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Berlin: Sich selbst überflüssig machen

Politiker diskutieren über eine Verringerung der Sitze im Abgeordnetenhaus

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Fraktionschef der Berliner Grünen, Volker Ratzmann, will das Abgeordnetenhaus verkleinern. 75 bis 80 Sitze reichen, sagt er. Zurzeit sind es 141. Ein kleines, aber feines Landesparlament könnte nach Meinung Ratzmanns effektiver und qualitätsvoller arbeiten. Um guten Leuten einen Anreiz zu geben, in die Politik zu gehen, müssten die Diäten aber erhöht werden. Ratzmann will außerdem ein Vollzeitparlament, wie es die meisten anderen Länder haben. Nur in Berlin, Hamburg und Bremen gibt es noch Teilzeit-Parlamente, deren Mitglieder großenteils nicht nur Politik machen, sondern einem normalen Beruf nachgehen.

Die FDP und Teile der PDS könnten sich mit diesem Vorschlag anfreunden. Die SPD und die CDU sind dagegen. „Ein kleineres Parlament hebt doch nicht automatisch die Qualität der Politik“, sagt CDU-Fraktionsgeschäftsführer Uwe Goetze. SPD-Fraktionschef Michael Müller erinnert daran, dass im ersten GesamtBerliner Parlament 241 Abgeordnete saßen. 1995 und 1998 ist das Abgeordnetenhaus stufenweise verkleinert worden auf 130 Mindestmandate. Elf Ausgleichs- und Überhangmandate kamen hinzu. Die Qualität des Parlaments, sagt Müller, hänge nicht von dessen Größe ab, sondern von der innerparteilichen Auswahl der Kandidaten. „Da können die Grünen bei der Wahl 2006 mit gutem Beispiel vorangehen.“ Dagegen erhofft sich FDP- Fraktionschef Martin Lindner von einem kleinen Vollzeitparlament eine „Professionalisierung“. Diese Hoffnung wird vom PDS-Fraktionsgeschäftsführer Uwe Doering geteilt. Vorausgesetzt, Diäten und Finanzmittel für Abgeordnete und Fraktionen werden angemessen erhöht.

Was sagt die Statistik? Drei Parlamente in Deutschland sind größer als das Berliner Abgeordnetenhaus: Die Landtage von Nordrhein-Westfalen (231 Volksvertreter), Niedersachsen (183) und Bayern (180). Wenn man sich anschaut, um wie viel Bürger sich jeder Abgeordnete kümmern muss, sind diese Landtage gar nicht so groß. In Bayern kommen auf jeden Volksvertreter 69 000 Bürger. In Berlin sind es 24 000. Der prüfende Blick auf die Flächenländer spricht für ein kleineres Abgeordnetenhaus – der Vergleich mit den Stadtstaaten Hamburg und Bremen nicht. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl sind deren Parlamente zwei- bis dreimal so groß wie in der Hauptstadt.

Wie steht es mit der Bezahlung? Ein Berliner Abgeordneter erhält monatlich 2951 Euro Grundentschädigung plus 870 Euro steuerfreie Kostenpauschale. Die Kollegen in Hamburg und Bremen bekommen einige 100 Euro weniger; in allen Flächenländern sind die Diäten höher. Hessen liegt vorn: mit 6490 Euro Grundentschädigung plus 517 Euro Aufwandspauschale.

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