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Schule: Was so ein Buchstabe doch ausmacht

Der Z4 hat schon immer polarisiert. Die Fraktion, die vom BMW-Roadster schwärmt, hat jetzt einen Grund mehr – die M-Version

Keine Ahnung, was Markus heute macht. Das ist ja auch alles über 20 Jahre her. Damals sind wir auf lippischen Landstraßen um die Wette gebrettert. Er im orangenen Audi 50 mit dickem Lederlenkrad, ich im gelben Renault 5 TS mit schwarzen Sportsitzen. Beide mit fetten Stereoanlagen, Udo Lindenberg volle Dröhnung. Die Heizer kommen. Die Blitzer kannten wir alle, logisch. Den dunkelblauen Granada konnte man schon von weitem erkennen, und die beiden Passats, DT-YK 74 und DT-SA 81, waren auffällig unauffällig.

Ach, wenn wir damals den Z4 M-Roadster gehabt hätten! Denn der ist ein Traumwagen für Jungs. Was für ein Geschoss. 343 PS, das ist der Renault von damals mal fünf und noch ein Schluck. Der geht ab, Wahnsinn. Aber weil die viele Power aus nur 3,2 Litern Hubraum kommt, muss man ihn treten. Es geht um Drehzahl, nicht um das Drehmoment untenrum, das schon jeder halbwegs gescheite Turbodiesel bietet. Wenn der Drehzahlmesser nur 2000 Touren zeigt, dröhnt der M-Roadster beim Tritt aufs Gaspedal mürrisch.

Das tut er auf den Bergstraßen von Andalusien, wo BMW den Wagen präsentiert, leider recht häufig, denn man kann ja auch auf wenig befahrenen Straßen nicht ständig jenseits aller Tempolimits durch die Gegend knallen. Mal wartet hinter der Kurve ein Trecker, mal kommt einem plötzlich ein Pulk von Radfahrern entgegen. Und so muss man viel schalten. Am Anfang kommt das serienmäßige Sechs-Gang-Getriebe hakelig rüber, aber man gewöhnt sich dran.

Wenn der Motor dann hochdreht, bietet er einen gewaltigen, turbinenartigen, süchtig machenden Bullersound. Bei offenem Verdeck – elektrisch, zehn Sekunden – ist Musik hören pure Verschwendung. Erstens weil die vier Endrohre schönere Musik machen und zweitens weil bei flotter Fahrt auch mal 20 Liter Super plus durch den Motor rauschen. Das sollte man dann wenigstens ausgiebig genießen, wenn man schon auf Gewissensbisse verzichtet.

Schick wäre natürlich SMG, also ein sequenzielles Getriebe, bei dem über Wipptasten am Lenkrad und ohne Kupplungspedal geschaltet wird. Die Formel-1-Renner haben das und auch der BMW M5, aber beim M-Roadster sieht die Aufpreisliste das Zaubergetriebe nicht vor. Schade eigentlich, aber die M-Leute meinen, so sei der Roadster ursprünglicher. Wer sich um diese ideologische Vorgabe nicht schert, für den mag ein Z4 ohne M interessant sein. Zum Beispiel der 3.0 si – die Topvariante des zivilen Z4 mit inzwischen 265 PS. Für den gibt es zwar auch kein SMG, aber eine Sechsgangautomatik mit Schaltwippen am Lenkrad.

Mit und ohne M – ist der Z4 nicht nur der Form nach ein Roadster? Denn das Anderthalb-Tonnen-Auto mit seinen vielen PS, mit Klima und Navi, Servolenkung und allem möglichen elektronischen Kram hätten die Entwickler von MG oder Triumph einst als totale Schnickschnackluxusschüssel abgetan. Roadstertypisch sind die lange Motorhaube und die drangvolle Enge hinter dem griffigen Lederlenkrad, hinter dem man als Zwei-Meter-Mann nur angespannt sitzen kann.

