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Schüler im Prüfungsstress: Jeder dritte Neuntklässler scheitert an den Ansprüchen der Berufsbildungsreife.

© Mike Wolff

Sekundarschulen in Berlin: Jeder vierte Neuntklässler scheitert an Mathematik

Das geht ja gut los mit dem neu eingeführten Abschluss der Berufsbildungsreife in Berlin: Jeder vierte Sekundarschüler schafft ihn nicht. Die Senatorin führt dies auf "mangelnde Ernsthaftigkeit" zurück und tat erstmal nichts, um die Ergebnisse in der Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Die Hürde war dann doch zu hoch: Mehr als 25 Prozent der Sekundarschüler haben die dieses Jahr neu eingeführte Berufsbildungsreife verfehlt. Die meisten scheiterten an den Mindestanforderungen in Mathematik. Die Senatsverwaltung will das Niveau der Arbeiten dennoch „definitiv nicht absenken“, hieß es auf Nachfrage. Sie hofft aber auf bessere Ergebnisse, sobald sich das neue Verfahren etabliert hat, das an die Stelle des Hauptschulabschlusses getreten ist.
Insgesamt 12 100 Neuntklässler von Sekundar- und Gemeinschaftsschulen hatten an den zentralen Vergleichsarbeiten teilgenommen, die im Frühjahr geschrieben wurden. In Mathematik schafften knapp 4000 von ihnen kein „Ausreichend“; in Deutsch waren 600 Schüler nicht erfolgreich. Wer in Deutsch ein „Befriedigend“ erreichte, konnte eine misslungene Mathematikarbeit ausgleichen und umgekehrt. Weitere 620 Neuntklässler bestanden die Arbeiten, scheiterten aber an ihren Jahrgangsnoten. Beim früheren Hauptschulabschluss war die Hürde niedriger: Für ihn brauchte man keine Vergleichsarbeiten zu bestehen. Es reichte die Versetzung in Klasse 10. In Brandenburg wurde diese Regelung beibehalten.

In Mitte gibt es die schlechtesten Ergebnisse

Die Ergebnisse unterscheiden sich stark nach Bezirken und Herkunft. Bei den Schülern mit türkischer Muttersprache lag die Erfolgsquote bei 66 Prozent gegenüber 82 Prozent bei den Schülern deutscher Herkunft. Im Bezirksvergleich stehen Steglitz-Zehlendorf und Treptow-Köpenick mit einer Bestehensquote von jeweils 86 Prozent am besten da. Mitte ist weit abgeschlagen mit einer Quote von lediglich 59 Prozent. Als nächster Bezirk folgt Neukölln mit 69 Prozent.

1600 Schüler in Berlin traten nicht einmal zu den Prüfungen an

Noch negativer fällt die Bilanz aus, wenn man auch die 1600 Neuntklässler berücksichtigt, die gar nicht erst zu den Klausuren antraten. Von den dann insgesamt 13 700 Schülern des Jahrgangs ist ein Drittel ohne Berufsbildungsreife in die zehnte Klasse gestartet. Nahezu identisch sind die Ergebnisse im Schulformvergleich: Zwischen der Bestensquote an Sekundarschulen und Gemeinschaftsschulen gibt es kaum Unterschiede.
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hatte die Ergebnisse nicht von sich aus kommuniziert, sondern es dem Institut für Schulqualität Berlin-Brandenburg (ISQ) überlassen, sie auf seiner Homepage zu veröffentlichen. Auf Anfrage des Tagesspiegels teilte die Bildungsverwaltung am Donnerstag mit, die Schüler hätten die neue Prüfung offenbar noch „nicht ausreichend ernst genommen“. Das könne daran liegen, dass sie die Klausuren in der zehnten Klasse wiederholen können. Zudem seien die Lehrkräfte „noch nicht genügend sensibilisiert, damit sie die Schüler gezielt auf die vergleichenden Arbeiten vorbereiten“. Die Verwaltung erwartet, dass die Ergebnisse besser werden, sobald sich das neue Verfahren „eingespielt und in der Wahrnehmung verfestigt hat“.

Nadia Chabbi von der Berliner Industrie- und Handelskammer sagte auf Anfrage, der Ergebnisbericht des ISQ zeige, "dass dringender Handlungsbedarf vor allem im Fach Mathematik besteht". Das bestätigten auch die IHK-Ausbildungsbetriebe aus ihren praktischen Erfahrungen. Hier müsse seitens der Schulen "umgehend nachgesteuert werden."

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