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Schule: Volkswagen Touareg – das 100-Prozent-Auto

Sportlicher Geländeprofi mit dem Komfort einer Oberklasselimousine / Besonders sportlich als Zehnzylinder-Turbodiesel

Von Ingo von Dahlern

Fast so wie ein hochbeiniger Kombi steht er da - der Touareg von Volkswagen. Er ist das jüngste Pferd im Stall der Wolfsburger und zugleich ein Auto, wie man es in Wolfsburg noch nie gebaut hat. Ein Auto der oberen Klasse und nach der Limousine Phaeton nun schon das zweite in dieser exklusiven Riege. Aber nicht nur Limousine, wie das edle Produkt aus der Gläsernen Manufaktur in Dresden, sondern auch Geländewagen - Geländeprofi, um es gleich vorwegzunehmen, auch wenn dieses Auto mit seinen klaren Linien und den breiten Straßenreifen nicht unbedingt danach aussieht.

Doch schon die die Geländepartien zum Warmlaufen vor einem Ritt durch ein für die meisten Autos unüberwindbares Terrain in den südlichen Ausläufern der Pyrenäen ließen uns mehr als einmal staunen und ebenso oft den Atem stocken. Etwa, als er auf der Partie mit extremer Verschränkung meist zwei und manchmal sogar drei Räder in der Luft hatte und trotzdem zielstrebig vorwärts drängte. Und hätten uns die Gurte an der steil abfallenden Böschung, an der wir horizontal entlang hangelten, nicht fest gehalten und die Seitenwand der Mittelkonsole nicht die Funktion des Sitzes übernommen, dann wären wir in dieser extremen Schräglage wohl auf den Beifahrersitz gerutscht. So viel Seitenneigung schien uns einfach zu riskant. Doch der Touareg klebte regelrecht an der Schräge, war, auch wenn es aus unserer Perspektive bereits bedrohlich aussah, noch weit von seiner Kippgrenze entfernt, die bei 45 Grad liegt.

Noch steiler war der Winkel der extremen Steigung, die mit 45 Grad in die Höhe führte. 100 Prozent Steigung bedeutet das nach dem Maßstäben der Straßenbauer. Der Touareg nahm sie nicht nur behände, sondern blieb auch mitten während der Fahrt geradezu am Hang kleben, als wir einfach vom Gas gingen. In Sekundenbruchteilen griff bei dem hier gefahrenen V10 TDI mit Automatik ein vollautomatisch agierender Berganfahr-Assistent ein: das Auto stand am Steilhang, ohne dass wir irgendeine Bremse ziehen mussten. Und als wir dann wieder Gas gaben, kroch es weiter, als sei nichts geschehen, um sich jenseits der Kuppe ebenso steil in die Tiefe zu stürzen. Und hierbei griff dann der automatische Bergabfahr-Assistent ein, so dass wir ohne Gas aber auch ohne Tritt auf die Bremse mit konstanter Geschwindigkeit sanft bergab rollen konnten

Nach solchen Vorübungen wurde die anschließende Geländefahrt mit Flussdurchfahrt, über steile felsige Hänge, mit extremen Schrägen, Steigungen und Gefällen sowie engen Kurven und schmalen Durchfahrten zwischen Bäumen und kantigen Felsen zu einem wahren Erlebnis. Verblüffend immer wieder, wie handlich der Wagen sich immer wieder zeigte, wie sein aufwändiges 4XMotion-Allradsystem mit Verteilergetriebe und automatisch sperrendem Zentraldifferenzial sowie sperrbarem Hinterachsdifferenzial automatisch dafür sorgte, dass die Antriebskräfte stets an die Räder geleitet wurden, die ausreichend Traktion boten.

So überwand der auch im Gelände auf breiten Straßenreifen fahrende Touareg, unterstützt durch die auf alle vier Räder wirkende und mit Bremseneingriff arbeitende elektronische Differenzialsperre mit in jeder Situation optimaler Kraftverteilung sicher jedes Hindernis, ohne dass auch nur ein Eingriff des Fahrzeuglenkers nötig war. Der musste nur feinfühlig Gas geben und Bremsen, das Lenkrad fest in der Hand halten und zielgenau lenken, wobei als besondere Hilfe in schwierigen Situationen dem, der nicht mehr genau weiß, wie die Vorderräder stehen, eine Anzeige im großen Mittelkonsolendisplay auf Wunsch den aktuellen Lenkeinschlag zeigt.

Auf kurzen Straßenstücken zwischen den Geländepartien konnten wir dann auch einmal kräftiger aufs Gaspedal treten. Und dabei ließ der Touareg bereits ahnen, welche gewaltigen Kraftreserven in beiden der anfangs angebotenen Triebwerke stecken, die bei Fahrt mit dem Untersetzungsgetriebe hier besonders spontan ansprachen - dem neu entwickelten Fünfliter-V10-Turbodiesel und dem 3,6-Liter-V6, der eng verwandt ist mit dem Triebwerk des Phaeton. Mit seiner kontinuierlichen Nockenwellenverstellung bringt es der mit schmalem Zylinderwinkel von nur 15 Grad gebaute Vierventiler auf eine Leistung von 162 kW (220 PS) und ein höchstes Drehmoment von 305 Nm bei 3200/min. Das genügt, den leer immerhin 2,2 Tonnen wiegenden Touareg in nur 9,9 Sekunden auf Tempo 100 zu beschleunigen und maximal 201 km/h schnell zu machen, mit Luftfederung sogar 206 km/h schnell.

