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Florian L. (unkenntlich gemacht) beteiligte sich am 1. Mai in Solingen an den Ausschreitungen der Salafisten.

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Update Exklusiv

Schwere Sicherheitspanne: Islamist hielt Wache an der BER-Baustelle

Ein polizeibekannter Islamist hat auf der BER-Baustelle gearbeitet. Der 21-jährige Florian L. gehört nach Tagesspiegel-Informationen zum harten Kern der Salafisten-Szene. Die Sicherheitsbehörden fürchten, er könnte einen Sprengstoffanschlag vorbereitet haben.

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Ein polizeibekannter Berliner Islamist ist auf der Baustelle des neuen Hauptstadtflughafens in Schönefeld aufgeflogen. Die Sicherheitsbehörden stellten Anfang August bei einer Anti-Terror-Razzia, die offiziell als Einsatz von Polizei und Zoll gegen Schwarzarbeit geführt wurde, den 21-Jährigen Florian L.. Nach Tagesspiegel-Informationen handelt es sich bei L. um einen Islamisten, der Mitstreiter einer Führungsfigur der salafistischen Szene ist und von Sicherheitskreisen dem härteren Milieu zugerechnet wird. Bei den Sicherheitsbehörden wird er als „Gefährder im islamistischen Spektrum“ geführt, deshalb habe Sorge bestanden, dass L. „an Vorbereitungshandlungen zu einem Sprengstoffanschlag beteiligt sein“ könnte. Der Verdacht ist bislang nicht ausgeräumt, hieß es beim Landeskriminalamt Brandenburg. Auch die Nachrichtendienste sind eingeschaltet, in Brandenburg wurde eigens die Parlamentarische Kontrollkommission informiert.

L. war illegal, aber vom Arbeitsamt als Praktikant an eine Sicherheitsfirma vermittelt, für den Objektschutz des Containerdorfes außerhalb der gesondert geschützten Baustelle tätig, arbeitet dort aber nicht mehr. Die Sicherheitsmaßnahmen auf der Baustelle wurden nach einer Krisensitzung verschärft.

Bildergalerie: Ausschreitungen der Salafisten in Bonn und Solingen:

Der Salafist ist sonst als Assistent für Reda S. tätig, der von Berlin aus das „Islamische Nachrichten- und Informationszentrum Al Risalah" betreibt. Gegen Reda S. haben amerikanische Sicherheitsbehörden mehrere Jahre ermittelt. Der Deutschägypter stand im Verdacht, einer der Hintermänner des islamistischen Anschlags auf Bali gewesen zu sein, bei dem im Oktober 2002 insgesamt 202 Menschen starben. Eine Mittäterschaft konnte ihm nie nachgewiesen werden.

Offiziell war der Einsatz von LKA und Zoll am Abend des 2. August als Kontrolle gegen Schwarzarbeit deklariert, tatsächlich war es nach Tagesspiegel-Informationen ein Anti-Terroreinsatz. Berliner Sicherheitsbehörden hatten ihren Kollegen in Brandenburg einen Tipp gegeben, dass Florian L. einer „illegalen Beschäftigung durch eine Sicherheitsfirma“ auf der Flughafenbaustelle BER nachgeht.

BER-Gesellschaft: Wir können die Einhaltung der Vorschriften nicht kontrollieren

Florian L. soll Mitstreiter einer Führungsfigur der salafistischen Szene sein.
Florian L. soll Mitstreiter einer Führungsfigur der salafistischen Szene sein.

© Tsp

Die Ermittler trafen im Containerdorf der BER-Baustelle auf insgesamt 20 Personen, fünf davon waren Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, die übrigen Bauarbeiter und Reinigungskräfte. Nur ein Sicherheitsmann hatte die nötige IHK-Zulassung, die anderen, darunter auch Florian L. waren über Praktikumsverträge mit dem Arbeitsamt bei einem Subunternehmen von Securitas beschäftigt. Entgegen der Vorschriften lag bei Securitas aber kein Führungszeugnis von Florian L. vor. Er sei jetzt auch nicht mehr auf der Baustelle beschäftigt, hieß es.

Die Flughafengesellschaft legte Wert auf die Feststellung, dass die illegal Beschäftigten „nicht auf der zugangsgesicherten Baustelle“ für den Flughafen und damit nicht „im zukünftigen Luftsicherheitsbereich“ tätig waren. Vielmehr seien sie im Bereich der Baustellenverwaltung tätig gewesen, die in mehreren Containergebäuden untergebracht ist. Bis vor wenigen Wochen gehörte dieser Teil der BER-Baustelle noch zum zugangsgesicherten Bereich, ist mittlerweile aber öffentlich zugänglich. Die Sicherheitsfirma Securitas ist dort seither mit der Objektsicherung betraut und war entgegen anderen Berichten nicht mit der Zugangskontrolle befasst. Auch hätten die illegal Beschäftigten keine Zutrittsberechtigung zur Baustelle und keinen Flughafensicherheitsausweis gehabt. „Diese Person wäre nicht auf die Baustelle gekommen“, sagte der Flughafensprecher.

