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Berlin: Seit 27 Jahren wohnt der Bundestagspräsident am Kollwitzplatz - nun will ihn seine Vermieterin los werden

Auch ein Bundestagspräsident kann in die Mühlen des Mietstreits geraten: Wolfgang Thierse, der seit 27 Jahren am Kollwitzplatz wohnt, soll fristlos gekündigt werden, weil er angeblich untervermietet hat. "Ich habe immer den Wunsch gehabt wie ein normaler Mensch zu leben, und dazu gehört eben auch Ärger mit dem Vermieter", meinte Thierse zum Tagesspiegel.

Auch ein Bundestagspräsident kann in die Mühlen des Mietstreits geraten: Wolfgang Thierse, der seit 27 Jahren am Kollwitzplatz wohnt, soll fristlos gekündigt werden, weil er angeblich untervermietet hat. "Ich habe immer den Wunsch gehabt wie ein normaler Mensch zu leben, und dazu gehört eben auch Ärger mit dem Vermieter", meinte Thierse zum Tagesspiegel. Hausbesitzerin Kerstin Alscher sei aber im Unrecht: Von einer Untervermietung, einer illegalen gar, könne keine Rede sein. Alscher wird Thierse zufolge anwaltlich vertreten durch den früheren Fraktionsvorsitzenden der rechtsextremen "Republikaner", Carsten Pagel.

Still ist das Haus des Präsidenten an diesem Mittag am Kollwitzplatz. Die gelbe, restaurierte Fassade ist von Bäumen halb verdeckt, das Treppenhaus unrenoviert, mit Grafitti beschmiert. Keine Klingelanlage, das Türschloss funktioniert nicht. Unten werkeln thailändische Handwerker. Die Inhaberin von "Falbala", einem Laden, der antike Kleidung verkauft, betont, dass alle im Haus mit dem Nachbarn Thierse ein gutes Verhältnis hätten. "Ich habe auch schon Ärger mit Alscher gehabt, da gibt es seit längerem Briefwechsel", sagt sie. Ist es nicht schwierig, mit jemandem zu leben, der ständig im Rampenlicht steht? "Davon merkt man gar nichts", sagt sie. "Gerade mal, dass er morgens vom Dienstauto abgeholt wird."

Ärger wegen der Sicherheitsstufe, die ein Bundestagspräsident nun einmal hat, hat es allerdings bereits gegeben: Im Frühjahr hatte das Bundeskriminalamt verlangt, dass in Thierses Wohnung schusssichere Fenster eingebaut würden, auf Kosten des Bundes. Auch dagegen hatte sich die Vermieterin gesträubt: Was, wenn Thierse ausziehe und sie aus Denkmalschutzgründen wieder die alten Holzfenster einbauen lassen müsse?

Nun will Thierse aber überhaupt nicht ausziehen, vielmehr ist es seine Vermieterin, die zum Auszug drängt. Sie hatte einen Namen an seinem Briefkasten entdeckt und daraus geschlossen, die Wohnung würde untervermietet. "Das ist meine Schwägerin, die im Ausland lebt, und sie braucht eine Adresse für offizielle Post", erklärte Thierse. Übrigens wolle seine Vermieterin nicht nur ihn los werden, sondern auch andere Mieter. "Aber wir halten zusammen."

Wenn die Vermieterin das Haus frei bekommt, kann sie teurer vermieten. Thierse zahlt, wie auch andere, die alte Mietverträge für Wohnungen im Ostteil der Stadt haben, nur 4,65 Mark netto kalt pro Quadratmeter für seine Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung mit 110 Quadratmetern. "Im Sanierungsgebiet Kollwitzplatz läge die zulässige Mietobergrenze nach einer Renovierung bei 7,43 Mark pro Quadratmeter, fast doppelt so hoch", sagt Reiner Wild vom Berliner Mieterverein. Der Mieterberatung Prenzlauer Berg ist das Haus seit längerem bekannt. "Nur die Fassade ist gemacht worden, innen ist das Gebäude gravierend vernachlässigt", hieß es dort. Das Haus sollte schon vor drei Jahren modernisiert werden, den Antrag habe die Vermieterin aber zurückgezogen. Inzwischen seien schon Mieter ausgezogen. Ob derzeit Wohnungen leerstehen, weiß die Mieterberatung nicht.

Alscher war die einzige große private Hausverwaltung zu DDR-Zeiten in Ost-Berlin, sie verwaltete Häuser von Einzeleigentümern. Heute gehören Alscher einige dieser Häuser. Kerstin Alscher ist die Tochter, die Firma sitzt in Adlershof.

Eva Schweitzer

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