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Nicht schön, aber selten. Das hier sind nämlich keine ollen Vasen. Sondern archäologisch wertvolle Fundstücke. Foto: dpa

© dpa

Sensationelle Funde: Womit die ersten Berliner spielten

bei Grabungen in Mitte.

Auf den sanft ansteigenden Hügeln am Ufer der Spree haben sie gesessen, die ersten Berliner – und „Backgammon“ gespielt. Um 1200 herum war das wohl und das Brettspiel hieß sicher anders, das unter Kreuzrittern so beliebt war. Einen Spielstein aus Horn mit eingeritztem Greifvogel haben Archäologen aus dieser Zeit an der Breite Straße entdeckt. Eine „kleine Sensation“ nennt es Landesarchäologe Matthias Wemhoff.

Sensationell ist die für die Öffentlichkeit vorerst nicht zu besichtigende Grabungsstelle auch deshalb, weil die frei gelegten Felssteinbrunnen, Kellergewölbe und Grundmauern die historischen Parzellen wieder aufleben lassen – und mit ihnen das städtische Leben von Cölln, wie die Häuserzeilen auf der Spreeinsel einmal hießen. Auf der Spreeinsel war der Fischmarkt, Handelsschiffe mussten ihre Waren hier feilbieten und Steuern bezahlen. An der Breite Straße entstand die erste Bank Preußens. Der Bürgermeister wohnte ebenfalls an der Breite Straße, in dem Haus, das der Tabakfabrikant Ermeler später erwarb. Dieses letzte Gebäude im Rokoko-Stil ließ die DDR im Jahr 1968 abreißen, verbreiterte die Straße und löschte Cölln aus dem Grundriss und dem Gedächtnis der Stadt.

Töpfe aus dem 12. Jahrhundert, eine türkisfarbene Spardose aus dem 16. und Flaschen aus dem 18. Jahrhundert haben die Archäologen hier geborgen. Eine Besichtigung der tiefen Grube lehrt außerdem viel über die Baugeschichte Berlins: Keller aus gestapelten Felssteinen sind zu sehen und aus Kalkstein, weil der vor Wasser schützte. Später kam der rote Ziegel, große grobe Steine zuerst, dann kleinere, regelmäßige, industriell gefertigte.

Vor allem aber lassen die freigelegten Gemäuer die bauliche Vielfalt erahnen, die an der Breite Straße einmal herrschte. Die Parzellen der Bürgerhäuser maßen 15 Meter in der Breite. Eine wohltuende Abwechslung zur Monotonie der später üblichen, blockumfassenden Großform. Ob der Senat aus diesen Fehlern lernt und Parzellen für die dort geplanten Neubauten nach historischem Vorbild zuschneidet? Der Bebauungsplan wird es zeigen. Ralf Schönball

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