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Simone Frey.

© Sebastian Gabsch

Serien "Frauen in der Berliner Wirtschaft": Simone Frey vernetzt Ernährungsexperten

Simone Frey will mit ihrer Experten-Plattform Nutrition Hub die Ernährung gesünder machen.

Sie möchte die Ernährung gesünder machen – auf wissenschaftlicher Grundlage. Das ist das Ziel der Berliner Unternehmerin Simone Frey. Als Mitgründerin des Experten-Netzwerks Nutrition Hub bringt die 41-Jährige Ernährungsexperten mit der Industrie und der Start-up-Szene zusammen. „Unser übergeordnetes Ziel ist es, den Verbrauchern Zugang zu gesunder und nachhaltiger Ernährung zu ermöglichen.“

Seriöse Informationen seien der Schlüssel dazu, doch in der öffentlichen Wahrnehmung herrsche oftmals ein Durcheinander bei dem Thema. Wer im Internet nach Ernährungstipps sucht, kann schnell fündig werden. Blogger und Influencer verbreiten allerlei Tipps, die fit und gesund machen sollen. Doch nicht alle Empfehlungen sind wissenschaftlich untermauert. Manche können sogar gefährlich sein.

Anfang des Jahres zum Beispiel empfahl eine österreichische Yogalehrerin ihren fast 19.000 Instagram-Fans, auf Wasser zu verzichten und stattdessen nur noch Smoothies zu trinken. Die „No Water Challenge“ wurde zum Trend. Doch Ernährungsexperten und Ärzte schlugen die Hände über dem Kopf zusammen: Eine derartig radikale Kur könne zu gesundheitlichen Schäden führen.

„Die erfolgreichsten Influencer sind leider keine Experten“, sagt die promovierte Ökotrophologin Simone Frey. Wissenschaftliche Fachleute würden in Medien und sozialen Netzen kaum wahrgenommen. Auf einen anerkannten und zertifizierten Experten mit Medienpräsenz kämen neun Laien, die sich ohne jede Qualifikation zum Thema äußerten, schätzt Frey. „Wir wollen dieses Verhältnis umdrehen“, sagt sie. Die Fachkenntnis der Ernährungswissenschaft sei das beste Mittel gegen die Verbreitung von Unwahrheiten und Mythen.

Geboren in Augsburg, studierte Simone Frey unter anderem in New York und Wien. An der Universität Potsdam promovierte sie im interdisziplinären Studiengang Ökotrophologie, der verschiedene naturwissenschaftliche Aspekte der Ernährung verbindet.

Großer Bedarf in der Wirtschaft

Danach war sie unter anderem Geschäftsführerin des Biotech-Start-ups Bioanalyt im brandenburgischen Teltow, das ein Verfahren der Lebensmittelanalytik entwickelte und dafür den Brandenburgischen Innovationspreis im Bereich Ernährungswirtschaft erhielt.

Nutrition Hub gründete Frey 2018 gemeinsam mit Lia Marlen Schmökel im Bezirk Mitte. Inzwischen gehören dem Netzwerk etwa 14.000 Experten an. Laut Frey ist das die „größte Community von Ernährungsexperten in Europa“. In der Wirtschaft gebe es einen großen Bedarf an Experten, die ihr Wissen auf verständliche Weise vermitteln.

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An Nutrition Hub können sich Unternehmen wenden, um zum Beispiel Unterstützung in der Produktentwicklung oder im Marketing zu finden, oder Experten für Fachvorträge bei Veranstaltungen zu buchen.

Gegründet habe sie Nutrition Hub als Nebenprojekt, sagt Simone Frey. Sie hielt Vorträge vor Studierenden der Ernährungswissenschaften. Daraus entstanden neue Kontakte, nach einer Weile sei eine Facebook-Seite hinzugekommen, über die sich weitere Interessierte meldeten. Vor eineinhalb Jahren entschied sie, gemeinsam mit ihrer Mitgründerin in Vollzeit an dem Projekt zu arbeiten.

Digitale Vernetzung in der Krise

„Unsere erste Idee war es, die Experten über eine digitale Plattform zu vernetzen. Das hat am Anfang überhaupt nicht funktioniert.“ Deshalb konzentrierte sich das junge Unternehmen zunächst auf Live-Events. Das Feedback in Branchenmedien und sozialen Netzen sei positiv gewesen. Zu Beginn der Coronakrise verlagerte Nutrition Hub diese Aktivitäten dann ins Internet, so wie das ursprünglich bereits geplant gewesen war. „Jetzt funktionierte es auf einmal“, sagt Frey.

Zum Beispiel gebe es ein regelmäßiges Treffen per Videokonferenz. Dabei lernen sich die Experten kennen und arbeiten dann gemeinsam an einem konkreten Thema. Inzwischen seien auch Leute aus Österreich und der Schweiz dabei, für die die Anreise zu den früheren Live-Events nicht möglich gewesen sei.

90 Prozent Frauenanteil

Im Gegensatz zu den meisten Food- oder Fitness-Bloggern setzten die Experten der Community nicht auf kurzlebige Trends und Hype-Themen. Vielmehr gehe es um die zielgerichtete Entwicklung vorbeugender Maßnahmen, um zum Beispiel ernährungsbedingte Krankheiten zu vermeiden. Es gehe auch darum, die Ernährungswissenschaften nach außen zu öffnen und ihre Themen in die Gesellschaft zu kommunizieren.

Die Community besteht zu 90 Prozent aus Frauen. Das sei aber weniger ein Konzept als vielmehr üblich im Fachbereich, sagt die verheiratete Mutter einer vierjährigen Tochter. Als Key-Opinion-Leader-Netzwerk werde Nutrition Hub in Zukunft auch Einfluss nehmen auf Entscheidungen in der Politik, sagt Frey selbstbewusst. Und ergänzt, woran es bislang mangelt: „Es gibt kein Ministerium, das sich explizit mit der Ernährung des Menschen befasst.“

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