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Senat: Linke attackiert SPD wegen Bruch des Koalitionsvertrages

Der Parteitag debattiert über die rot-rote Krise nach Wowereits Ja zur Reform der Erbschaftssteuer.

Ein kämpferischer Lenin schwingt mit geballter Faust seine Reden, grimmig blickende Kommunisten greifen zum Gewehr, an der Wand prangt der Slogan: „Der provisorischen Regierung keine Unterstützung!“ Mit revolutionärem Pathos begann am Samstagnachmittag der Landesparteitag der Berliner Linken in der Lichtenberger Max-Taut-Aula. Bis zum Sonntagabend wollten hier rund 170 Delegierte eine Bilanz der rot-roten Koalitionsarbeit ziehen, die Parteiführung durch Wahlen bestätigen und sich auf die Bundestagswahl 2009 vorbereiten.

Ähnlich kämpferisch wie die zu Anfang gezeigten Filmsequenzen von der Oktoberrevolution gaben sich Parteichef Klaus Lederer, Senatoren wie Heidi Knake-Werner und andere in ihren Reden. Dabei bekam der Koalitionspartner, die SPD, mehr Seitenhiebe ab als sonst auf Linken-Parteitagen üblich. Das lag auch, aber nicht nur, an dem, was am Vortag im Bundesrat passiert war und was viele im Saal als größte Koalitionskrise seit langem bezeichneten.

Dass die Landesregierung sich bei der Erbschaftssteuer nicht wegen der ablehnenden Linken-Position enthalten, sondern dem „miesen Kompromiss“ (Lederer) zugestimmt hat, ist für die Linken „nicht hinnehmbar“, sagte der Linken-Parteichef. Klaus Wowereit und der SPD warf er vor, den Koalitionsvertrag gebrochen zu haben, was der Regierende Bürgermeister mit dem „Interesse des Landes Berlin“ begründete. Lederers mit viel Applaus bedachte Entgegnung: „Was das Interesse des Landes Berlin ist, legt nicht alleine Klaus Wowereit fest.“

Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner warf der SPD vor, sich in eine „eifersüchtige Konkurrenzpartei“ verwandelt zu haben, deren „bundesweite Glaubwürdigkeitskrise“ sich auch auf das Klima in der rot-roten Koalition negativ auswirke. Vor allem Finanzsenator Thilo Sarrazin habe sich in der gemeinsamen Regierung vor allem durch „Ignoranz und soziale Inkompetenz“ ausgezeichnet, sagte sie mit Bezug zu dessen Haltung gegenüber Hartz-IV-Haushalten und Mietzuschüssen für Arbeitslose. Trotz der Unzufriedenheit mit dem Regierungspartner stellte am Sonnabend kein ranghoher Parteivertreter die Koalition in Frage. „Es gibt keine Chance, die SPD nach links zu bewegen, außer sich mit ihr einzulassen“, sagte Heidi Knake-Werner.

Zu Beginn des Parteitages hatte Bundesparteichef Lothar Bisky die rot-rote Koalition noch als bundespolitisches Vorbild gelobt, wenngleich auch er an die Delegierten appellierte, der SPD nicht zu weit entgegenzukommen. Es gehe bei der Arbeit in Berlin auch um „die Glaubwürdigkeit linker Politik“. Dafür sah Bisky einige Erfolge, wie der kürzlich erreichte Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst, der ohne die Linken so nicht zustanden gekommen wäre.

Wie es mit der Koalitionskrise weitergeht, blieb am Sonnabend offen. Während manche Linken-Politiker darüber nachdachten, den Koalitionsausschuss einzuberufen, wollten andere in informellen Runden der SPD signalisieren, dass man sich zutiefst düpiert fühlt. Und auch, um sie zu warnen: „So etwas darf in einer Koalition nur einmal passieren“, sagte ein ranghoher Funktionär.

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