nicht mit denen des Vorjahres vergleichbar. „Die neue Vera 3 ist ganz anders konzipiert. Es ist möglich, dass die Fragen schwieriger waren als die 2009 gestellten“, sagte Wendt.

Detaillierte Ergebnisse sind auf der Website des Institutes einsehbar (www.isq-bb.de).

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