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Berlin: Schwerkraft leicht gemacht

Im neuen Exploratorium in Potsdam lernen Kinder spielerisch die Grundlagen der Welt kennen

Potsdam - Lena ist sechs und liebt Schokoküsse. Heute aber sieht sie das Naschwerk aus einer etwas anderen Sicht, denn es liegt unter einer Vakuum-Glocke. Wenn man die Luft abpumpt, vergrößert sich das süße Etwas auf das Sechsfache, nimmt aber fast ohne Risse die alte Form wieder an, wenn die Luft zurückkehrt. Das Exponat „Schokokuss-Pumpe“ ist nicht nur für Lena die Hauptattraktion im neuen Potsdamer Exploratorium. Am Wochenende feierte das Mitmachmuseum für Kinder seine Eröffnung mit einem kostenlosen Schnupperwochenende; vom heutigen Dienstag an ist es regulär geöffnet.

„Wir wollen Kinder mit allen Sinnen für die Wissenschaft begeistern und neugierig machen“, sagt Kurator Axel Werner. Der 41-Jährige ist Physiker und Ideengeber der Ausstellung, Träger ist ein von ihm gegründeter Verein, der seine jährlichen Kosten für das Museum von einer halben Million Euro über die Eintrittsgelder und Spenden wieder hereinholen will. In der 1600 Quadratmeter großen Halle sollen Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren staunen und bei einfachen Experimenten lernen, wie zum Beispiel Magnetismus, Licht oder Strom funktionieren. Die „Schokokuss- Pumpe“ ist eines von 85 So-funktioniert-die-Welt-Exponaten – 100 sollen es einmal werden. Zumeist sind die Ausstellungsstücke von Werner selbst gebaut oder von Firmen und Privatpersonen gespendet worden. Eine bundesweite Besonderheit soll das Exploratorium werden. „Andere interaktive Wissenschaftsschauen richten sich an Jugendliche. Doch die sind für die Naturwissenschaften meist nicht mehr zu begeistern. Uns geht es um die Kleinen, die noch richtig wissbegierig sind“, sagt Werner.

Die ersten Besucher probierten am Wochenende die Ausstellungsstücke. Da gibt es zum Beispiel das „Harmonische Pendel“. Wenn man hier alle 16 Kugeln gleichzeitig anstößt, schwingen die Pendel bald in einem harmonischen Muster. Der Grund liegt in den verschieden langen Fäden, an denen die Kugeln hängen. Daher brauchen sie unterschiedlich viel Zeit zum Schwingen. „Die Kinder sollen sehen, wie Gravitation wirkt und welche ästhetischen Formen in der Physik entstehen können“, sagt Werner.

An einer anderen Station hält er ein dünnes Aluminiumrohr in der Hand und lässt eine Magnetkugel hindurchfallen. Von oben ist zu sehen, wie die Kugel ganz langsam nach unten schwebt. Aber warum? „Die Lösung ist nicht ganz einfach“, gibt Werner zu: „Die Magnetkugel wird von der Erde angezogen und erzeugt bei der Bewegung im elektrischen Leitmaterial Aluminium magnetische Verwirbelungen, die bremsend wirken.“ Auf diesem Prinzip würden auch die berührungslosen Wirbelstrombremse beim ICE beruhen, sagt er. Ein Stück weiter in einem abgedunkelten Bereich der Halle legt die siebenjährige Janine gerade vorsichtig ihre Hand auf eine Kugel, an deren Innenwand elektrische Entladungen zucken. Und siehe da: Die Lichtbögen suchen sich den Weg zu Janines Fingern. Die Erklärung: Sie steht auf der Erde, ist damit „geerdet“ und der elektrische Strom kann durch sie hindurchfließen.

An allen Ecken gibt es etwas zu bestaunen. Kugelbahnen stehen da mit verschieden starken Gefällen, in der Dunkelkammer können die jungen Besucher mit einem Blitzgerät ihren Schatten festhalten. Das Hauptexponat der Ausstellung ist dagegen nicht sichtbar: Die Klangwelten, erzeugt durch Schritte auf einer bestimmten Fläche der Halle. Sobald man diese betritt, nimmt eine Kamera die Bewegungen auf und ein Computer wandelt sie in Musik oder auch Vogelgezwitscher um.

Viermal im Jahr wird das Potsdamer Exploratorium ein neues Thema aufgreifen. Nächstes Ausstellungsthema soll „Wasser“ sein. Dass das Mitmachmuseum für Kinder ein Erfolg wird, davon gehen Axel Werner und seine Mitarbeiter aus. „Da geht natürlich auch viel Material kaputt. Das reparieren wir dann montags in unserer Werkstatt“, sagt Werner.

Das Exploratorium in Potsdam, Wetzlarer Straße 46, liegt nahe dem S-Bahnhof Babelsberg. Geöffnet täglich außer montags von 8.30 bis 18 Uhr, samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr. Erwachsene zahlen 5,50 Euro, Kinder 4 Euro, Gruppen 3,50 Euro pro Person. Infos im Internet: www.exploratorium-potsdam.de

Lisa Garn

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