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Berlin: Shopping unter Protest

Polizei musste Laden von Thor Steinar bei Eröffnung schützen Bezirksbürgermeister Hanke fordert die Kündigung des Mietvertrages

Sechs Polizeibusse parken in der Rosa-Luxemburg-Straße in Mitte, kräftige Sicherheitsleute haben sich vor dem neuen „Tonsberg“-Laden aufgebaut, der dort Klamotten der Marke Thor Steinar verkauft. Im Schaufenster ist eine Sicherheitskamera installiert, die alle vorbeigehenden Passanten auf dem Bürgersteig filmt. Und neben dem Geschäft der Mediatex GmbH demonstrieren an diesem Morgen rund 60 Menschen. Politiker von SPD, Grüne und Linke stehen gemeinsam vor der Polizeikette und informieren die Anwohner über die Hintergründe der bei Neonazis beliebten Marke.

„Es ist unfassbar, dass dieser Laden direkt in Mitte aufgemacht hat“, sagt die Juso-Bundesvorsitzende Franziska Drohsel. „Ich hoffe, dass der politische und zivilgesellschaftliche Druck so stark wird, dass Thor Steinar ganz schnell wieder dicht machen muss.“ Auf einem Transparent, das zwei Jugendliche hochhalten, steht: „Nazi-Kleidung ist so uncool“.

Inzwischen hat sich auch Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) in den Konflikt eingeschaltet. „Ich habe den Vermieter persönlich angerufen und gebeten, den Mietvertrag zu kündigen“, sagte Hanke. Darüber hinaus habe er der verantwortlichen Impala Immobilien aus Hamburg seine Hilfe bei juristischen Fragen zu einer möglichen Kündigung angeboten. „So ein Laden hat in Mitte nichts zu suchen“, sagte Hanke. Er überlege, an alle Betroffenen Anwohner einen persönlichen Brief zu schreiben und sie zu einem Runden Tisch einzuladen.

Im Laden selbst versucht der Inhaber von Mediatex, Uwe Meusel, ein bisschen Feierstimmung aufkommen zu lassen. Er schenkt Sekt an die eigenen Mitarbeiter aus, die heute vorerst seine einzigen Gäste sein werden. Wer finanziert die Sicherheitsleute vor der Tür, die seit Donnerstagnacht dort Wache stehen? „Klar, wir bezahlen das alles, denn wir verdienen mit Thor Steinar reichlich Geld“, antwortet Meusel genervt. Man verkaufe im Laden nur Kleidung und „keine politischen Ansichten“ steht auf einem Zettel, den er den Journalisten in die Hand drückt.

Auf der anderen Straßenseite hat sich eine Gruppe Anwohner versammelt. Sie haben erst am Donnerstag durch Flugblätter von den neuen Nachbarn erfahren. „Wir haben die Flyer gleich selbst noch mal kopiert und in alle Briefkästen im Haus gesteckt“, sagt ein Anwohner. Er will sich jetzt mit anderen Bewohnern zusammen tun und überlegen, was man gegen Thor Steinar und seine Kundschaft unternehmen kann. „Ich bin mir sicher, dass schon bald Neonazis durch unsere Straße laufen werden, um in dem Geschäft einzukaufen“, sagt er.

Unterdessen betonte ein Sprecher von Mediatex, dass das alte Geschäft im Berlin Carré nicht schließen musste weil gekündigt wurde, sondern weil der ausgelaufenen Vertrag nicht verlängert wurde.

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