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Sexualstraftäter: Pädophile sind oft nicht therapierbar

Uwe K. steht wegen Kindesmissbrauchs vor Gericht. Für den forensischen Psychiater Hans-Ludwig Kröber hat sein Fall viele typische Merkmale.

Er hat wegen Vergewaltigung im Gefängnis gesessen, er hat es nach seiner Entlassung vermutlich wieder getan: Uwe K., der am heutigen Donnerstag abermals vor Gericht stehen soll, wirkt auf Fachleute wie der Prototyp eines Sexualverbrechers. Für den forensischen Psychiater Hans-Ludwig Kröber ist er in mehrfacher Hinsicht ein typischer Fall: Sollte Uwe K. wieder verurteilt werden, wäre dies ein weiteres Beispiel dafür, wie leicht Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen zu Opfern von Sexualverbrechen werden. Der Fall wäre außerdem ein Beispiel für die begrenzten Möglichkeiten der Polizei und der Forensisch-Therapeutischen Ambulanz (FTA) in Tegel, bekannte Sexualstraftäter von neuen Verbrechen abzuhalten.

Es muss kein Trend sein, aber derzeit werden es in Berlin wieder mehr: Insgesamt 3236 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind laut Justizsprecher Bernhard Schodrowski im vergangenen Jahr erfasst worden. Das waren immerhin 388 mehr als 2008. Zugenommen hat auch die Zahl der Vergewaltigungen. Das könnte in Großstädten wie Berlin am Zuzug junger Männer liegen, wie Fachleute vermuten.

176 Sexualstraftäter sitzen in Berliner Haftanstalten (in Brandenburg sind es 134). Uwe K. ist aus Brandenburg nach Berlin gezogen. In Spandau soll er sich neue Opfer gesucht haben. Die Polizei hatte die Familie des Mädchens, das später zum Opfer geworden sein soll, vor Uwe K. gewarnt – schließlich war er ein verurteilter Sexualverbrecher, der immerhin elf Jahre im Gefängnis verbracht hatte und 2007 unter Auflagen aus der Haft entlassen worden war.

Uwe K. galt in der Ambulanz als jemand, bei dem trotz aller Behandlung klar war, dass er wahrscheinlich rückfällig werden würde. „Er war nicht therapierbar“, sagt Kröber, der das Institut für Forensische Psychiatrie leitet. Sollten die Tatvorwürfe zutreffen, wäre Uwe K. schon rückfällig geworden, bevor er das erste Mal in die Ambulanz kam. Kröber gehört zu den Mitgründern der Ambulanz. Er hat für die Einrichtung geworben, die sich ausschließlich um behördlich zugewiesene Straftäter kümmert. 60 „Klienten“ können dort betreut werden. Sie werden entweder von der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik oder von der sozialtherapeutischen Abteilung des Tegeler Knasts überwiesen – die Ambulanz ist von beiden Einrichtungen nicht weit entfernt.

Dort arbeiten Psychologen und Sozialarbeiter. In den Sitzungen sollen die Klienten darüber sprechen können, wie sie an Probleme der Lebensgestaltung und sozialen Reintegration herangehen können und wie Schwierigkeiten für sie am besten zu lösen sind. Dazu gehört auch ihr sexuelles Verhalten. Spezifische Psychotherapien finden dort aber nur vereinzelt statt. Eine größere Gruppe wird laut Kröber medikamentös behandelt, unter anderem mit triebdämpfenden Mitteln.

Zehn bis zwanzig Prozent der Sexualstraftäter werden den Statistiken zufolge mit sexuellen Delikten rückfällig. Damit ist die Rückfallquote geringer als zum Beispiel bei Einbrechern und Räubern. Für einen kleinen Teil der Sexualstraftäter gehört Gewalt zur Tat, zum „begehrten Erlebnis“, wie Kröber sagt. Sie seien „dissoziale Persönlichkeiten“ – Menschen, die mitmenschliches Verhalten und Anteilnahme gar nicht erst gelernt hätten. So etwas wie eine „kriminelle Identität“ gebe es auch bei Sexualstraftätern, sagt Kröber. Nur ein kleiner Teil der Klienten, die in die Ambulanz kommen, sei wegen eines Sexualdeliktes bestraft, viele seien Gewalttäter oder psychisch Kranke, sagt der forensische Psychiater.

Uwe K. hatte jedenfalls bei der Entlassung aus der Haft eine negative Prognose. Über ihn hatte der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gesagt, nach K.s Entlassung 2007 hätte nur Sicherungsverwahrung geholfen. Doch K. hatte seine Strafhaft in Brandenburg verbracht – und Sicherungsverwahrung durfte dort aufgrund einer Regelung des Einigungsvertrags auf Täter, die bis 1995 straffällig geworden waren, nicht angewandt werden.

So aber kam Uwe K. in Freiheit und erschlich sich offenbar das Vertrauen mehrerer Familien. So hatte er es wohl auch schon früher gemacht. Anfang der neunziger Jahre gehörte die Tochter einer Freundin zu seinen Opfern. Männer, die vor allem an Sex mit Kindern interessiert sind, „werden zu einem relativ hohen Anteil rückfällig“, sagt Psychiater Kröber. Diese Täter seien häufig davon überzeugt, „dass es Quatsch ist, dass sie dafür bestraft werden“: Sie sagen, sie hätten niemandem geschadet, die Kinder hätten ja mitgemacht. „Die Mehrheit der Kernpädophilen VON DENEN]macht es irgendwann wieder.“/VON DENEN] Werner van Bebber

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