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Schön anzusehen, kann aber gefährlich werden: Silvesterböller und Feuerwerk.

© Peter Steffen/dpa

Silvester in Berlin: "Am besten großen Abstand zum Feuerwerk halten"

Berlins Straßen sind gefährlich zu Silvester. Auch Unbeteiligte werden oft verletzt. Eine Augenärztin schildert ihre Erfahrungen und gibt Tipps für einen sicheren Jahreswechsel.

Immer wieder werden rund um Silvester Menschen schwer verletzt. Am Freitag waren es zwei Jungen in Wedding. Ein Zwölfjähriger spielte mit einem Böller - und verlor durch die plötzliche Explosion womöglich sein Auge.

Oft werden auch Unbeteiligte verletzt. In Potsdam zum Beispiel traf es im vergangenen Jahr eine Frau wortwörtlich aus heiterem Himmel. In der Silvesternacht stand sie auf der dunklen Straße, als sie unvermittelt etwas Hartes mit großer Wucht am Auge traf. Abgesprengte Teile eines Feuerwerkskörpers waren in ihr Gesicht geflogen, es kam zu einer Blutung im Auge.

Schwere Verletzungen wie diese können zu Sehverlust, im schlimmsten Fall sogar zur Erblindung des Auges führen. „Wenn etwas knallt, schaut man instinktiv hin“, sagt Ameli Gabel-Pfisterer, Fachärztin für Augenheilkunde am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam. Und genau das ist das Problem. Denn tief fliegende Feuerwerkskörper und unkontrolliert explodierende Böller verletzen jedes Jahr zahlreiche Menschen, vor allem an den Händen, im Gesicht und an den Augen.

Gabel-Pfisterer hat gemeinsam mit zwei Kollegen von der Augenklinik der Universität Freiburg im Auftrag der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft nachgezählt, wie viele es sind: In einer Umfrage, an der sich 41 Augenkliniken beteiligten, dokumentierten sie, dass Feuerwerkskörper in der Silvesternacht 2016 deutschlandweit mindestens 350 Personen am Auge verletzten, ein Viertel davon schwer.

Tatsache ist: Wenn privat geböllert wird, gibt es mehr Verletzte

Spitzenreiter ist Berlin: 58 Verletzte zählten die Ärzte hier, in Hamburg waren es nur 35. Als Fachärztin für Augenheilkunde hat Gabel-Pfisterer elf Jahre an der Charité in Berlin und sieben Jahre in der Augenklinik in Potsdam gearbeitet und dabei gerade in Silvesternächten so einiges gesehen. „Gerade die schwersten Verletzungen wie ein Bersten des Augapfels haben trotz intensiver und frühzeitiger Operation eine schlechte Prognose“, sagt Gabel-Pfisterer.

Ob privates Böllern vor der Haustür und in den Straßen zur Silvesternacht dazugehören muss oder nicht, ist Geschmackssache. Tatsache aber ist: Wenn privat geböllert wird, gibt es mehr Verletzte. „Flaschen, in die man die Raketen stellt, können umfallen, oder die Rakete zündet früher, als man es erwartet“, zählt Gabel-Pfisterer auf.

„Oder die Leute sehen nicht, dass neben ihnen auch jemand Böller gezündet hat. Und dann gibt es auch Leute, die ausprobieren, wie lange man einen Böller noch in der Hand behalten kann.“ Einmal habe die Augenärztin einen Patienten behandelt, dem eine Feuerwerksbatterie umgefallen war, die dann auf sein Gesicht feuerte. „Man kann sich kaum vorstellen, was alles passieren kann“, sagt sie.

In Deutschland ist privates Böllern zu Silvester erlaubt, wenn auch unter Reglementierungen. Zwischen 18 Uhr abends und sieben Uhr morgens dürfen in der Silvesternacht Feuerwerkskörper gezündet werden. Im Ausland ist das zum Teil anders: In den Niederlanden zum Beispiel ist in vielen Städten jegliches private Feuerwerk verboten, und auch in den Altstädten einiger deutscher Städte wie Tübingen oder Konstanz herrscht ein Verbot. Die Begründung: Feuerwerkskörper könnten die historischen Gebäude in Brand setzen. Aus demselben Grund ist privates Böllern auf der Insel Sylt, wo viele Häuser Reetdächer haben, verboten.

Minderjährige kommen besonders häufig zu Schaden

Obwohl Raketen, Böller und Feuerwerksbatterien in Deutschland nur an Erwachsene über 18 Jahren verkauft werden dürfen, verletzen sich auffällig viele Kinder und Jugendliche. „Kinder müssen besser geschützt werden“, rät die Ärztin Gabel-Pfisterer für die anstehende Silvesternacht.

Dasselbe gilt allerdings auch für den Tag danach: In der Studie der Ärzte wurde auch der Fall eines siebenjährigen Kindes dokumentiert, das an Neujahr einen Böller auf der Straße fand. Der hatte eigentlich vollständig gezündet. Er explodierte dennoch und das Kind trug schwere Verletzungen an Gesicht und Augen davon.

„Am besten, man hält großen Abstand zum Feuerwerk“, rät die Ärztin. Wenn doch etwas passiert, ist die erste Anlaufstelle in dieser Nacht eine der Notdienstaufnahmen der städtischen Krankenhäuser, in Berlin die Charité und in Potsdam das Klinikum Ernst von Bergmann.

Lena Völkening

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