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Berlin: Schwer genießbare Kost

Streit ums Szenelokal „Schwarzenraben“ in Mitte wird vor Gericht ausgetragen

Ein Chianti Classico Casale dello Sparviero hätte vielleicht geholfen. Dazu eine Portion Bündnerfleisch vom Rind mit Rauke, mit Kirschtomaten und Parmesan. Beim Essen wären die Beteiligten im Saal 151 des Landgerichts am Tegeler Weg gestern Mittag vielleicht versöhnlicher miteinander umgegangen. Aber das bekannte Mitte-Restaurant „Schwarzenraben“, das seinen Gästen solche Genüsse bietet, war viel zu weit weg.

Naheliegend aber ging es um eine schwer genießbare juristische Auseinandersetzung. Harm Müller-Speer, als Käufer und Bauherr auf dem Tränenpalast-Gelände bekannt, war aus Hamburg angereist. Begleitet von vier Anwälten aus Berlin. Müller-Speer ist Eigentümer des Schwarzenraben-Grundstücks an der Neuen Schönhauser Straße. Er sprach von erheblichen Mietrückständen, vom Antrag auf einstweilige Verfügung, „Räume herauszugeben“. Die Richterin, um einen Vergleich bemüht, konstatierte: „Es geht um den Besitz.“ Die Geschäftsführerin des Lokals, vertreten durch Anwalt Johannes Eisenberg, betonte, sie könne glaubhaft machen, Miete gezahlt zu haben. Einig waren sich beiden Seiten, dass das Schwarzenraben ein „extrem gut laufendes Lokal“ sei und dass es auch so weitergehen sollte. So sagte es der Anwalt der Geschäftsführerin, und auch die Eigentümer mochten dem nichts entgegensetzen. Wenn nur nicht der Mietstreit wäre. Der Hauseigentümer meinte, er sei weniger am Ende des Lokals als an der Auflösung des bestehenden Mietverhältnisses interessiert, dann sagte er aber auch, dass er den Mieter nicht loswerden wolle. Er habe keinen neuen Interessenten. Die Richterin erfuhr von Knatsch hinter den Lokalkulissen, von Streit innerhalb der Geschäftsführung, von ausgetauschten Schlössern – wer hinter der „Nacht- und Nebelaktion“ steckte, war für Anwalt Eisenberg klar: die Eigentümerseite. „Ein höchst anfechtbarer Rechtsakt.“ Es gab auch versöhnliche Worte, und die Richterin gab zu bedenken, dass ein Leerstand dem Hauseigentümer schadet. Fast schien es nach zwei Stunden so, als hätten sich die streitenden Parteien geeinigt. Aber nun muss doch das Gericht ein Machtwort sprechen. Mehr demnächst per Post.

Ein Ortstermin wäre genussreicher gewesen. Die Kontrahenten hätten nicht gestanden oder auf harten Sitzen gesessen. Sie hätten bequem Büffelmilch-Mozzarella mit Basilikum und zum Nachtisch Creme Caramel verzehrt. Und sich vielleicht versöhnt.

Christian van Lessen

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