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Berlin: Schulen: Zweisprachig lernen im Trend - und jetzt kommt das Europa-Abi

In Berlins Schulen kommt die Zweisprachigkeit zunehmend in Mode. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die bilingualen Angebote von vier auf über 50 Schulen erhöht.

In Berlins Schulen kommt die Zweisprachigkeit zunehmend in Mode. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die bilingualen Angebote von vier auf über 50 Schulen erhöht. Neuen Auftrieb bekommen jetzt die Europaschulen: Die Eltern haben durchgesetzt, dass es ein besonderes "Europa-Abitur" geben wird. Der entsprechende Entwurf für die Oberstufe liegt den Schulen seit wenigen Tagen vor.

"Die Sorgen sind vorbei", kommentierte der Leiter des Neuköllner Albert-Einstein-Gymnasiums, Klaus Lehnert, die Genehmigung durch Schulsenator Klaus Böger (SPD). Jetzt gehe es "nur noch um das Kleingedruckte". Die gute Neuigkeit kam ihm gerade recht, da seine Schule jetzt Europaschule ist: Eine siebte Klasse startete gestern am "Einstein" mit der deutsch-italienischen Sprachkombination. Die benachbarte Alfred-Nobel-Oberschule übernimmt die italienischen Realschüler. Beide Klassen sind noch nicht voll, was an der etwas dezentralen Lage in Britz liegen mag, aber auch daran, dass es Verunsicherung über den Status des Europa-Abiturs gab. Viele Familien wollen die Mühen der Zweisprachigkeit nur in Kauf nehmen, wenn ihnen im Gegenzug ein "besonderes" Abitur zugesichert würde.

Das sollen sie zukünftig bekommen. Nach den derzeitigen Planungen ist vorgesehen, dass die sogenannte Partnersprache - also Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch, Italienisch, Türkisch, Griechisch, Portugiesisch oder Polnisch - als erstes Prüfungsfach gewählt werden muss. Als drittes Prüfungsfach soll Politische Weltkunde in der Partnersprache belegt werden. Zudem werden Verhandlungen mit den anderen europäischen Ländern geführt. Ziel ist, dass das deutsche Europa-Abitur im jeweiligen Partnerland zum Hochschulzugang berechtigt.

Obwohl das Ergebnis dieser Verhandlungen noch offen ist, schicken viele Eltern ihre Kinder auf den steinigen, aber erfolgversprechenden Schul-Weg der Doppelsprachigkeit. Zwei volle Spanisch-Klassen hielten gestern an der Sophie-Scholl-Gesamtschule Einzug, wo bereits der franzözische Europa-Zweig untergebracht ist. "Spanisch boomt" kommentierte ein Schulrat gestern das Zustandekommen der zwei großen Spanisch-Klassen. Weniger gut sieht es hier allerdings mit der Französisch-Nachfrage aus, weil viele Absolventen der französischen Europa-Grundschule lieber auf das Französische Gymnasium oder auf die bilingualen Gymnasien wechseln.

Die Konkurrenz zwischen den bilingualen Angeboten wird immer größer. Jahr für Jahr kommen neue Schulen hinzu, die durch ein attraktives Sprachangebot ihr Profil schärfen und in Zeiten knapper Schüler besonders gut dastehen wollen. Im Schuljahr 1991/92 waren es nur vier Schulen mit bilingualem Zweig, inzwischen sind es 31 und dazu noch die 20 Europa-Schulen. Dabei sind es längst nicht mehr nur die Gymnasien, die sprachlich "aufrüsten", sondern auch sechs Realschulen und 13 Gesamtschulen. Hier liegt allerdings der Schwerpunkt auf Englisch, während es im Gymnasialbereich neben sechs Englisch-Klassen auch vier französische, eine spanische und eine russische gibt.

Die Schulverwaltung rechnet damit, dass weitere Schulen im Zuge der fortschreitenden Profilbildung bilinguale Angebote unterbreiten werden - allerdings schwerpunktmäßig im West-Teil, weil es in den östlichen Bezirken noch nicht überall genügend Lehrer für die Modesprachen Englisch, Französisch und Spanisch gibt. Parallel kommen noch weitere Europaschulen hinzu: Nächstes Jahr übernimmt die Carl-von Ossietzky-Gesamtschule den Türkischen Europa-Zug. Für Polnisch steht voraussichtlich die Gabriele-von-Bülow-Schule kommendes Jahr parat. Wer die "griechischen" Grundschüler übernimmt, ist unklar. Der Europa-Union geht das alles aber noch nicht weit genug. Ihr Ziel ist eine große Europa-Schule mit möglichst vielen Sprachen. Das jetzige Konzept, bei dem immer nur einige bilinguale Züge an die "normalen" Klassen angeschlossen werden, halte man für eine "Fehlentscheidung", teilte gestern ein Vorstandsmitglied mit. An einer großen Schule wie der "Sophie-Scholl" komme eine "europäische Identität" nicht zustande, wenn es das bilinguale Konzept nur für wenige Klassen gebe.

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