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Berlin: Sechs Millionen Mark für freien Kanzlerblick

BERLIN .Der Streit um den Standort des Tempodrom ist beigelegt.

BERLIN .Der Streit um den Standort des Tempodrom ist beigelegt.Die Kulturzelt-Chefin Irene Mössinger und der Vertreter des Landes Berlin einigten sich gestern vor dem Landgericht auf eine Entschädigungssumme von sechs Millionen Mark.Das Tempodrom verpflichtet sich im Gegenzug, sein Gelände in unmittelbarer Nähe des neuen Kanzleramtes bis zum 30.April 1999 zu räumen."Mit dem Vergleich können wir leben", sagte Tempodrom-Chefin Irene Moessinger.Sie hatte bislang eine Summe von acht Millionen Mark an Entschädigungsgeldern gefordert, um einen Neubau des Kulturzeltes am Anhalter Bahnhof verwirklichen zu können.

Vier Millionen Mark Entschädigungsgelder fürs Tempodrom hatte das letzte Angebot von Land und Bund Ende vergangenen Jahres noch gelautet.Als das Tempodrom die Summe als zu niedrig ablehnte, kam die Räumungsklage gegen das Kulturzelt.Das Tempodrom-Team hatte dem Prozeß mit Zuversicht entgegegengeblickt."Das Vergleichsangebot des Landes Berlin kam erst spät am Vorabend der Verhandlung", sagte Tempodrom-Anwalt Rainer Geulen.

Die Modalitäten des Vergleichs sehen vor, daß die sechs Millionen Mark in Teilsummen jeweils nach Baubeginn, nach Abnahme des Rohbaus und nach der Bauabnahme des fertiggestellten Gebäudes ausgezahlt werden.Sechzig Prozent der Summe trägt der Bund, 40 Prozent das Land Berlin.Das Geld kommt aus dem Sonderfonds "Entwicklung Hauptstadt Berlin".

32 Millionen Mark soll das "Neue Tempodrom" am Anhalter Bahnhof kosten.Die Finanzierung des futuristischen Zeltbaus fußt auf vier Säulen.Acht Millionen sollen von Sponsoren kommen, etwa ebenso viel aus Mitteln der Lottostiftung und einem EU-Förderprogramm.Die Entschädigungszahlungen von Bund und Land in Höhe von acht Millionen Mark waren ebenfalls tragendes Fundament "Wir kriegen das auch mit sechs Millionen hin", sagte der Bauunternehmer Roland Specker, der als Berater von Moessinger den Kompromiß vorbereitete.

Der Zeitrahmen für den Abbauf der beiden Zelte und der kleinen Wohnwagenstadt ist denkbar knapp: Die letzte Vorstellung im Zelt soll am 7.Februar stattfinden, und bis spätestens Ende März sollen die Zelte verschwunden sein.Das große Zelt wurde bereits abgebaut."Das wird für uns ein schwieriger logistischer Akt, die Lagerflächen zu finden", sagte Irene Moessinger, die trotzdem von einem "Sieg fürs Tempodrom" sprach.Mit einer modernen Zirkusveranstaltung will sich das Kulturzelt von seinem bisherigen Standort verabschieden.

Das "Neue Tempodrom" soll auf dem Anhalter Bahnhof in Kreuzberg entstehen."Wir wollen spätestens im Sommer einen Bauantrag beim Bezirk einreichen", sagte der Kabarettist Arnulf Rating, Vorstand des "Freundeskreises des Tempodroms."

Sollte der der 32-Millionen-Bau des Architekten Frei Otto zügig errichtet werden, könnten Irene Moessinger und ihre 35 Mitarbeiter zu Silvester 2001 die Eröffnung feiern.

Wo das Kulturzelt in der Interimszeit der nächsten beiden Jahre in Berlin eine Spielstätte haben wird kann, ist derzeit noch unklar.Die beliebte Weltmusik-Veranstaltungsreihe "Heimatklänge" kann, dies ist schon abgesprochen, im Sommer 1999 rund um das Haus der Kulturen der Welt stattfinden."Wir suchen jetzt ganz intensiv einen Standort in Berlin, wo wir das kleine Zelt aufstellen unde weiterspielen können", sagte Irene Moessinger.Bislang sei noch kein Standort gefunden.

"Neue Regierung ist verläßlich"

Erleichterung über den Tempodrom-Kompromiß

Nikolaus Sander, kulturpolitischer Sprecher der SPD im Abgeordnetenhaus: "Der ausgehandelte Vergleich zeigt, daß auf die neue Bundesregierung bei der Hauptstadt-Kultur Verlaß ist.Die wissen, was wichtig ist."

Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Abgeordnetenhausfraktion von Bündnis 90/ Grüne: "Die alte Bundesregierung hat mit Hilfe ihres Berliner Statthalters, Kultursenator Radunski, lange Zeit alles versucht, um das Tempodrom entschädigungslos von seinem angestammten Platz zu vertreiben.Wir hoffen jetzt, daß mit den sechs Millionen Mark der Startschuß für den Neubau des Tempodroms am Anhalter Bahnhof erfolgen kann."

Jörn Jensen, bündnisgrüner Bürgermeister von Tiergarten: "Wir sehen das Tempodrom nur ungern aus unserem Bezirk wegziehen, weil es sehr wichtig für die Kultur war."

Franz Schulz, bündnisgrüner Bürgermeitster von Kreuzberg: "Wir müssen am Anhalter Bahnhof die Hausaufgaben machen.Zum Beispiel klären, ob auf dem Tempodrom-Gelände Altlasten sind und wer für die Entsorgung bezahlt.Wir jedenfalls nicht". emv

EVA-MARIA VOCHAZER

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