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Wedding: Eltern und Lehrer kämpfen gegen neue Schulleiterin

In Wedding wird eine erfahrene Konrektorin zugunsten einer höher eingestuften Beamtin übergangen. Die Eltern der Schüler haben Proteste angekündigt.

Wenn es hart auf hart kommt, siegt das Beamtenrecht. Diese Erfahrung macht gerade die Albert-Gutzmann-Schule in Wedding: Seitdem bekannt wurde, dass die hochgeschätzte Konrektorin nicht Schulleiterin werden kann, weil eine höher dotierte Beamtin aus Marzahn versorgt werden muss, herrscht Katastrophenstimmung bei Lehrern und Eltern. Fachleute warnen, es werde ein „langfristiger Schaden“ angerichtet. Die Beteiligten hoffen auf ein Machtwort des Bildungssenators.

Die Stellenbesetzung schien klar – bis eine Woche vor Ferienende. Da wurde der überraschten Konrektorin mitgeteilt, dass ihr Stellenbesetzungsverfahren abgebrochen worden sei, obwohl nicht nur die Schulkonferenz, sondern auch die Schulaufsicht sie für den Posten haben wollten.

Der Grund liegt in der Rechtslage: Ein Beamter hat Anspruch auf eine einmal erworbene Besoldungsstufe. Falls sein Arbeitsplatz entfällt, muss ihm eine „amtsangemessene“ neue Tätigkeit verschafft werden. Selbst besser qualifizierte Bewerber haben keine Chance, sofern sich ein Konkurrent mit einem höheren Dienstgrad ebenfalls bewirbt. Da es in den vergangenen Jahren rund 300 Schulschließungen gab, mussten besonders viele Schulleiter „versorgt“ werden.

Das Problem betrifft alle Bereiche, in denen Beamte tätig sind. Schulen leiden allerdings besonders, da ihre Entwicklung sehr stark mit der Kompetenz und der Persönlichkeit des Schulleiters verbunden ist: Ein schwacher Schulleiter kann ihre Entwicklung jahrzehntelang hemmen. Alle Versuche, sie auf Probe zu installieren oder gar rotieren zu lassen, sind bislang aus beamtenrechtlichen Gründen gescheitert, weshalb dem Stellenbesetzungverfahren besonders große Bedeutung zukommt.

Die Schulverwaltung weiß das, hat aber wenig Spielraum, da die Landeshaushaltsordnung sie verpflichtet, im Personalüberhang befindliche Mitarbeiter zu übernehmen. Daher sah sie sich gezwungen, die durch Pensionierung frei gewordene Stelle des Gutzmann-Schulleiters durch die Marzahner Überhang-Schulleiterin zu besetzen, zumal deren Fachgebiet Sprachheilkunde genau passte.

Die Betroffenen überzeugt das nicht. Sie weisen darauf hin, dass die Gutzmann-Schule nicht nur eine Sonderschule für Kinder mit Sprachschwierigkeiten ist, sondern auch eine Grundschule im Aufbau. Diese ganze Entwicklung sowie die Zusammenarbeit mit Experten der Charité habe in den Händen der bisherigen Konrektorin Katrin Baumhöver gelegen, heißt es in einem Brief der Gesamtelternvertreterin Antje Gravic an Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD). Gravic hegt auch Zweifel, ob es der neuen Schulleiterin aus Marzahn gelingen kann, schnell einen Draht zu den überwiegend migrantischen Weddinger Eltern zu finden, da sie es in Marzahn mit einer völlig anderen Klientel und ganz anderen Problemen zu tun gehabt habe.

Paul Schuknecht vom GEW-Schuleiterverband befürchtet anhand der Reaktionen, dass in der Gutzmann-Schule ein „langfristiger Schaden angerichtet wird“ und wundert sich darüber, dass das Besetzungsverfahren der Konrektorin überhaupt abgebrochen wurde. „Es muss einen Ausweg geben. Vernunft muss vor Verwaltungsrecht gehen“, findet auch Schuknechts Vorgänger Wolfgang Harnischfeger, der im Auftrag der Bildungsverwaltung Schulleiter coacht. „Schule und Schulleitung muss zusammenpassen. Sonst kann es nicht funktionieren“, ist sich Harnischfeger sicher.

Wie machtlos die Verwaltung ist, wenn höher dotierte Beamte eine Konkurrentenklage anstreben, zeigte sich zuletzt beim Schöneberger Robert-Blum-Gymnasium. Hier hatte sich die Schulkonferenz mit großer Mehrheit für Jens Stiller entschieden, einen angesehenen, jungen Lehrer der Schule, der sich auch als Sprecher der Bildungsverwaltung einen Namen gemacht hatte. Auch Stiller wurde durch die Klage ausgebremst und wird nun Leiter einer Privatschule, der Königin-Luise-Stiftung.

Die neue Leiterin der Gutzmann- Schule, Gerlinde Kanacher, hat Verständnis dafür, dass die Kollegen nach nur einer Woche noch nicht „bis ins Letzte mitgehen können“. Sie selbst erfuhr erst in den Ferien, wohin sie versetzt wird und habe die Entscheidung „akzeptiert“. Die Weddinger Eltern aber planen jetzt Proteste, und FDP-Bildungspolitikerin Mieke Senftleben will beim Bildungssenator intervenieren. Die Konrektorin wirkt bis auf Weiteres dabei mit, ein neues ambitioniertes Sprachförderzentrum der Bildungsverwaltung in Mitte aufzubauen.

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