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Schule: Vom Band – und dann in eine Firma

Trotz hoher Rabatte werden weniger Autos an Privatleute verkauft. Mehr als jedes zweite ist ein Geschäftswagen

Extra für ihn hat man sündhaft teure Verkaufspaläste gebaut, hat freundliche Fachberater eingestellt und regelmäßig die neuesten Karossen ins Scheinwerferlicht gerollt – doch der traditionelle Autokäufer zeigt sich von all dem unbeeindruckt.

Auch die immer umfassenderen Sonderaktionen mit hohen Preisnachlässen schaffen es nur in begrenztem Maße, das Interesse des Privatmanns zu wecken. Fachleute rechnen damit, dass dies noch eine Weile so bleiben oder sogar noch deutlichere Ausmaße annehmen wird. Und das, obwohl es kaum bessere Zeiten gab, günstige Neuwagen zu erwerben.

Auf den ersten Blick sieht das Geschehen rund um den Autoverkauf gar nicht so schlecht aus. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) in Flensburg ist die Zahl der neu zugelassenen Personenwagen in den ersten sieben Monaten des Jahres zwar zaghaft, aber immerhin um 0,8 Prozent gestiegen, im September sogar um 4,5 Prozent. Doch das liegt nicht daran, dass die private Kundschaft die Autohäuser stärker frequentiert hat. Nach Untersuchungen des Prognoseinstituts B & D Forecast in Leverkusen bewegt sich der Anteil der privaten Käufe auf einem historischen Tief. Demnach wurden in der ersten Hälfte des Jahres nur noch 46,5 Prozent alle neuen Pkw in Deutschland auf private Halter zugelassen.

„Beim Verhältnis von Geschäfts- zu Privatzulassungen haben wir in den letzten eineinhalb Jahrzehnten eine Umkehr erlebt“, sagt Helmut Blümer, Sprecher des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) in Bonn. Früher habe man ein Drittel gewerbliche und zwei Drittel private Kunden gehabt. „Heute bewegen wir uns in Richtung 60 Prozent gewerbliche Verkäufe.“ Laut Blümer ist sogar ein Anteil der Privatkäufer von nur noch 38 oder 39 Prozent in naher Zukunft nicht unrealistisch.

Allerdings bedeutet diese Verschiebung nicht, dass ein Großteil der Deutschen nun im Firmenwagen unterwegs ist. „Der Bereich der gewerblichen Zulassungen deckt vieles ab“, erklärt Nick Margetts vom Marktbeobachter Jato Dynamics in Limburg. Neben Firmenwagen gehören auch Mietwagen und nicht zuletzt die sogenannten Tageszulassungen der Händler zu diesem Bereich.

Fahrzeuge also, die dann bald wieder dem Privatkäufer angeboten werden. Ein Auto mit Tageszulassung ist zwar kaum bewegt worden, aber deutlich billiger als ein „echter“ Neuer. Mietwagen kehren auch schon nach wenigen Monaten auf die Verkaufsflächen der Händler zurück. „Der Kunde hat mittlerweile verstanden, dass solche Fahrzeug gute Autos sind“, sagt Helmut Blümer. Also geht auch der Kauf gebrauchter Fast-Neu-Fahrzeuge zu Lasten der privaten Neuzulassungen.

Für die Autohersteller ist diese Situation kaum befriedigend. Mit der Folge, dass immer neue Aktionen gestartet werden, um den Autofahrer doch dazu zu bewegen, sich etwas Neues anzuschaffen: „Im Hinblick auf die Nachlässe geht es daher eher in Richtung Amerika als zurück“, sagt Prof. Ferdinand Dudenhöffer, Geschäftsführer von B & D Forecast. In den USA werden Neuwagen seit langem vor allem über Preisnachlässe verkauft.

„Die Nachlässe der Hersteller liegen schon bei durchschnittlich 17 Prozent“, so Dudenhöffer. „Es geht aber auch hinauf bis zu 30 Prozent. Für Autokäufer ist es eine Art Schlaraffenland.“ Nick Margetts warnt jedoch davor, zu glauben, jeder Käufer könne beim Markenhändler pauschal mit solchen Nachlässen rechnen: „Man muss sich die Angebote genau anschauen und vergleichen. Oft muss man schon eine perfekte Kombination aus Gebrauchtwagen und gewünschtem Neufahrzeug haben, um wirklich in den Genuss der angekündigten Nachlässe zu kommen.“ Außerdem haben die Angebote noch nicht dazu geführt, dass die Kauflust der Autofahrer steigt. Nach Ansicht der Experten liegt dies weiterhin an Ängsten wegen unsicherer Zukunftsperspektiven. Was für die Autohändler aber nicht nur Verdruss bedeutet – denn während die Verkäufer vorne den Staub von den ausgestellten Fahrzeugen wischen, herrscht in den Werkstätten dahinter emsige Betriebsamkeit: Statt der Investition in ein neues Auto, wird lieber in den Erhalt und die Wartung des alten investiert. „Die Auslastungen der Werkstätten liegt bei etwa 85 Prozent“, sagt Helmut Blümer.

Selbst das Thema Mehrwertsteuer oder deshalb mögliche, vorgezogene Preiserhöhungen konnten die Autofahrer bisher nicht mobilisieren. Laut B & D Forecast wird das Rabattniveau mindestens bis zum Jahresende erhalten bleiben. Für 2007 rechnet man eigentlich nur für die erste Januarwochen mit steigenden Zulassungen – weil vermutlich einige Käufer doch noch ihren Wagen im Dezember kaufen, die Erstzulassung aber erst 2007 vornehmen lassen. Danach allerdings wird mindestens bis Ende März mit noch mehr Ruhe in den Autohäusern gerechnet – was unter Umständen weitere Rabatt- und Sonderaktionen folgen lässt.gms

Heiko Haupt

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