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Die Berliner Polizei bei einem Einsatz wegen Schüssen in Kreuzberg.

© Polizei Berlin

Schutzgeld, Erpressung und Schießereien: Soko „Ferrum“ stellt in Berlin 32 Waffen sicher

In den vergangenen Monaten gab es in Berlin zunehmend Schießereien. Eine neue Polizei-Einheit macht Druck – das sind die Ergebnisse.

Stand:

Die Berliner Polizei hat im Kampf gegen zunehmende Schießereien krimineller Banden und Drohungen zur Schutzgelderpressung bereits 32 illegale Waffen und gefährliche Gegenstände sichergestellt. Das sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses.

Wegen der Schießereien ist Mitte November die Sonderkommission (Soko) „Ferrum“ gegründet worden. Ferrum ist der lateinische Begriff für Eisen. Die neue Soko aus Landeskriminalamt und Landespolizeidirektion soll verstärkt Verbundeinsätze starten, um illegale Waffen aus dem Verkehr zu ziehen.

Täglich sei eine bis zu mittlere dreistellige Zahl von Beamten allein deshalb im Einsatz, sagte Slowik. „Wir machen deutlich, dass wir da sind.“ Dafür Einsatzkräfte bereitzustellen, habe „absolute Priorität gegenüber anderen Aufgaben“, sagte die Polizeipräsidentin.

Barbara Slowik Meisel, Polizeipräsidentin von Berlin.

© dpa/Hannes P Albert

Im Zuge dessen sei von 3335 Personen die Identität überprüft worden, 2105 Fahrzeuge seien kontrolliert worden. 2397 Personen seien zeitweise in ihrer Freiheit beschränkt worden, daneben habe es 193 Festnahmen gegeben. Bei den Einsätzen seien zudem elf Fahrzeuge sichergestellt worden.

Zudem seien 143 Strafanzeigen gestellt und 117 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. „Wir schöpfen den rechtlichen Rahmen aus, um Haftbefehle zu erwirken“, sagte Slowik Meisel. Die Polizei sei „offen und verdeckt“ unterwegs, es handle sich um ein sich „dynamisch entwickelndes Kriminalitätsgeschehen“.

Bei den Schüssen der vergangenen Monate handle es sich „ganz überwiegend um Schutzgelderpressung gegenüber Gewerbetreibenden“, erklärte die Behördenchefin. Zum Teil handle es sich auch um Taten von Nachahmern oder persönliche Streitigkeiten.

Kooperieren betroffene Lokalinhaber mit der Polizei?

In den meisten Fällen werde auf Gebäude geschossen. In der Stadt seien Waffen heute deutlich häufiger verfügbar. Oft handle es sich um illegale Nachbauten ausländischer Modelle. Hinzu komme die gewachsene Bereitschaft, die Waffen auch einzusetzen.

Auf die Frage, wie von Schutzgelderpressung und Schüssen betroffene Gewerbetreibende und Lokalinhaber mit der Polizei kooperieren, deutete Slowik Meisel Probleme an.

Es könne sein, dass Gewerbetreibende nach der ersten Drohung erst abwarteten und zunächst nicht zur Polizei gingen. „Aber wenn Waffen zum Einsatz kommen, wird es öffentlich“, sagte die Behördenchefin. „Dann kommen wir ins Gespräch. Für die Gewerbetreibenden ist das keine ganz einfache Situation. Aber wir haben den Eindruck, dass es uns gelingt, das aufzubrechen und dann in eine Zusammenarbeit zu kommen.“

Soko „Ferrum“ soll Täterstrukturen und Dunkelfeld aufhellen

Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) sagte, dass in Berlin keine bewaffneten Auseinandersetzungen geduldet werden. Die bei den Einsätzen gefundenen Schusswaffen und Drogen rechtfertigten den enormen Personaleinsatz.

Die Soko „Ferrum“ hat verschiedene Aufgaben: Sie soll zu den Schüssen und Tätern ermitteln, aber auch neue Schießereien verhindern. Dazu gehöre es, „Täterstrukturen und das Dunkelfeld zu erhellen“, sagte Hochgrebe. Konkret betreibe die Soko verstärkten Raumschutz in der Stadt, aber auch eine stärkere Verkehrsüberwachung, und kontrolliere Lokale.

„Die Polizei Berlin lässt keine Zweifel daran, dass man die aktuell sehr starke Welle an gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Schusswaffen im Bereich der Organisierten Kriminalität ernst nimmt und alles rechtlich Mögliche unternimmt, um dem Wahnsinn einzudämmen“, sagte Thorsten Schleheider, Landesvizechef der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Mit der Soko Ferrum werde viel getan, „um die Szene unter Dampf zu halten und Hintergründe der laufenden Konflikte aufzuhellen“, sagte Schleheider. „Jede Waffe, die unsere Kollegen dabei aus dem Verkehr ziehen, verbessert die Sicherheit in dieser Stadt.“

Der polizeiliche Druck stoße in der Szene aber nicht auf Gegenliebe. Als Beispiel nannte der GdP-Landesvize einen Vorfall vom Wochenende. Am Sonnabend betraten nach Polizeiangaben vier Beamte einer Hundertschaft ein Lokal im Spandauer Ortsteil Wilhelmstadt, Anlass war eine Kontrolle auf Waffenbesitz. Doch die Gäste äußerten massiven Unmut darüber, die Lage eskalierte.

Der Landinhaber schlug einem Beamten eine volle Glasflasche auf den Kopf, der eine blutende Kopfverletzung erlitt. Ein Gast soll die Beamten laut Polizei ebenfalls angegriffen haben. Die drei weiteren Polizisten sollen durch Glassplitter sowie Angriffe ebenfalls verletzt worden sein.

Auch die beiden Tatverdächtigen sollen Verletzungen erlitten haben. Sie wurden den Angaben zufolge in Gewahrsam genommen und später wieder entlassen. Waffen seien nicht gefunden worden, hieß es.

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