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Gefährliche Keime: Eine Chronologie zu den Ereignissen an der Charité

© dpa

Serratien-Alarm: Keime in der Charité - eine Chronologie

Schon Anfang Juli werden an der Charité bei einem Säugling Serratien-Keime festgestellt, bald gibt es weitere Fälle. Die Öffentlichkeit erfährt von dem Geschehen erst im Oktober. Eine Chronologie.

8. JULI 2012

Bei einem früh geborenen Säugling wird kurz nach der Entbindung ein Befall mit einem Serratien-Keim durch einen Abstrich am Ohr festgestellt. Er hat sich wahrscheinlich während der Geburt durch einen Darmkeim der Mutter, der ins Fruchtwasser gelangte, angesteckt. Das sei nicht ungewöhnlich, sagt die Charité, und ein Einzelfall gewesen, der keiner Meldung bedurfte.

16. JULI

Bei einem zweiten Kind wird der Darmkeim nachgewiesen, die Charité bringt diesen Fall zu diesem Zeitpunkt aber nicht in Zusammenhang mit dem ersten und meldet ihn ebenfalls nicht. Rückschauend heißt es jetzt, dass es sich dabei um eine noskomiale Infektion handelte, die durch den Aufenthalt oder die Behandlung in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung verursacht wurde. Danach hat es nach Angaben der Charité keine weiteren Fälle mehr gegeben. Nach Angaben von Karl Schenkel, der das so genannte Ausbruchsteam leitet, das im Auftrag des zuständigen Gesundheitsamts die Vorfälle am Virchow-Klinikum untersucht, kam es hingegen von Juli bis Oktober zu weiteren Fällen. Schenkel spricht von 20 bis 30 Betroffenen. Die Charité hat den Zusammenhang der Fälle nicht erkannt“, sagt er.

28.SEPTEMBER Es gibt einen erneuten Befall eines Neugeborenen mit dem Keim, festgestellt wird dies aber erst am 5. Oktober. Das Baby, das später stirbt, liegt zu diesem Zeitpunkt auch auf der Station.. Es ist kein Frühgeborenes, liegt nur hier, weil es einen schweren Herzfehler hat und deshalb ebenfalls besondere Bedingungen braucht.

2./ 3. OKTOBER

Das Baby kommt als Notfall von der Charité ins Herzzentrum, die Operation verläuft nach Angaben des Herzzentrums erfolgreich. .

5.OKTOBER

Das Baby stirbt.

8.OKTOBER

Mehrere Befunde sind positiv, mehrere Kinder befallen oder schon erkrankt. Sie werden streng isoliert, die Suche nach dem Erreger beginnt.

Das Herzzentrum erhält den Befund, dass das verstorbene Neugeborene mit dem Serratia-Keim infiziert war. Später stellt sich heraus, dass ein anderes Baby, das am gleichen Tag operiert wurde wie das verstorbene und im Bettchen nebenan lag, ebenfalls infiziert wurde. Es ist inzwischen wieder gesund.

9.OKTOBER Das Gesundheitsamt Mitte wird über den Ausbruch per Mail und Telefon informiert. Zu diesem Zeitpunkt sind 15 Kinder mit dem Keim kolonisiert, das heißt, er wurde auf der Haut, im Darm oder auf den Schleimhäuten nachgewiesen, die Kinder zeigen aber keine Krankheitssymptome. Sieben Kinder sind erkrankt – bei ihnen wurde der Keim im Blut oder Rückenmarkwasser nachgewiesen.

Aufnahmestopp in der Notaufnahme

10. OKTOBER Das Gesundheitsamt Mitte ordnet gemeinsam mit der Klinik die Teilung der Stationen und die Isolation von betroffenen Kindern an. Zugleich werden die Hände der Mitarbeiter kontrolliert, dabei kann aber kein Keimbefall nachgewiesen werden.

11. OKTOBER

Die Rettungsstelle wird nur noch in Ausnahmefällen von Notdiensten angefahren.

12. OKTOBER

Aufnahmestopp in der Notaufnahme. Nicht-besiedelte Frühchen werden in andere Krankenhäuser verlegt.

15. OKTOBER Das Gesundheitsamt Mitte informiert die Senatsverwaltung über den Ausbruch des Keims.

19. OKTOBER

Krisensitzung mit dem zuständigen Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) und den Vertretern der Charité.

20. OKTOBER

Pressekonferenz: Die Öffentlichkeit erfährt erstmals von der Epidemie.

21. OKTOBER

Bei einem weiteren Neugeborenen wird der Keim nachgewiesen, damit erhöht sich die Zahl der kolonisierten Kinder von 15 auf 16.

22. OKTOBER

Es heißt, dass sich eines der erkrankten Frühchen in Lebensgefahr befindet. Später wird die Nachricht relativiert: Das Kind habe Fieber gehabt, es gehe ihm aber besser. Die Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung gegen Unbekannt auf. Auf der Suche nach der Infektionsquelle überprüft ein Team aus Bezirksmitarbeitern, Charité-Medizinern und Experten des Robert-Koch-Instituts die Abläufe und Lieferungen der vergangenen Wochen. Das sogenannte Ausbruchsteam soll auch klären, ob ausreichend Schwestern und Pfleger eingesetzt waren und das Personal auf den Charité-Stationen ausreicht.

23. OKTOBER

Auf einer gemeinsamem Pressekonferenz geben Charité und Herzzentrum weitere Einzelheiten bekannt und verwahren sich gegen den Vorwurf der Schlamperei. Gemeinsam mit Robert-Koch-Institut und Verbraucherschutzbehörde gehen sie einer neuen Spur nach: Babypflegebäder, die wegen Serratien-Verkeimung vom Handel zurückgezogen wurden. Experten gehen jedoch davon aus, dass kein Zusammenhang besteht. Die Epidemie löst eine heftige Diskussion über Hygiene in Krankenhäusern, aber auch über Personal- und Zeitmanagement in deutschen Krankenhäusern aus. das

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