Bildergalerie: So entsteht der neue Flughafen BER

Die BER-Gesellschaft selbst könne die Einhaltung der Vorschriften – Führungszeugnis und Tariftreuevereinbarung – nicht kontrollieren. „Die operativen Kontrollen nimmt der Zoll seit Baubeginn in regelmäßiger Abstimmung vor“, sagt der Sprecher. „Wir haben alles uns mögliche getan, damit dort die Vorgaben eingehalten werden. Vor krimineller Energie ist man nie gefeit.“ Einen Anlass, den Vertrag mit Securitas zu kündigen, sieht die Flughafengesellschaft nicht. „Wir setzen darauf, dass Securitas die Vorgaben durchsetzt“, hieß es. Das Unternehmen selbst hat bereits interne Ermittlungen eingeleitet.

Die illegal Beschäftigen waren vom Subunternehmen City Control angeheuert worden. Zudem soll City Control einen Teil, nämlich fünf Mitarbeiter von einem weiterem Subunternehmen, der Ibragim Security, geholt haben. Zu diesen gehörte Florian L. Ein Securitas-Sprecher sagte, sein Unternehmen werde sich jetzt von City Control trennen. „Das hätte nicht passieren dürfen, damit wurde gegen den erst im Februar geschlossenen Vertrag verstoßen, der Dienstleister darf nur eigene Mitarbeiter einsetzen“, sagte der Firmensprecher. „Das können wir nicht gelten lassen, denn es unterläuft unsere Risikokriterien.“ Inhaber von Ibragim Security ist der bosnisch-stämmige Berliner mit deutscher Staatsangehörigkeit Bersunukaev Ibragim. Ob die Sicherheitsbehörden auch ihn im Visier haben, blieb unklar.

L. war nicht in der EU-Terrordatei registriert

Securitas lässt seine Mitarbeiter nun nach dem Luftfahrtsicherheitsgesetz eine sogenannte Tiefenprüfung durch die Sicherheitsbehörden durchlaufen. „Wenn der Kunde das verlangt, dann machen wir das“, sagte der Sprecher. Dies sei durchaus üblich, etwa beim Einsatz von Securitas-Personal in Atomkraftwerken. Allerdings forderte das Unternehmen auch angesichts des Vorfalls am Flughafen BER neue gesetzliche Rahmenbedingungen. „Es würde uns freuen, wenn jeder Mitarbeiter, egal ob er am Hafen Streifen geht, ein Atomkraftwerk bewacht oder den Flughafen diese Überprüfung erfahren muss. Das aber kann nur der Gesetzgeber ändern.“ Derzeit könne Securitas nicht automatisch jeden Mitarbeiter von den Behörden durchleuchten lassen, sondern nur jene, die in sensiblen Bereichen tätig sind. Zu Florian L. habe Securitas keine näheren Erkenntnisse gehabt. Obwohl die Berliner Behörden gegen L. ermittelten, sei dieser nicht in der öffentlich zugänglichen, von Bund und Ländern gespeisten EU-Terrordatei registriert gewesen.

Das Sorgenkind des Flughafens - die Brandschutzanlage

Nach der Kontrolle von LKA und Zoll habe die Flughafengesellschaft vergangene Woche von der Securitas „unverzüglich eine vertiefte Sicherheitsüberprüfung für sämtliche Arbeitskräfte“ gefordert, selbst für das im öffentlichen und nicht gesperrten Bereich eingesetze Personal. Bislang reichte dort für die Beschäftigten die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses und die Einhaltung der Tariftreuevereinbarung. Zudem betonte ein Sprecher der Flughafengesellschaft, dass die Baustelle noch nicht als Luftsicherheitsbereich deklariert ist. Die Eingrenzung ermögliche aber bereits jetzt die „personengenaue Erfassung auf der Baustelle“. Erst vor Inbetriebnahme des Flughafen werde der gesamte künftige Luftsicherheitsbereich samt Personal einem umfassenden Konrolle unterzogen.

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) bestätigte, dass Florian L. auf der Baustelle tätig war. Die Polizei habe mit ihren Informationen einen „erheblichen Beitrag zur Aufdeckung“ geleistet, sagte er am Dienstag der Nachrichtenagentur dapd. Das zeige, dass die Sicherheitsbehörden in der Hauptstadt gut aufgestellt sind und das Frühwarnsystem funktioniere, wie die Senatsverwaltung für Inneres auf Tagesspiegel-Anfrage erklärte. Zu den konkreten Einzelheiten wollten sich die Berliner Behörden nicht äußern. Es sei die Aufgabe des Staatsschutzes, Gefahren, die von gewaltbereiten Islamisten ausgingen, frühzeitig zu erkennen und abzuwenden, sagte Polizeisprecher Stefan Redlich. Im Interesse der Sicherheit könnten aber keine Angaben zum kompletten Sachverhalt gemacht werden. Henkel versprach auch weitere Aufklärung. „Es handelt sich um einen Vorgang, den wir sehr ernst nehmen“, sagte er. Er werde deshalb das Thema im Aufsichtsrat zur Sprache bringen. Das Gremium trifft sich bereits am kommenden Donnerstag zur nächsten Sitzung.

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