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Keine Kameras für den Alex.

© dpa

Sicherheit in Berlin: Sondersitzung könnte Henkels Videogesetz retten

Innensenator Frank Henkel hat sich zeitlich verkalkuliert. Nur mit einer Sondersitzung kurz vor der Berlin-Wahl kann der Gesetzesentwurf zur Videoüberwachung beschlossen werden.

Eine Videoüberwachung gefährlicher Plätze in Berlin wird es nur geben, wenn das Abgeordnetenhaus einen entsprechenden Gesetzentwurf in einer Sondersitzung des Parlaments drei Tage vor der Wahl am 18. September beschließt. Die CDU-Fraktion forderte den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Dienstag auf, namens des Senats eine solche Sondersitzung zu beantragen. Machen die Sozialdemokraten da nicht mit, bliebe der CDU noch die Möglichkeit, quasi als parlamentarische Minderheit die Sondersitzung zu beantragen.

Der Grund für das neue Problem ist: Innensenator Frank Henkel (CDU) hat sich mit seiner spontanen Initiative für eine verschärfte Videoüberwachung zeitlich verkalkuliert. Die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses lässt es nicht zu, dass die notwendige Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) noch in der letzten ordentlichen Plenarsitzung vor der Wahl – am 8. September – beschlossen wird. Laut Geschäftsordnung darf ein Gesetzentwurf, der im Parlament eingebracht wurde, erst in der übernächsten Plenarsitzung in erster Lesung behandelt werden.

Anschließend bedarf es, um das Gesetz zu beschließen, einer zweiten Lesung im Abgeordnetenhaus. Das ist in diesem Fall nicht mehr möglich, weil es bis zum Ende der Legislaturperiode eigentlich nur noch zwei Parlamentssitzungen gibt. Eine an diesem Donnerstag, die andere am 8. September. Dazwischen liegt die parlamentarische Sommerpause. Eine Ausnahme von der Regel ist nur möglich, wenn alle fünf Fraktionen im Abgeordnetenhaus damit einverstanden wären, den Gesetzentwurf per Dringlichkeit in die folgende Sitzung einzubringen.

Parlamentsjuristen legen ihr Gutachten vor

Im Ältestenrat des Parlaments hatte es auf Initiative der Grünen zur juristischen Auslegung der Geschäftsordnung eine einstündige, kontroverse Debatte gegeben. Am Ende schlug Parlamentspräsident Ralf Wieland (SPD) vor, den Wissenschaftlichen Parlamentsdienst einzuschalten. Damit waren alle Fraktionen einverstanden. Jetzt legten die Parlamentsjuristen ihr Gutachten vor, und das ist eindeutig: „Voraussetzung für den Beschluss des Abgeordnetenhauses über die Dringlichkeit eines Gesetzentwurfs ist stets die entsprechende vorangegangene einstimmige Empfehlung des Ältestenrates“.

Nicht nur SPD, CDU und Linke, sondern auch die Grünen wären bereit gewesen, der Dringlichkeit für die Einbringung des Gesetzentwurfs zuzustimmen, obwohl sie eine flächendeckende Videoüberwachung gefährlicher Plätze politisch ablehnen. Das bestätigte der Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Benedikt Lux.

Die Piraten aber stellten sich grundsätzlich quer. Die geforderte Einstimmigkeit kann also nicht hergestellt werden. „Wir kommentieren dieses Problem von Herrn Henkel nicht“, sagte der SPD-Geschäftsführer Torsten Schneider dem Tagesspiegel. Der innenpolitische Sprecher der Piratenfraktion, Christopher Lauer, warf dem Senator vor, „nach fünf Jahren im Senat nicht in der Lage zu sein, ein Gesetz ordnungsgemäß im Parlament einzubringen“. Das stelle Henkels „Unfähigkeit“ erneut unter Beweis.

„Präzisierungen“ sollen vorgenommen werden

Einen Ausweg aus dem Dilemma gibt es aber noch: Der Senat oder die CDU-Fraktion könnten für den 15. September, drei Tage vor der Wahl, eine Sondersitzung des Abgeordnetenhauses beantragen. Dafür forderte die CDU-Fraktion am Dienstag die Unterstützung durch den Koalitionspartner SPD und des Regierungschefs Müller ein. Innensenator Henkel sagte zum Konflikt im Ältestenrat: „Der Diskussion über mehr Sicherheit kann man sich nicht durch solche Manöver entziehen. Dem müssen sich alle inhaltlich stellen. Das kann dann eben auch in einer Sondersitzung erfolgen.“

Unterdessen verständigte sich die SPD-Fraktion darauf, dass am umstrittenen Gesetzentwurf des Innensenators noch „Präzisierungen“ vorgenommen werden sollten. Man wolle eine „Rechtsgrundlage zur Videoüberwachung an kriminalitätsbelasteten Orten“ schaffen, sagte der SPD-Rechtsexperte Frank Zimmermann dem Tagesspiegel. Das neue Gesetz solle Modellcharakter haben, deshalb werde es bis Ende 2019 befristet, außerdem sei eine Evaluation geplant. loy/sib/za

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