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Berlin: Sie glaubten bis zuletzt

Heute läuft der Film „Der Untergang“ an – ein Hitlerjunge erinnert sich an seinen Kampf um Berlin

Die letzten Bilder Adolf Hitlers. Ungelenk heftet der Führer einem Dutzend verängstigter Hitlerjungen das Eiserne Kreuz an die Brust, für ihre „Heldentaten im Kampf um Berlin“. Bernd Eichinger hat die Szene in seinem Film „Der Untergang“ festgehalten, der heute anläuft. Auch Hans Jürgen Habenicht kennt die Aufnahme. „Ich war damals sechzehn, kämpfte als Hitlerjunge im Reichsluftfahrtministerium in der Wilhelmstraße.“ Schon mit 14 hatte er Fronterfahrung. Als Kind meldete er sich freiwillig zur Hitlerjugend, in den Krieg. „Tote, Verschüttete, sterbende Menschen – das war für uns irgendwann normal“, erzählt der 75-jährige Berliner. „Wir bekamen Karabiner, später Sturmgewehre. Und Zigaretten.“ Habenicht erinnert sich an jeden Tag des untergehenden Reiches. Mitte April war er in Kreuzberg eingesetzt, am Moritzplatz. Am 20. April geht es in die Wilhelmstraße, ab dem 27. April in die Großbeerenstraße Höhe Möckernbrücke. Dort wartet er auf russische Panzer. „Wir haben darum geknobelt, wer schießen darf – das war eine Ehre für uns“, sagt Habenicht. Ungläubig staunt er über den Wahn, der ihn anstachelte. Nach kurzer Zeit muss die zusammengewürfelte Truppe sich zurückziehen. Doch aufgeben? „Ausgeschlossen.“ Der Kreuzberger lächelt bitter. Am Abend des 1. Mai erfährt er vom Tod des Führers. Doch selbst da gibt er nicht auf, kämpft sich durch den Tiergarten. Ein Wehrmachtsoffizier in der Tiergartenstraße überredet den überzeugten Nationalsozialisten schließlich zur Aufgabe. Kurze Zeit später wird er von der Roten Armee verhaftet.

Hans Jürgen Habenicht kämpft sein ganzes Leben darum, dass sich die Ereignisse von damals nicht wiederholen. Auch wenn junge Menschen nicht alles erfassen können, was ihn bewege: „Eine Diktatur wie der Nationalsozialismus darf sich nicht wiederholen“, sagt er. Den Film „Der Untergang“ will er sich unbedingt ansehen, wenn er wieder auf den Beinen ist. Seit Februar liegt er nach einem Herzinfarkt im Krankenhaus – über seine Erlebnisse will er aber unbedingt sprechen. Vielleicht ist das seine Weise, den Schrecken des Krieges zu verarbeiten.

„Ich hoffe, dass Hitler in dem Film nicht als Karikatur gezeigt wird. Das wäre leichtfertig.“ Wichtig sei es, das Wesen des Diktators zu erfassen, seine Menschenverachtung. Junge Menschen könnten daraus ihre Lehre ziehen: „Sie sollen die Bilder mitnehmen, denken: Das wollen wir nicht!“ Aufhören zu warnen: Das könnten sich die Deutschen nicht leisten. „Jede Generation muss neu aus den Ereignissen lernen. Das ist sehr schwer.“

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