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Berlin: Senat gibt Weg frei für Verkauf von 15 000 Wohnungen

Städtische Unternehmen dürfen mitbieten Klausurtagung zur Sanierung der WBM

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die schwer angeschlagene Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) darf einen Teil ihrer Wohnungsbestände an andere städtische Wohnungsunternehmen verkaufen. Finanzsenator Thilo Sarrazin und Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg JungeReyer (beide SPD) sind mit dem Vorschlag aus den Reihen der SPD-Abgeordnetenhausfraktion einverstanden. Das geht aus einer Vorlage an den Senat hervor, der gestern in Klausur über die Zukunft der öffentlichen Wohnungswirtschaft beriet. Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hat nichts dagegen. „Unter der Bedingung, dass sich die städtischen Gesellschaften am Wettbewerb beteiligen und marktübliche Preise zahlen“, sagte Wowereit am Rande der Sitzung.

Im Senatspapier wird bestätigt, dass sich die landeseigenen Unternehmen Howoge und Degewo am Bieterverfahren für die Wohnungen der WBM beteiligen wollen. „Beide Gesellschaften planen mittelfristige Ergänzungen ihres Bestands.“ Vorrangig in Sanierungsgebieten. Damit wird ein Teil der 25 000 Wohnungen der WBM in Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte für den Kauf interessant. Dem Vernehmen nach sind Howoge und Degewo in der Lage, einen guten Preis zu bieten. Das heißt, bis zum 12-fachen der Jahresmiete.

Dennoch werden private Investoren den größeren Teil der Wohnungen erwerben. Um zahlungsfähig zu bleiben, muss die WBM bis Ende 2007 maximal 15 000 Wohnungen verkaufen. „Altlasten, die vor Beginn der Legislaturperiode begründet wurden“, sind nach Meinung von Sarrazin und Junge-Reyer für die Schräglage der Gesellschaft verantwortlich. Durch gescheiterte Projektentwicklungen und Managementfehler sei die WBM zu einem „Sonderfall“ geworden. Die Liquiditätsprobleme seien erstmals nach der Kündigung des Mietvertrags - Ende 2003 durch WalMart - in den Rathauspassagen deutlich geworden. Untersuchungen hätten Hinweise auf „unwirtschaftliches Handeln“, aber keine eindeutigen Pflichtverletzungen der Geschäftsführung ergeben. Nur beim „Russischen Haus“ seien Schadensersatzansprüche denkbar.

Für die anderen fünf landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zeichnen die beiden Senatsmitglieder ein eher positives Bild. Degewo und Gesobau, Gewobag und Howoge hätten 2005 insgesamt 40,9 Millionen Euro Gewinne gemacht. „Stadt und Land“ werde 2006 erstmals schwarze Zahlen schreiben. Trotzdem wird in der Senatsvorlage angekündigt, dass nicht nur die WBM Wohnungen verkaufen wird. So wolle „Stadt und Land“, in Abstimmung mit dem Senat, die High-Deck-Siedlung (1900 Wohnungen) und die Siedlung an der Alten Hellersdorfer Straße (900 Wohnungen) privatisieren. Geworben wird auch für den Verkauf von 2350 Wohnungen im Märkischen Viertel durch die Gesobau. Das Unternehmen brauche dringend Geld für die Instandhaltung und Modernisierung der übrigen Bestände. Weitere 600 Wohnungen will die Gewobag veräußern. Koalitionsintern ist dieses Verkaufskonzept umstritten. Der Senat fasste dazu gestern keinen Beschluss.

Die betroffenen Mieter, so versichern die zuständigen Fachsenatoren, würden umfassend geschützt. Das gelte für Eigenbedarfskündigungen, Luxusmodernisierungen und Mieterhöhungen über den Mietspiegel hinaus. Ein- und Umbauten der Mieter müssen nicht beseitigt werden. Außerdem sollen die Käufer der Wohnungen im Märkischen Viertel und in der High-Deck-Siedlung zu „Instandhaltungsleistungen zur Verbesserung der Wohnqualität“ verpflichtet werden.

In Berlin werden rund 290 000 Mietwohnungen von den städtischen Unternehmen verwaltet. Im Westteil sind das 8,7 Prozent und im Ostteil 24,3 Prozent des Wohnungsbestands. Zum Vergleich: In den westdeutschen Städten über 200 000 Einwohner beträgt der kommunale Anteil 8,1 Prozent, in ostdeutschen Städten 19,8 Prozent. Dresden hat seine öffentlichen Bestände komplett verkauft.

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