Mit 7,8 Sekunden für den Spurt auf Tempo 100 und maximal 225 km/h mit Luftfederung und Sechsgang-Automatik bewegt sich der Touareg mit dem zweiten Triebwerk bereits auf Sportwagenniveau - und das mit einem Diesel, der mit seiner Leistung von 230 kW (313 PS) und seinem höchsten Drehmoment von 750 Nm bei nur 2000/min auch die neuesten Turbodiesel für die Spitzenmodelle von BMW und Mercedes-Benz in den Schatten stellt und einmal mehr zeigt, welche gewaltigen Fortschritte diese Motorenbauart gerade im letzten Jahrzehnt gemacht hat.

Durchschnittlich 12,2 l/100 km verbraucht der bullige Zehnzylinder mit seiner mit bis zu 2050 bar arbeitenden Pumpe-Düse-Hochdruckeinspritzung, dem man nicht anhört, nach welchem Verbrennungsprinzip er arbeitet. Eine kleine Verzögerung zeigt er allerdings beim spontanen Tritt aufs Gaspedal - gleich danach kommt aber ein gewaltiger Energieschub, und der Touareg, der sich eben noch durchs Gelände quälte, wird zum agilen Sportler, der mit hohem Tempo enge Kurven umrundet und auf freier Autobahn wie jede normale Oberklasselimousine leichtfüßig dahingleitet. Es ist Volkswagen mit diesem Auto tatsächlich gelungen, die Charaktere einen Geländeprofis, eines luxuriösen Reisewagens und eines flinken Sportlers unter einen Hut zu bringen - und das ohne schmerzliche Kompromisse.

Angenehm überrascht beim ersten Kennenlernen waren wir von den hohen Qualitäten der konventionell mit Stahlfedern ausgestatten Fahrwerksvariante mit Einzelradaufhängung rundum und Doppelquerlenkerachsen vorn und hinten sowie der Fahrdynamikregelung ESP. Sie überzeugte sowohl durch agiles Handling als auch durch Oberklasse-Fahrkomfort und erlaubte es einem jederzeit, dieses recht hohe Auto sicher im Griff zu halten. Noch mehr Dynamik bietet die beim kräftigen Touareg V10 TDI als Serienausstattung und sonst als Option angebotene besonders komfortable Luftfederung mit ihrer geschwindigkeitsabhängigen zweistufigen Fahrwerksabsenkung und der permanenten Niveauregulierung, die zugleich mit ihrer variablen Fahrwerkshöhe die Geländeeigenschaften verbessert.

Die bis zu fünf Personen, die im Touareg Platz haben, finden alles an Sicherheits- und Komfortausstattung, was ein Oberklasseauto zu bieten hat. So gibt es Front-, Seiten- und Fenster-Airbags, Isofix-Kindersitzbefestigungen, komfortable vielfach verstellbare Sitze vorn, eine asymmetrisch geteilte und vorklappbare Rückbank, einen Laderaum mit einem Volumen von 555 bis 1570 Liter (500 bis 1525 Liter wegen einer zweiten Batterie beim V10 TDI ) mit separat zu öffnender Heckklappe und zahlreiche große und kleine Ablagen. Der allen Passagieren komfortablen Platz bietende Innenraum selbst präsentiert sich mit seinen klaren Linien hochwertig und luxuriös. Es gibt ein übersichtlich gestaltetes Armaturenbrett und eine Mittelkonsole mit gut ablesbaren und leicht bedienbaren Instrumenten und Schaltern, eine aufwändige Klimatisierung mit bis zu vier Zonen, hochwertige Informations- und Unterhaltungstechnik und Details wie einen schlüssellosen Zugang (Keyless Access), eine elektrisch ein- und ausfahrbare Anhängerkupplung für bis zu 3500 Kilo und Bi-Xenon-Scheinwerfer sowie 17- und 18-Zoll-Leichtmetallräder. Die Touareg-Preise bewegen sich zwischen 39 200 und 68 000 Euro.

Fazit: wie schon bei der Oberklasselimousine Phaeton, mit der Volkswagen konsequent Neuland betrat, hat man auch beim Touareg, was Technik, Fahrverhalten und Ausstattung angeht, keine ernsten Fehler gemacht, sich gewissermaßen aus dem Stand mit kühnem Sprung an die Spitze gesetzt. Mit dem Touareg bietet Volkswagen einen Vollprofi auch für extremes Gelände an, der beste Voraussetzungen mitbringt, auch in vielen Exportländern und hier allen voran Nordamerika, zu einem Bestseller zu werden. Und bei uns, wo man sich fast durchweg auf ausgebauten Straßen bewegt? Auch hier gibt es für Fahrzeuge dieser Art ein durchaus konkretes Interesse. Und wenn man an unsere Straßen denkt und deren Verfall in den nächsten Jahren so rapide fortschreitet, wie man es auf immer mehr Strecken erlebt, bei denen sich die für den Unterhalt der Straßen Verantwortlichen mit Tempo 30-Schildern innerorts und Tempo 80 auf Schnellstraßen und dem Zusatz „Straßenschäden" aus ihrer Verantwortung für fehlende Instandhaltung und Folgeschäden an den Fahrzeugen stehlen, dann hat Volkswagen vielleicht in weiser Vorausschau mit dem Touareg ein Auto auf die Räder gestellt, dass uns trotz Schlaglöchern, Bodenwellen, Spurrinnen und zerbröselnden Fahrbahnen auch in Zukunft flottes und komfortables Vorankommen ermöglicht.

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