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Berlin: Siegen und untergehen

Eintracht Südring steht im Finale um die deutsche Badminton-Meisterschaft – und wird sich danach zurückziehen

Berlin. Der Hallensprecher spricht von einem möglicherweise historischen Spiel. Es ist Freitagabend, und es könnte die letzte Partie des Badminton-Bundesligisten BC Eintracht Südring in Berlin sein – dann, wenn das Play-off-Halbfinale gegen den BC Langenfeld verloren geht. Die Brisanz scheinen die Spieler auch zu spüren. Denn es dauert etwa 20 Sekunden bis sie nach dem Aufruf des Hallensprechers auf das Spielfeld laufen. So als ob sie es noch ein bisschen auskosten wollten, dass ihr Verein noch in der Bundesliga ist und sie noch in Berlin sind. Denn nach dieser Saison ist Schluss. Aus finanziellen Gründen zieht sich Eintracht Südring aus der besten Liga Europas zurück. „In den letzten Jahren gab es schon öfter brenzlige Situationen, aber jetzt geht es nicht mehr“, sagt Südring-Manager Rainer Behnisch.

Die Berliner haben es aber schließlich doch geschafft und ein allerletztes Spiel erkämpft: das Endspiel um die deutsche Meisterschaft. Mit 7:1 gewann Südring vor 300 Zuschauer in eigener Halle am Kottbusser Tor und einen Tag später mit 4:0 das Rückspiel in Langenfeld. „Ich bin zufrieden und freue mich auf das Finale“, sagt Behnisch. Dort wird sein Team am 19. und 20. April auf Bayer Uerdingen treffen, die sich mit 4:4 und 5:2 gegen den VfB Friedrichshafen durchgesetzt haben. Damit kommen die deutschen Badminton-Meister der vergangenen sechs Jahre zum letzten großen Showdown zusammen. Denn genauso wie Südring wird sich Uerdingen nach dieser Saison aus der Bundesliga zurückziehen. Der Bayer-Konzern stellt sein Sponsoring ein. Und auch der Play-off-Halbfinalist VfB Friedrichshafen hat seinen Hauptsponsor verloren und bangt um eine Zukunft in der Bundesliga.

Eintracht Südring hatte dieses Problem nie – weil es nämlich nie einen Hauptsponsor gab. Jahrelang war Behnisch auf der Suche nach einem Geldgeber, der einen Großteil des 100 000-Euro-Etats decken sollte. Im vergangenen Jahr richtete der Manager dafür sogar den Europapokal der Landesmeister aus. „Ich wollte das Interesse der Berliner Wirtschaft für Badminton wecken.“ Aber außer Lob von den teilnehmenden Mannschaften erreichte Behnisch nicht viel. „Die erste Frage bei den Sponsoren ist immer: Wie ist die Medienresonanz? Und da kann ich immer nur sagen: naja.“

Dass sich die besten zwei Teams der Bundesliga zurückziehen und Ludwigshafen voraussichtlich mit einer Rumpfmannschaft im nächsten Jahr antreten wird, stört nicht alle im deutschen Badminton. Das weiß auch Behnisch. Er kennt den Vorwurf, Berlin, Uerdingen und Ludwigshafen hätten mit ihren riesigen Etats und den vielen ausländischen Spitzenspieler die Bundesliga zu stark gemacht und damit eine Zweiklassengesellschaft etabliert. Martin Knupp, etwa, der Vize-Präsident des Deutschen-Badminton-Verbands (DBV), sagt dass „niemand im deutschen Badminton dieser Situation eine Träne nachweinen wird“. In der nächsten Saison werde es wieder spannender in der Liga, der Nachwuchs komme besser zum Zug. Außerdem glaubt Knupp, dass sich das Interesse der Zuschauer und der Medien dadurch steigern lässt, dass vor allem einheimische Spieler gegeneinander antreten.

Für Behnisch wäre das keine Alternative: „Ich kann mich nur mit einer Spitzenmannschaft identifizieren.“ Noch kann er das. Das Endspiel steht an. Und da werden beide Teams um den Ruhm kämpfen – und dann untergehen. Es ist eine letzte emotionale Anstrengung für Behnisch. Dabei wäre es beinahe schief gegangen. Auf den Weg nach Langenfeld standen die Berliner drei Stunden im Stau. Nur ein paar Minuten später, und sie wären disqualifiziert worden. Langenfelds Manager Günther Joppien hätte nicht mit sich reden lassen, das hatte er angedeutet. „Sehr unsportlich“, schimpft Behnisch, „Joppien war mir schon immer unsympathisch.“ Kampflos auszuscheiden, das wäre die Höchststrafe gewesen.

Jörg Petrasch

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