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Eine Polizeibeamtin sucht in einem Waldgebiet bei Brieselang nach Spuren der vermissten Georgine Krüger.

© Bernd Settnik/dpa

Update

Schwere Vorwürfe einer Zeugin: Polizeipannen im Fall Georgine Krüger?

Ein 43-Jähriger sitzt in Untersuchungshaft wegen des dringenden Tatverdachts, Georgine ermordet zu haben. Nun werden Vorwürfe gegen die Ermittler laut.

Bei den Ermittlungen im Fall der vermutlich ermordeten Georgine Krüger soll es zu massiven Pannen bei der Polizei gekommen sein. Dieser Vorwurf wird in einem Bericht der „B.Z.“ erhoben. Grund sind Aussagen einer 24-Jährigen, die 2011 Opfer des mutmaßlichen Mörders von Georgine geworden war. Nun steht der Verdacht im Raum, dass Ali K. bereits vor Jahren hätte gestoppt und gefasst werden können. Ein Polizeisprecher erklärte am Montag, es handle sich um schwere Vorwürfe. Dies würde nun überprüft. Eine Stellungnahme war zunächst für den späten Montagnachmittag angekündigt worden. Doch dann kam die Absage: Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen und aufwendiger. Die Polizei teilte mit: Das Thema Georgine Krüger werde insbesondere auch mit Blick auf die Berichterstattung "derzeit mit Hochdruck von verschiedenen Dienststellen der Polizei Berlin und Behörden aufgearbeitet".

In der vergangenen Woche hat die Polizei einen 43-jährigen Familienvater festgenommen. Er sitzt in Untersuchungshaft wegen des dringenden Tatverdachts, die damals 14-jährige Georgine am 25. September 2006 in seinen Keller in Moabit gelockt, dort sexuell missbraucht und ermordet zu haben. Georgine lebte damals in unmittelbarer Nachbarschaft in der Stendaler Straße.

Doch es dauerte 12 Jahre, bis die Polizei den mutmaßlichen Täter fassen konnte. Die Beweislage ist laut Staatsanwaltschaft  klar. Ein verdeckter Ermittler hatte sich das Vertrauen von Ali K. erarbeitet. K. soll dann die Tat gestanden haben. Der Beamte zeichnete alles auf. Anfang vergangener Woche schlug die Polizei dann zu. Derzeit werden noch die Spuren aus Wohnung und Keller des Mannes untersucht. 

2012 erging gegen Ali K. ein Bewährungsurteil

Gegen Ali K. war bereits 2011 ermittelt worden, 2012 erging gegen ihn ein Bewährungsurteil - weil er eine damals 17-Jährige in seinen Keller zerrte und vergewaltigen wollte. Wie die heute 24-Jährige der B.Z. berichtet, habe K. sie geschlagen, begrapscht und versucht, sie zu küssen. Weil sie gesagt habe, sie sei noch Jungfrau, habe er von ihr gelassen. Zudem habe sie versprechen müssen, nicht mit der Polizei zu sprechen. Die junge Frau ging dann doch zur Polizei.

Der Weg von Georgine Krüger, Stendaler Straße in Moabit.
Der Weg von Georgine Krüger, Stendaler Straße in Moabit.

© Tsp

Dann soll es die erste Panne gegeben haben. Die damals 17-Jährige hat nach eigener Darstellung im Polizeiabschnitt 33 Anzeige erstattet - und hat die Beamten darauf hingewiesen, dass Ali K. auch mit dem Fall Georgine zu tun haben könnte. Doch anstatt dem Verdacht nachzugehen, sollen die Beamten gemaßregelt haben: Ohne Beweise solle sie die Anschuldigung nicht wiederholen. 

Das spätere Bewährungsurteil im Jahr 2012 gegen K. lautet auf sexuelle Nötigung. Ali K. war von den Ermittlern der sechsten Mordkommission beim Landeskriminalamt auch schon nach Georgines Verschwinden 2006 als Zeuge befragt worden. K. hatte erklärt, dass Mädchen nicht zu kennen. Doch hätten die Ermittler nicht spätestens 2012, als Ali K. verurteilt wegen einer Sexualstraftat verurteilt worden war, hellhörig werden müssen? Hätten nicht die Alarmglocken läuten müssen?

Zeugenliste wurde nochmals überprüft

Dem "B.Z."-Bericht sollen weder die Abschnittsbeamten noch die Lka-Ermittler für Sexualstraftaten die Informationen zu dem Fall an die für den Fall Georgine zuständige 6 Mordkommission weitergeleitet haben. In einem weiteren Fall soll Ali K. im Januar 2014, also noch auf Bewährung, erneut versucht haben, eine 14-Jährige aus der Nachbarschaft in den Keller zu zerren. Doch bei der Polizei sollen die Beamten dann nur einen Tätigkeitsbericht geschrieben haben: Keine Straftat erkennbar, der Mann sei nicht vorbestraft. 

Schließlich ist die Mordkommission dann selbst auf den Zusammenhang gestoßen, als die Zeugenliste nochmals durchkämmt. Nach Angaben der heute 24-Jährigen im Jahr 2016. Sie sei auch vernommen worden, sagte sie der "B.Z." Und sie äußerte den Verdacht, „dass es noch viel mehr Opfer gibt“.

Die Staatsanwaltschaft hielt sich bislang dazu bedenkt, warum Ali K. erst jetzt gefasst wurde, obwohl er bereits 2012 wegen versuchter sexueller Nötigung verurteilt worden war. Laut Staatsanwaltschaft seien 2017 mehrere Umstände zusammengekommen. Erkenntnisse aus der Abfrage der damaligen Handyfunkzellen und Ergebnisse einer Telefonüberwachung. Es sei ein „auffälliges Interesse an minderjährigen Mädchen“ bei K. festgestellt worden.

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