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Berlin: Schwedisches Åltdöbern

Einst Botschaft, später Ruine: Nun wird im teilsanierten Schloss gefeiert.

Altdöbern - Die schwedische Fahne auf dem Dach muss riesig gewesen sein, sogar die Piloten haben die blauen und gelben Dachziegel erkannt. Nur so lässt sich erklären, dass ausgerechnet das Schloss Altdöbern mitten im Lausitzer Industriegebiet von den Bombern im Zweiten Weltkrieg verschont geblieben war.

Die Dachziegel verschwanden erst in den letzten Jahren der DDR, als die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands hier ein Gästehaus einrichten wollte und eine zaghafte Restaurierung starten ließ. Die Blockpartei ist längst vergessen, während an das dreijährige schwedische Kapitel gerade jetzt wieder im gerade 2600 Einwohner zählendem Dorf im südlichen Brandenburg erinnert wird.

„Ohne die Auslagerung der Botschaft aus dem immer gefährlicher gewordenen Berlin zwischen 1943 und 1945 ins beschauliche Altdöbern wäre unser einzigartiges Schloss vielleicht gar nicht mehr da“, sagt Amtsdirektor Detlef Höhl. Dabei wisse man im Ort gar nicht so genau, warum die Wahl des neutralen Landes auf ihr Dorf gefallen war. Die Frage kann man jetzt ja stellen, denn am Schloss wird das Parkfest gefeiert, zu dem die schwedische Botschaft eingeladen ist. „Wir werden dann nicht nur den wunderschönen Park und die zum Café umgebaute Orangerie vorstellen, sondern erstmals einige Räume im Schloss begehbar machen.“

Vor dem Gebäude führte eine schier endlos wirkende Allee über den Marktplatz bis zum Horizont nach Süden. „Schlossherr Carl Heinrich von Heineken wollte auf der ‚Avenue de Dresde‘ tatsächlich von Altdöbern direkt an den sächsischen Hof fahren“, erklärt der Historiker Martin Schuster. „Auf alten Karten ist die geplante Route sogar nachvollziehbar. Sie endete genau im Stadtzentrum Dresdens.“ Wer heute nach Spuren dieser Allee sucht, landet früher oder später im Wasser. Der Braunkohlentagebau hat der Landschaft tiefe Löcher beschert, die geflutet und damit zur Seenplatte werden.

Die Idee einer Allee nach Dresden hatte natürlich einen guten Grund. Heineken, der das Altdöberner Schloss 1751 übernommen hatte, galt als Kopf des damaligen Kunsthandels. Er arrangierte als Direktor des königlichen Kupferstich-Kabinetts den Kauf zahlreicher Gemälde von Weltrang für die Dresdener Gemäldegalerie. Ohne ihn befänden sich heute weder Raffaels „Sixtinische Madonna“, noch Correggios „Die Heilige Nacht“ oder Rembrandts „Ganymed“ in Sachsens Hauptstadt. Selbst an den Hof Friedrichs II. in Sanssouci vermittelte er mehrere wertvolle Gemälde.

Von den besten Kunstwerken ließ sich Heineken Kupferstiche anfertigen. 40 davon sind in der neuen Ausstellung zu sehen. Bei dieser Gelegenheit arrangierte der Schlossherr gleich zahlreiche Dresdener Hofmaler und Stuckateure, um sein Anwesen in ein Schaufenster des Rokoko zu verwandeln. Ein französischer Garten und ein Heckentheater komplettierten das Gesamtbild.

Es bedarf aber noch einiger Zeit und viel Geld, damit Altdöbern einen festen Platz auf der Liste der Touristenziele einnehmen kann. „Wir werden 2013 die ersten Räume dauerhaft öffnen und streben in den kommenden Jahren eine Nutzung als Hotel an“, kündigte Jürgen Klemisch von der Brandenburgischen Schlösser GmbH an, die von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz finanziert wird. „Als Eigentümer sehen wir für den Standort zwischen Berlin und Dresden ein großes Potenzial.“ Alles hänge jedoch vom Geld der Stiftung ab, die derzeit bundesweit 17 Schlösser betreut.

Die Schäden durch die Nutzung des Schlosses als Kinder- und Altersheim nach 1946 und der Leerstand ab 1974 sind erheblich. Vor einigen Jahren drohte das Schloss sogar in den Untergrund zu rutschen, als aufsteigendes Grundwasser nach dem Ende des Tagebaus den Baukörper ins Wanken brachte. Eine 50 Zentimeter dicke Betondecke hält das Schloss jetzt aber wieder im Lot. Claus-Dieter Steyer

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