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Senatsbaudirektorin Regula Lüscher.

© Mike Wolff

Senatsbaudirektorin Lüscher: „Am Hauptbahnhof greife ich massiv ein“

Senatsbaudirektorin Regula Lüscher über die Bauakademie, lieblose Neubauten und den Planungsstopp am Klosterviertel.

Immer mehr Menschen, immer mehr Haushalte, die Stadt braucht dringend mehr Wohnungen, wenn das Leben im Zentrum nicht bald unbezahlbar sein soll. Die Masterpläne aber teilen neue Bauflächen in große Blöcke auf, die allenfalls Großinvestoren bebauen können. Und für die rechnen sich Büros und Läden besser als Wohnungen. Planen Sie am Bedarf vorbei?

Die Vergabe von Bauland ist Sache der Grundeigentümer, da muss man mit dem Liegenschaftsfonds sprechen oder den privaten Investoren. Am Schinkelplatz hat der Senat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben dazu gedrängt, das ohnehin schon kleine Grundstück in sieben Parzellen aufzuteilen. Aber es stimmt schon, dass die Maßstäbe für manche Bauplanung an anderen Stellen nicht so weit heruntergebrochen werden. Und es ist wichtig, dass kleinteiligere Flächen auf den Markt kommen, die zum Beispiel für Baugruppen attraktiv sind. Nicht ganz richtig ist aber, dass die Bebauungspläne an der Heidestraße oder am Molkenmarkt solche kleinteiligen Vergaben verhindern. An der Heidestraße suchen wir das Gespräch mit Investor Vivico, um dort auch Genossenschaften den Bau von Wohnungen zu ermöglichen. Das wird dem Quartier die gewünschte soziale Mischung bringen, die soziale Nachhaltigkeit wie Vivico es nennt.

Auch die Pläne für den Umbau von Molkenmarkt und Klosterviertel sahen überwiegend große Parzellen vor. Es sollte noch in dieser Legislaturperiode durch das Abgeordnetenhaus, ist jetzt aber gestoppt. Eine Niederlage der Senatsbaudirektorin?

Nein, wir überarbeiten die Pläne. Dabei wird es auch darum gehen, welche Form von Wohnungsbau an der viel befahrenen Grunerstraße möglich ist. Die Blöcke an ihren Rändern sollen niedriger werden. So kann in der Mitte höher gebaut werden und dort können attraktive Wohnungen entstehen. Außerdem werden wir in zwei Stufen arbeiten. Zunächst kommt ein Rahmenplan, der dann durch Teilbebauungspläne ausgefüllt wird. Dadurch können wir die Flächen genauer auf die spezifischen Bedürfnisse der Investoren zuschneiden.

Bisher scheiterten alle Versuche, die Bauakademie zu rekonstruieren. Könnte das Projekt ganz kippen?

Nein, es gibt keine Diskussion um die Rekonstruktion. Das Vorhaben wird innerhalb des Senats breit getragen. Klar ist aber auch, dass das Land Berlin die Rekonstruktion nicht finanzieren kann. Wir suchen einen bereitwilligen Sponsor.

Mit Hans Wall hatten Sie mal einen. Der sprang aber ab, weil die Baukosten nicht gedeckelt wurden. Drei Viertel der Nutzfläche kostenlos der Stiftung Bauakademie und der Baukultur zu überlassen, das will sich niemand leisten. Was nun?

Es ist zu teuer, das Gebäude unter den zugrunde gelegten Prämissen zu bauen. Wir müssen also noch einmal anfangen, mit einer Wirtschaftlichkeitsstudie.

Heftige Kritik müssen Sie sich unter anderem auch gefallen lassen wegen der uninspirierten Bauten am Hauptbahnhof. Sogar der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit spricht in diesem Zusammenhang von Zweckbauten. Mancher wünscht sich die starke Hand Ihres Vorgängers Stimmann zurück. Agieren Sie oder moderieren Sie nur?

Ich verwehre mich heftig dagegen, dass ich nur moderiere. Am Humboldthafen haben wir den Entwurf für ein Gebäude abgelehnt und den Investor OVG davon überzeugt, einen Wettbewerb auszuloben. Ich habe massiv eingegriffen bei der Entwicklung des Lehrter Stadtquartiers. Das Meiniger-Hotel ist ganz gewiss keine großartige Architektur und auch nicht der Maßstab für das Gebiet. Aber das Grundstück hat die Vivico verkauft, ohne sich dabei die Einhaltung der gestalterischen Leitlinien aus dem Wettbewerb für das Quartier verbindlich zusichern zu lassen.

Und wie wollen Sie Ordnung in die Ödnis am Hauptbahnhof bringen?

Der Hauptbahnhof ist das Monument an diesem Ort. Mit seiner expressiven Glasarchitektur ist es eine Diva. Wenn wir nun daneben vier weitere Architektur-Juwelen hinstellen würden, dann bricht alles auseinander und das Geschrei wäre noch größer. Damit der Bahnhof zur Geltung kommt, braucht es einen Rahmen, und das ist ein ganz normales Stadtquartier. Zu dem gehören die vier dort geplanten Blöcke, die in ihren äußeren Abmessungen ruhig und rechteckig sind. Im Inneren brechen wir die Blöcke auf und wir werden auf hohe bauliche Qualität achten.

Berliner Block, ruhig, rechteckig – da fehlt nur noch eine Gestaltungssatzung?

Natürlich ist ein Geviert aus vier Blöcken nicht die ganz große Architektur. Aber man muss wissen, an welcher Stelle der Stadt man expressive Bauten zulässt und wie man sie einbettet. Die Gestaltung jedes einzelnen Gebäudes wird die Leitlinien befolgen, die aus dem städtebaulichen Wettbewerb für dieses Quartier hervorgingen. Außerdem wird es sich der Kritik unserer fünf Experten im Baukollegium stellen müssen. Das gewährleistet gute Qualität, egal ob ein Hotel mit drei oder fünf Sternen entsteht. Wenn das Ensemble fertig ist, wird das Meininger-Hotel als fünfter Baustein in das Ensemble eingebettet und auch nicht mehr so wahrnehmbar sein wie jetzt als Solitär. Das hoffe ich jedenfalls.

Das Gespräch führte Ralf Schönball.

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