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Schulpolitik: Auf die Straße für bessere Bildung

Eine Woche vor der Wahl wollen Eltern, Lehrer und Schüler für bessere Schulen und Kitas demonstrieren – und für mehr Geld. Sie hoffen, dass am Sonnabend Zehntausende protestieren.

Wer wissen will, wie es um die Stimmung an Berlins Schulen bestellt ist, sollte sich am Sonnabend auf den Weg zum Alexanderplatz machen: Eltern, Schüler und Lehrer haben zu einer großen Abrechnung mit der Bildungspolitik des rot-roten Senats und zur Demonstration „für bessere Schulen – mehr Bildung von Anfang an“ aufgerufen. Die Zahl der Teilnehmer dürfte darüber entscheiden, welche Rolle das Thema in der letzten Wahlkampfwoche und in den kommenden Koalitionsverhandlungen spielen wird.

Die Erwartungen, wie groß die Resonanz auf den Aufruf wohl sein wird, sind höchst unterschiedlich. Landesschülersprecher Jonas Botta hat den Protestzug mit anschließender Kundgebung am Gendarmenmarkt für nur 7500 Teilnehmer angemeldet, obwohl in Berlin weit über eine Million Menschen direkt von dem betroffen sind, was in Kita und Schule passiert: Rund 400 000 Schüler (inklusive Berufsschüler), 800 000 Eltern und 40 000 Lehrer, dazu noch über 100 000 Kitakinder und ihre Eltern sowie Erzieher.

Bottas Zurückhaltung hat ihren Grund: Die letzte Schul-Demonstration im Juni war mit nur 5000 Teilnehmern weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Allerdings lag das vor allem daran, dass während der Unterrichtszeit demonstriert wurde, was Lehrern und Schülern die Teilnahme erschwerte. Viele Eltern kritisierten damals auch, dass der Termin für Berufstätige ungünstig gewesen sei.

All dies trifft für den Sonnabend nicht zu. Viele erinnern sich noch an den Sternmarsch vom März 2000 – ebenfalls einem Sonnabend – , als rund 40 000 Menschen auf den Beinen waren, um für mehr Geld im Schulwesen zu demonstrieren. Damals lag die organisatorische Keimzelle des Protestes im Tegeler Humboldt-Gymnasium, aber die Themen waren die gleichen: Unterrichtsausfall, marode Schulen, zu wenig junge Lehrer. Allerdings gibt es einen erheblichen Unterschied: Die Unzufriedenheit der Lehrer hatte im Jahr 2000 durch eine Arbeitszeiterhöhung frische Nahrung bekommen. Sie trieb die Teilnehmerzahl erheblich hoch.

Lesen Sie auf Seite 2, wie die Stimmung in der Lehrerschaft im Moment ist - und welche Demonstration eine Konkurrenz für die Protestierenden sein könnte.

Die Stimmung in der Lehrerschaft ist zurzeit allerdings nicht besser als damals: Das Auslaufen der Altersermäßigung und die Vielzahl an Reformen haben ein ähnliches Maß an Wut oder Überlastungsgefühl erzeugt wie damals.Bei den Schülern ist die Stimmung eher noch negativer als damals: Zum Ärger über Unterrichtsausfall und schlecht sanierte Gebäude kommt das Problem des Doppeljahrgangs und die zusätzliche Belastung durch die Verkürzung der Zeit bis zum Abitur. All das treibt auch die Eltern um – und noch viel mehr: Sie wollen auch gegen das Jahrgangsübergreifende Lernen protestieren, gegen überlastete kleine Kinder in zu großen Klassen, gegen die fehlende personelle Unterfütterung der Behindertenintegration, Erziehermangel und vieles mehr.

„Es kann schon sein, dass 20 000 zur Demonstration kommen“, sagt die langjährige Elternvertreterin und jetzige Qualitätsbeauftragte des Bildungssenators, Ruby Mattig-Krone. Mit noch mehr Teilnehmern rechnet sie nicht: „Im Jahr 2000 war eine andere Stimmung, und die Demonstration wurde monatelang organisiert.“ Aktuell beobachtet sie eher, dass es zwar „viele Einzelprobleme an bestimmten Schulen“ gebe. Doch sei vielen Eltern klar, dass es in der Stadt „nicht am guten Willen, sondern am Geld fehlt“.

Eben dies wollen die Organisatoren des Protestes nicht länger hinnehmen: „Das knappe Personal vom Hort bis hin zum Hausmeister, vom Fachunterricht bis hin zu den Sekretariaten ist der Wutpunkt Nummer 1“, glaubt Landeselternsprecher Günter Peiritsch. Ein weiteres Thema sei die „schleichende Verdrängung des Musikunterrichts und die furchtbar desolate Lage der Lehrer an den Musikschulen“, ergänzt Hubert Kolland vom Landesmusikrat. Er wird bei der Kundgebung um 12.30 Uhr am Gendarmenmarkt ebenso reden wie Burkhard Entrup vom Landeselternausschuss Kindertagesstätten und die GEW-Vorsitzende Sigrid Baumgardt.

Landesschülersprecher Jonas Botta versucht unterdessen über Facebook und Flyer, an allen Schulen noch mehr Schüler zu mobilisieren. Allerdings fürchtet er die Konkurrenz der Datenschützer- Demo „Freiheit statt Angst“, die für politisch interessierte Schüler ebenfalls interessant sein könnte. Allerdings beginnt sie erst um 13 Uhr am Alex und damit zwei Stunden später als die Schul-Demo, die dort schon um 11 Uhr startet.

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