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Berlin: Serienmörder würgte Mithäftling

Thomas Rung gibt sich im Prozess um versuchte Tötung in der Haftanstalt unbekümmert

„Mir hat’s gelangt“, sagt Thomas Rung. „Da hab’ ick ihn Maß genommen.“ Der breitschultrige Mann mit großen Pranken leiert die Sätze herunter. „Ick hab’ ihm mit der Faust einen Schlag versetzt und ein bisschen gewürgt.“ Der Mithäftling wäre beinahe gestorben. Bewusstlos wurde der 37-jährige Günther K. ins Krankenhaus gebracht, wo er mehrere Tage in Lebensgefahr schwebte. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft handelte es sich um einen versuchten Totschlag, für den sich der 42-jährige Rung seit gestern vor dem Berliner Landgericht verantworten musst.

Der Richter fragt immer wieder: „Wollten Sie ihn umbringen?“ Rung bleibt gelassen: „Ick habe mir darüber keine Gedanken gemacht, ick hatte mich über den Mann geärgert.“ Und dann meint der Angeklagte, dass es doch „wurscht“ sei. Das war deutlich eine Anspielung auf die Höhe der Strafe, die ihm angesichts seiner Vorstrafen belanglos zu sein scheint. Rung hatte 1996 eine mörderische Lebensbeichte abgelegt. Innerhalb von zwölf Jahren brachte er sechs Frauen und einen Mann, seinen Stiefbruder, um. Im Mordprozess hatte er sich als „Ungeheuer“ bezeichnet und gewarnt, dass er „für nichts garantieren“ könne.

Das bekam nun auch Mithäftling Günther K. zu spüren. Auf der Station war eine Lieferung Haschisch „verschwunden“ – genau 86 Gramm. K. hatte wohl irgendwie damit zu tun und Rung zehn Gramm davon gegeben. Nun ging es um Geld. Rung meint vor Gericht, es habe schon Gerüchte gegeben, dass er der „Abzieher“ sei. Da fühlte er sich in seiner Ehre verletzt. Am 29. Juni letzten Jahres saß K. wieder einmal im Haftraum von Rung. Mitten im Gespräch schlug Rung zu, schob den bewusstlosen Mann dann unters Bett. Eine Stunde später ging er zu einem Justizbeamten und meinte ganz ruhig, dass K. „entsorgt“ werden könne. Er selbst wollte in den Keller gebracht werden. Dort sind die besonderen Sicherungszellen.

Thomas Rung wurde 1996 zu zweifacher lebenslanger Haft verurteilt. Die Richter ordneten außerdem Sicherungsverwahrung an. 2002 kamen noch einmal zwei Jahre und acht Monate hinzu. Auch in dem Fall ging es um eine Attacke auf einen Mithäftling in der Justizvollzugsanstalt Tegel. Weil Rung dachte, der Mann hätte ihm seine Schreibmaschine gestohlen, schlug und würgte er ihn. Der Serienmörder galt bislang immer als schuldfähig. Auch im jetzigen Verfahren sitzt ein psychiatrischer Sachverständiger mit im Gerichtssaal. Rung verbüßt derzeit weiter seine Strafhaft, aber nach Angaben der Justiz unter Bedingungen der Untersuchungshaft. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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