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Berlin: Scientology feiert – und schottet sich ab

Tausende Mitglieder kamen zur Eröffnung des neuen Hauses. Hinein durfte nur, wer genehm ist

Mehrere tausend Scientology-Anhänger aus den USA, Israel und vielen europäischen Ländern kamen gestern zur Eröffnung der neuen Berlin-Repräsentanz der umstrittenen Organisation an der Otto-Suhr-Allee. Auch Lindenstraßen-Schauspieler und bekennender Scientologe Franz Rampelmann war von München angereist. Sie standen vor dem offiziellen Einlass stundenlang auf dem Bürgersteig und schwenkten die Flaggen ihrer Heimatländer. Am frühen Morgen hatte die Polizei eine von Scientology Deutschland angemeldete Demonstration verboten. Diese sollte vom Ernst-Reuter-Platz mit 5000 Teilnehmern die wenigen hundert Meter über die Otto-Suhr-Allee führen. Scientology begründete die Demo mit der „politisch motivierten religiösen Intoleranz in Berlin“. Die Polizei begründete ihr Verbot damit, dass die Demo nur der Versuch sei, die zuvor vom Bezirksamt für die Eröffnung abgelehnte Straßensperrung doch noch zu erreichen. Die Organisation habe das Verbot respektiert, hieß es.

Zwischenfälle gab es nach Polizeiangaben nicht – allerdings waren ohnehin kaum Beamte zur Stelle, nicht einmal um den Verkehr zu regeln. Wie es hieß, sei es eine bewusste Entscheidung der Polizeiführung gewesen, sich nicht vor dem Gebäude zu zeigen. Aus der Entfernung filmten zwei Polizisten das Geschehen, einige Schutzpolizisten besänftigten an der gegenüberliegenden Straßenseite die Anwohner. Mehrere Nachbarn klagten, dass die Organisation aus ihrer Zentrale heraus die Umgebung fotografiere und filme. „Wir werden richtig belästigt von denen“, sagte der Mieter einer Dachgeschosswohnung,

Bis zum Abend drängten sich in dem sechsstöckigen Gebäude mehrere tausend Menschen. Alle Räume standen offen, auch das nachgebaute Arbeitszimmer des Gründers L. Ron Hubbard oder die „Reinigungs“-Sauna im sechsten Stock. Ob es eine offizielle Eröffnungszeremonie im Innern des Hauses gab, wurde geheimgehalten. Um 13 Uhr begrüßte Sabine Weber, die Deutschlandsprecherin von Scientology, die Besucher vor dem Haus „zu diesem historischen Moment der Eröffnung der Scientology-Kirche in Berlin“. Im Anschluss sprachen der Jazzmusiker Chick Corea und die amerikanische Schauspielerin Anne Archer mit ausgewählten Pressevertretern im Erdgeschoss des Hauses. Dem Tagesspiegel wurde der Zutritt offiziell verwehrt – „wegen der Berichterstattung der vergangenen Tage“, wie eine Sprecherin am Eingang sagte. Unerkannt gelangte ein Reporter dennoch ins Haus.

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) rät auch nach der Eröffnung der neuen Zentrale zu einem gelassenen Umgang mit der Organisation. „Bisher hat Scientology in Berlin nicht Fuß fassen können und war hier inaktiv“, sagte er dem Tagesspiegel am Sonntag. „Ich gehe davon aus, dass das so bleibt.“ Die Berliner hätten sich als „hinreichend immun gegen die Werbungsversuche“ dieser und anderer Organisationen erwiesen.

Das Thema wird in der kommenden Woche auch das Abgeordnetenhaus beschäftigen. Auf Antrag der CDU, die eine Beobachtung von Scientology durch den Verfassungsschutz fordert, wird bei der Parlamentssitzung am Donnerstag über einen möglichen Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel diskutiert, kündigte CDU-Innenpolitiker Frank Henkel an. Er warnte davor, dass Berlin „zum Brückenkopf für einen Krieg gegen Europa“ werden könne, den Scientology nach internen Strategiepapieren angeblich vorbereite. Die Organisation wollte sich dazu nicht öffentlich äußern.

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