Den Z4, dessen Design seit jeher spaltet und der im US-Werk in Spartanburg montiert wird, gibt es ja schon länger, aber er wurde jetzt leicht überarbeitet. Und er hat dadurch gewonnen, erst recht in der nun nachgereichten M-Version. Die wuchtige Frontschürze steht dem Racer gut, auch wenn so viele Lufteinlässe nötig sind, dass kein Platz mehr für Nebelscheinwerfer bleibt. Innen überzeugen die klassisch-klar gezeichneten Instrumente, der Drehzahlmesser warnt mit farbigen Dioden vor Überlastung, was besonders bei kaltem Motor hilfreich ist. Das Kommunikationssystem kommt Gott sei Dank ohne den I-Drive-Knubbel aus, und nett sind formschöne Details wie die Carbonanmutung des mit Leder überzogenen Armaturenbretts oder die hochwertigen Drehregler der Klimaanlage.

Nach den malerischen Bergstraßen verlegt sich BMW auf die Rennstrecke von Jerez, die sich zwar nicht mehr im aktuellen Rennkalender der Formel 1 findet, aber von mehreren Teams für Tests genutzt wird. Hier soll der M-Roadster zeigen, was er drauf hat. 20 Runden darf jeder Vorführwagen auf der Rennstrecke drehen. Danach sind die Reifen ziemlich abgefahren und quietscht die Bremse hinten rechts – aber was für ein grandioses Adrenalinspektakel! Mit knapp 200 auf eine scharfe Rechtskurve zuballern, dann in die Eisen, im Zweiten rum und wieder voll aufs Gas. Das hat schon was, da müssen Jungs einfach zufrieden grinsen. Und immer wieder denke ich, dass das nun die schnellste Runde war. Und dann geht es in der nächsten doch noch einen Tick schneller, flüssiger.

Das Gewicht ist perfekt ausbalanciert, der Schwerpunkt niedrig, das Fahrwerk spitze, und so liegt der Wagen wie eine Eins. Aber was auch immer Puristen sagen mögen, die elektronische Stabilitätskontrolle DSC zeigt sich sehr hilfreich, wie der Ausritt eines Kollegen ins Kiesbett von Jerez beweist. Peinlichkeit statt Powerdrift. Wie giftig der Wagen reagieren könnte, ahnt man auch bei eingeschaltetem DSC. Wenn man volle Kanne aus der Kurve raus beschleunigt, rubbelt und ruckelt das Auto, laufen Chips und Reifen warm.

Die Grenzen des M-Roadsters zeigt einem erst der M5. Von BMW als Pace Car für die ersten Runden auf die Strecke geschickt, schwebt er in einer höheren Sphäre voran. Da hilft kein Runterschalten und Gasgeben, man käme nicht vorbei. Ohnehin ist beim M-Roadster abgeregelt bei Tempo 250 Schluss – definitiv, denn anders als beim M5 wird diese künstliche Grenze auch auf Kundenwunsch nicht aufgehoben. Viel mehr wäre ohnehin nicht drin, während der M5 ohne Abregelung gute 300 läuft.

Und nicht nur auf der Rennstrecke, auch im langsameren Alltag, zwischen Stau und Autobahn, Kita und Büro hängt die Kraftlimousine den Roadster wohl ab. Der harte, schnelle Flitzer taugt für die meisten nur als Zweit- oder Drittwagen, und dafür sind 58 000 Euro eine stolze Ansage. Immerhin ist die Aufpreisliste vergleichsweise kurz; das meiste, was man so braucht, hat der Wagen schon an Bord.

Der M-Roadster werde nicht verkauft, sondern gekauft, meinen die M-Männer feinsinnig. Wer ins Autohaus kommt und nach dem M-Roadster fragt, will genau das Auto und kein anderes, soll das heißen. Sprich: Ich komme sowieso nicht in Frage. Vielleicht sieht Markus das anders. Er war damals knapp vor dem Abitur doch noch von der Schule geflogen und wollte Kunststoffformgeber lernen. Irgendwie schade, ein kluger Kopf, und furios Klavier spielen konnte er. Bei Google findet sich keine Spur von ihm. Es sei denn, er ist der Software-Crack, der mit seinen Tipps durch einen Expertenchat geistert. Dann allerdings könnte er für den M-Roadster in Frage kommen. Manche von den Jungs haben ja Geld wie Heu.

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