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Wo geht's hin für die Schüler. Mehr Klagen als erwartet sind eingegangen

© dpa

Schulplatzvergabe: Täglich gehen neue Klagen ein

Richter sollen klären, ob die hohe Notenhürden und der rigide Umgang mit Härtefällen an Sekundarschulen rechtens sind. Bisher gibt es schon 93 Klage-Fälle, doch diese Zahl könnte noch steigen.

Das Verwaltungsgericht wird sich in den Ferien ausgiebig mit der umstrittenen Platzvergabe für die Oberschulen beschäftigen müssen. Die Zahl der anhängigen Klagen hat sich nach jetzigem Stand im Vergleich zum Vorjahr drastisch erhöht. „Es deutet sich an, dass wir wesentlich mehr Fälle zu entscheiden haben als 2010“, sagte der Sprecher des Verwaltungsgerichts, Stephan Großkurth, dem Tagesspiegel auf Anfrage.

Während vor einem Jahr im Vergleichzeitraum 18 Fälle anhängig waren, sind es jetzt 93. Großkurth erwartet, dass diese Zahl weiter steigt, denn täglich gehen neue Klagen ein. Im vergangenen Jahr war die Größenordnung von rund hundert Klagen erst am Ferienende erreicht.

Wie erwartet betreffen etliche Fälle die besonders stark übernachgefragte Carl- Zeiss-Schule in Lichtenrade. Da es sich um eine Sekundarschule handelt, hatten die Eltern nicht damit gerechnet, dass ihre Kinder dort mit befriedigenden Noten keine Chance haben würden. Denn Sekundarschulen sind eigentlich für alle Schüler gedacht, während sich die Gymnasien auf die höher Begabten konzentrieren sollen.

Jetzt hoffen die betroffenen Familien auf das Verwaltungsgericht. „Im Schulgesetz steht, dass Sekundarschulen Schüler aller Leistungsstärken unterrichten. Dann kann es nicht sein, dass sie sich per NC nur die Besten heraussuchen dürfen“, bekräftigt Rechtsanwältin Simone Pietsch den Ansatz, den sie vor Gericht verfolgen will. Wie berichtet, haben nicht nur die Zeiss-Schule, sondern viele übernachgefragte Sekundarschulen ihre Schüler mithilfe des Notenschnitts ausgewählt, weil dieser Weg als gerichtsfest gilt. Zudem wollten die Sekundarschulen die Möglichkeit nutzen, leistungsstarke Schüler aufzunehmen, die sie zum Abitur führen können.

In weiteren Klageverfahren geht es um die Problematik der Härtefälle. Zehn Prozent der Plätze pro Schule können an Kinder vergeben werden, für die der Besuch einer anderen Schule eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Wie berichtet wurde diese gesetzliche Möglichkeit aber in keinem Bezirk auch nur annähernd ausgeschöpft. „Offenbar wussten viele Schulleiter nicht, was ein Härtefall ist“, vermutet ein Elternvertreter. Anders sei nicht zu erklären, dass sogar Kindern mit Herzfehlern die Anerkennung als Härtefall verwehrt worden sei.

Zusätzlich empört sind Eltern darüber, dass ihnen im Nachhinein vorgehalten wird, dass sie auf ihren Anträgen keinen Härtefall geltend machten. „Die Schulleiter haben oftmals in den Vorgesprächen gesagt, dass die geschilderten Krankheiten keinem Härtefall entsprechen. Deshalb entschieden die Eltern, dort kein Kreuzchen zu machen“, begründet Anwältin Pietsch den Ärger vieler Eltern.

Weitere Klagen betreffen das Auswahlverfahren an Schulen besonderer pädagogischer Prägung. Eine von ihnen ist das Heinrich-Hertz-Gymnasium in Friedrichshain: Die Verwaltung hatte die Aufnahmekriterien so kurzfristig geändert, dass die Eltern von falschen Voraussetzungen ausgehen mussten. Auch der parlamentarische Petitionsausschuss befasst sich mit diesem Problem.

Alle Klagen müssen geklärt werden, bis die Ferien enden – also in den nächsten sechs Wochen. Mit Spannung wird vor allem darauf gewartet, wie sich die Richter zum Numerus clausus an Sekundarschulen positionieren werden.

„Ich bin nicht sicher, wie ich entscheiden würde“, sagte am Donnerstag Verwaltungsrechtler Christian Pestalozza auf Anfrage. Gegen einen NC an Sekundarschulen spreche jedenfalls, dass er die gewünschte Durchmischung der Schüler erschwere. Wie viele Sekundarschulen durch ihre NC-Lösung tatsächlich nur „Gymnasialkinder“ herausgefiltert haben, kann die Bildungsverwaltung zurzeit nicht sagen. Die Bilanz werde im August vorgelegt.

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